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Die Tochter des Kardinals

Die Tochter des Kardinals

Titel: Die Tochter des Kardinals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Fandrey
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Wein ein. Er leerte den Becher in einem Zug. Es war Zeit, sich um die Wunde zu kümmern. Er stieg aus den blutverschmierten Hosen, reinigte die Wunde mit Wein und besah sie eingehend. Dann nahm er ein kleines Messer und hielt es über eine Kerze, bis die Spitze dunkelrot glühte. Vorsichtig stach er das Messer in die Wunde. Er stöhnte auf, unterbrach sein Tun aber nicht. Schließlich fasste er die Kugel mit der Messerspitze und schnippte sie aus der Wunde. Die Kugel flog in hohem Bogen durch den Raum und fiel klackernd unter einen Stuhl. Dann nahm er den Schürhaken aus dem Feuer, hielt die Luft an und presste das glühende Eisen auf die Wunde. Nachdem er den Schmerz lang genug ertragen hatte, um sicher zu sein, dass die Wunde geschlossen war, ließ er den Schürhaken aus der Hand fallen. Bevor er ohnmächtig wurde, flüsterte er noch: »Das wird Seiner Eminenz gar nicht gefallen.«

4
    Die Sonne verschwand hinter den Hügeln Roms, und ein kühler Wind kam auf. Ein Diener trat in die Bibliothek und reichte den Anwesenden Wein. Wortlos verschwand er wieder. Die Männer, die sich hier im Palazzo des Kardinals Primo Pozzi an der Via Fidene unweit des Laterans versammelt hatten, starrten stumm auf die Gläser in ihren Händen. Es war der Abend nach dem gescheiterten Attentat auf Papst Sixtus V.
    Pozzis wulstige Lippen formten die Worte: »Es ist eine Schande!«
    »Eine Schande?«, echote Kardinal Castagna und nahm einen Schluck Wein.
    »Jawohl, eine Schande!«, erboste sich Pozzi. »Der Tod des Papstes wäre ein Segen für die Kirche. Doch der Allmächtige hat uns diesen Segen verweigert.«
    Carafa hüstelte. »Ihr wollt gewiss nicht behaupten, Ihr hättet mit Gottes Hilfe gerechnet, Primo«, spöttelte er.
    Mit zusammengekniffenen Augen starrte Pozzi sein Gegenüber an. »Schickt man einen unnützen Burschen wie Euren werten Anatol, muss man wohl oder übel auf göttliche Fügung hoffen.«
    »Vergesst nicht, dass Ihr ohne Anatol noch heute die Schulden armer florentinischer Kaufleute eintreiben würdet«, sagte Carafa. »Oder habt Ihr Euch selbst an der Kehle Eures Vorgängers zu schaffen gemacht? Zudem erinnere ich mich da an eine Geschichte von einem Knaben, der …«
    »Schweigt!«, polterte Pozzi. »Schweigt auf der Stelle!«
    »Signori!«, rief Castagna dazwischen. »Ich bitte Euch! Die Frage, die es zu klären gilt, lautet doch: Wie entledigen wir uns des Papstes? Ich schlage vor, wir unterlassen jedwede Rangelei, bis dieses Problem Klärung erfahren hat.«
    »Dem kann ich nur zustimmen«, sagte Pozzi mit rotem Gesicht.
    »Vorschläge?«, fragte Carafa.
    »Setzen wir Anatol erneut auf ihn an«, sagte Castagna.
    »Unmöglich«, sagte Carafa. »Die Garde hat die Sicherheitsvorkehrungen auf dem Quirinal und im Vatikan drastisch verschärft. In diesem Moment sind Anwerber auf dem Weg in die Schweiz, um neue Truppen zusammenzustellen. Nicht einmal eine Fliege könnte ohne den Passierschein vom Gardehauptmann zu ihm vordringen.«
    »Dann lasst Geller einen Passierschein ausstellen«, meinte Pozzi.
    »Selbst meine Kompetenzen als Vizekanzler reichen dafür nicht mehr aus«, erwiderte Carafa. »Im Zuge der erhöhten Sicherheit untersteht die Garde allein dem Papst. Will Geller einen Passierschein ausstellen, benötigt er hierfür die persönliche Zustimmung des Papstes.«
    »Zudem«, fügte Castagna hinzu, »ist die Garde angewiesen, jedes unbekannte Gesicht augenblicklich zu verhaften. Auch wenn der Fremde eine Uniform der Garde trägt.«
    »Ich verstehe«, sagte Pozzi nachdenklich. »Und wenn wir Anatol eine Anstellung im Vatikan verschaffen? Als Gärtner vielleicht, oder als Koch.«
    »Sein Gesicht ist längst bekannt«, sagte Castagna.
    »Anatol hat mir geschworen, er habe jeden getötet, der ihn wiedererkennen könnte«, sagte Carafa.
    Castagna lächelte. »Würdet Ihr diesem Schwur Euer Leben anvertrauen, Callisto?«
    Carafa antwortete nicht, sondern starrte sorgenvoll auf den goldbestickten Teppich zu seinen Füßen.
    »Fassen wir zusammen«, sagte Castagna. »Ein erneuter Anschlag auf das Leben des Papstes ist für Monate kaum möglich. Vielleicht sogar länger. Der Versuch, Anatol in die Nähe des Papstes zu bringen, ganz gleich, auf welche Weise, ist von vornherein zum Scheitern verurteilt.«
    Das Gesicht Pozzis hellte sich auf. »Wir benötigen einen Spion!«
    »Erklärt Euch«, sagte Carafa. Aufmerksam richtete er sich in seinem Stuhl auf.
    »Nun«, sagte Pozzi, »wir brauchen jemanden, der nah genug am Papst

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