Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Teppichvölker: Roman (German Edition)

Die Teppichvölker: Roman (German Edition)

Titel: Die Teppichvölker: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
Armen und Beinen, schwangen ihn hin und her, hoch über den Dächern von Wagnis. Die Zwerge sangen: »Und eins und zwei …«
    »Warum nicht?« fragte Brocando.
    »Er ist dein Bruder!«
    »Hmm? Oh, ja, na schön.« Und zu den Deftmenen: »Laßt ihn los. Ich sage nicht, ihr sollt ihn fallen lassen – das könntet ihr falsch verstehen. Wißt ihr, ich darf nicht erlauben, daß Untertanen Verwandte von mir vom Balkon werfen …«
    »Gut«, lobte Snibril.
    »Ich erledige es selbst«, fügte Brocando hinzu.
    »Nein!« ertönte es aus mehreren Kehlen. Antiroc stimmte mit besonderer Hingabe in den Chorus ein.
    »War nur ein Scherz«, behauptete Brocando und versuchte, seine Enttäuschung zu verbergen. »Ach, wenn man damit anfängt, auf andere Leute zu hören … Vielleicht bekomme ich jetzt sogar Gewissensbisse, wenn's darum geht, Verräter von hohen Felsen zu stürzen – obgleich das eine königliche Tradition ist. Wie dem auch sei … Laßt ihn gehen.«
    Antiroc sank auf Hände und Knie. »Bitte nicht! Die Leute würden mich umbringen.«
    »Meinst du vielleicht jene Leute, deren Familienangehörigen du an die Moule verkauft hast?« fragte Brocando. »Nun, was hältst du davon, deinem Freund zu folgen?«
    Er deutete zur Tür hinterm Thron. Antiroc riß entsetzt die Augen auf.
    »Gormaleesch ist in den Tunnel geflohen!« heulte er.
    »Ach, so heißt er?« brummte Brocando. »Der Name paßt zu ihm. Ich schlage vor, du redest mit ihm über die guten alten Zeiten.« Er nickte den vier Zwergen zu, die bestrebt gewesen waren, die Amtszeit des unrechtmäßigen Königs auf eine recht drastische Weise zu beenden. »Helft ihm, wenn er sich nicht aus freiem Willen entschließen kann, meinen Rat zu beherzigen.«
    Die Deftmenen näherten sich, und Zorn irrlichterte in ihren Augen. Antiroc warf seinem Bruder einen flehentlichen Blick zu, zögerte kurz und sprintete dann zum hölzernen Portal.
    Mit einem Knall schloß es sich hinter ihm.
    »Soll er Gormaleesch töten oder sich von ihm umbringen lassen – es ist mir gleich. Wer weiß – vielleicht findet er sogar einen Weg nach draußen.« Brocando seufzte. »Was uns betrifft … Kümmern wir uns um die letzten Moule. Ich schätze, wir haben jetzt nicht mehr viel Widerstand von ihnen zu erwarten.«
    »Und wenn es uns gelingt, einige von ihnen lebend zu fassen, Euer Majestät?« fragte ein Deftmene.
    Der König wirkte müde. »Nun, wir haben hier nicht viele Kerker. Vielleicht läßt sich das Problem lösen, indem ihr vermeidet, Moule am Leben zu lassen.«
    »Es gehört sich nicht, einen wehrlosen Feind zu töten«, sagte Bane streng.
    »Ach?« knurrte Brocando. »Man lernt nie aus. Ich dachte immer, das sei eine besonders gute Gelegenheit, um Feinde zu erledigen.«

 

     
    S nibril saß vor den Palastställen und beobachtete, wie Roland den Inhalt eines Futtersacks erforschte. Die Deftmenen brachten ihre sechsbeinigen Reittiere in kleinen Boxen unter, die dem weißen Roß nicht genug Platz boten, und deshalb mußte es auf dem Hof bei den Wagen angebunden werden.
    Im Thronsaal fand ein Fest statt, und wenn Snibril aufmerksam lauschte, konnte er hören, wie Pismire die Flötenharfe spielte. Die vom Schamanen verursachten Klänge ließen sich leicht erkennen, selbst dann, wenn die Zwerge auf ihren Instrumenten spielten: Es gelang ihnen mit geübtem Geschick, Takt und Melodie zu meiden. Eigentlich seltsam, fand Snibril. Je mehr Mühe sich Pismire in Hinsicht auf die Flötenharfe gab, desto schriller wurden die Töne.
    Als der Munrung nach draußen gegangen war, hatte Glurk für eine Menge Spaß gesorgt, indem er eine Sitzbank hob und die zwanzig darauf hockenden Deftmenenkinder durch den Saal trug. In den großen Kaminen brannten wärmende Feuer, und Teller wurden geleert und wieder gefüllt. Niemand dachte an die dunklen Haare jenseits der Stadt, die im Nachtwind seufzten, an jene Zwergengruppen, die Moule jagten.
    Snibril rieb sich die Schläfen. Er litt erneut an Kopfschmerzen, und Pismires Musik brachte keine Linderung.
    Geistesabwesend streichelte er Roland und blickte über Wagnis hinweg zum dunklen Haarwald.
    »Tja, hier sind wir«, sagte er. »Ich weiß nicht einmal, welche Richtung man einschlagen muß, um zu unserem alten Dorf zurückzukehren. Brocando meinte, wir könnten so lange hierbleiben wie wir möchten. Angeblich gibt es hier uneingeschränkte Sicherheit. Er sagte, einige große Leute seien bestimmt nützlich. Aber Bane will morgen nach Wehr aufbrechen. Nur für den

Weitere Kostenlose Bücher