Die Templerverschwoerung
den Becher und setzte ihn mit zitternder Hand an die Lippen. Sie konnte nicht erraten, was darin war, aber der Geruch und der erste Geschmack waren so, dass sie das Zeug kaum hinunterwürgen konnte. In diesem Augenblick, da sie die Flüssigkeit bereits auf ihren Lippen schmeckte und sicher war, dass siebeide sterben könnten, vielleicht schon auf dem Weg in den Tod waren, wurde ihr wieder bewusst, dass sie Conor liebte. Sie leerte den Becher und gab ihn zurück. Der Mann schraubte ihn wieder auf das Fläschchen. Sie sah, wie seine Finger ihn drehten, hörte, wie Metall auf Metall knirschte, sah die Augen des Mannes glitzern – einmal, zweimal und spürte plötzlich, dass mit ihrem Sehvermögen etwas nicht stimmte. Die Bilder verschwammen an den Rändern, die Gegenstände verformten sich, es dröhnte ihr in den Ohren, bis nur noch Nebel um sie war und sie schließlich bewusstlos vornüberfiel.
31. KAPITEL
Als sie wieder erwachte, war das Tageslicht am Verlöschen. In ihrem Kopf pochte es, und als sie die Augen zu öffnen versuchte, blendete sie selbst die Dämmerung. Ihre Kehle brannte, und sie hatte einen Geschmack im Mund, als hätte sie sich erst vor kurzem erbrochen. Ihr ganzer Körper schmerzte, nicht wie von körperlicher Überanstrengung, sondern von einer starken Droge. Stück für Stück fiel ihr ein, was ihnen am Morgen zugestoßen war. Wo befand sie sich? Sie erhob sich auf die Knie und schaute sich um. Ringsum ein leerer Horizont. Auf der einen Seite ging gerade die Sonne unter. Bald würde es dunkel sein. Von dem Wagen, in den man sie gezerrt hatte, war weit und breit nichts zu sehen. Auch nicht von den beiden Männern oder Daniel Ferry. Wohin hatten sie Conor wohl gebracht? Bei diesem Gedanken tat ihr Herz einen Sprung, als hätte sie einen elektrischen Schlag erhalten. Einen britischen Staatsbürger würde nicht einmal die Geheimpolizei töten. Aber sie konnten es so arrangieren, dass es aussah wie ein Unfall.
Sie versuchte aufzustehen. Das war nicht einfach, aber sie konnte sich aufrecht halten. Jetzt fing es in ihrem Kopf an zu hämmern, und ihr wurde so übel, dass sie erneut auf die Knie sank, würgte und sich übergab. Sie blieb ein Weilchen liegen, wusste aber, dass sie aufstehen musste, bevor es dunkel war, wenn sie nicht die Nacht mutterseelenallein an diesem Ort verbringen wollte. Sie riss sich zusammen und richtete sich mit aller Kraft wieder auf. Ihr war immer noch speiübel, aber siespürte, dass sie nichts mehr von sich geben konnte. Als sie sich nach allen Seiten umgeschaut hatte, glaubte sie sich wieder in einem Traum und fragte sich, ob sie noch schlief. Da entdeckte sie etwa hundert Meter entfernt zu ihrer Rechten eine kleine Erhebung. Sie rieb sich die Augen und schaute noch einmal hin. Der schwarze Fleck war immer noch da. Er schien ziemlich weit weg, und sie war sich nicht sicher, ob sie diese Entfernung in ihrem derzeitigen Zustand bewältigen konnte.
Trotzdem tat sie den ersten Schritt, dann einen zweiten und einen dritten. Dabei schlotterten ihr die Knie, und den Beinen fehlte jede Kraft. Der saure, stechende Geschmack im Mund wurde intensiver und war weit bis in ihr Inneres zu spüren. Sie musste mehrmals so stark niesen, dass sie glaubte, ihr Kopf werde zerspringen. Je mehr sie zu sich kam, desto mehr nahm sie die Hitze um sich herum wahr. Die Sonne sank, und die Luft kühlte sich ein wenig ab, aber noch nicht allzu sehr. Hier war es viel heißer als in Addis Abeba. Wo war sie …? Dann wurde ihr klar: Die Männer hatten sie in einer der Wüsten Äthiopiens ausgesetzt. Wenn sie weit genug hineingefahren waren, kam sie hier nicht wieder lebend heraus. Äthiopien hatte drei große Wüsten – Chabli, Ogaden und Danakil. Aber in welcher befand sie sich? Und wie weit entfernt von jeder menschlichen Behausung?
Sie suchte am Boden nach Reifenspuren. Sie entdeckte drei – eine ankommende, einen Wendekreis und eine, die sich von dem Ort entfernte, wo man sie abgelegt hatte. Dazu kamen Abdrücke von zwei verschiedenen Paar Schuhen. Turnschuhe waren es nicht. Und eine Schleifspur. Sie hatten sie also ein Stück von dem Fahrzeug fortgeschleppt und dann liegengelassen. Jetzt wandte sie sich wieder der Erhebung zu. Die war immer noch da. Sie erriet, was es sein könnte. Besser gesagt, wer es sein könnte.
Zuerst glaubte sie, Conor sei tot. Er musste tot sein, so wie ihn der Geheimpolizist mit dem Totschläger bearbeitet hatte. Aber als sie sich über ihn beugte, spürte sie an seinem
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