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Die Tochter des Königs

Titel: Die Tochter des Königs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Erskine
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allein, und zwar auf ihren eigenen Wunsch hin. William hatte sich widerstrebend von ihr verabschiedet. Jetzt lag alles an ihr. Sie musste selbst Entscheidungen treffen, und sie musste einen Ort finden, von dem aus sie mit Eigon in Kontakt treten konnte. Das war ganz bestimmt nicht der Flughafenparkplatz. Seufzend steckte sie den Schlüssel ins Zündschloss und fuhr hinaus.
     
    »Wir müssen los. Sofort.« Eigon rüttelte Drusilla an der Schulter. Der Morgen war gerade angebrochen, von der Straße draußen schallten bereits die Rufe der Händler herein. »Es tut mir wirklich sehr leid, aber wir können nicht hierbleiben. Er kommt. Er weiß, wo wir sind. Ich habe in meinen Gebeten eine Warnung erhalten.«
    Ohne eine weitere Frage stand Drusilla auf und machte sich daran, ihre Sachen zusammenzupacken.

    Sie buchten eine Reise auf einem Flussfrachter, den sie erst kurz vor der Abfahrt bestiegen. Es war ein flacher Kahn, der mit Waren vollgeladen war und mühsam nach Norden geschleppt wurde. Drusilla und Eigon wurde ein kleiner, mit Vorhängen abgetrennter Bereich zugewiesen, während Commios sich damit begnügte, bei der Mannschaft zu schlafen. Dadurch wurde nicht nur die Fahrt sehr viel billiger, er konnte auch mit den Leuten sprechen, die auf dem Boot arbeiteten. Einen davon erkannte er sofort als einen Mann, der zum selben Stamm gehörte wie er.
    »Er ist glücklich«, flüsterte Drusilla Eigon ins Ohr. Auf die Reling gestützt, sahen sie das Flussufer an sich vorbeiziehen.
    »Und wenn wir nicht aufpassen, sind wir ihn los. Er ist wieder in seiner Heimat.« Drusilla seufzte. »Er ist ein attraktiver Mann, findest du nicht?« Sie lächelte sehnsüchtig.
    Eigon warf einen Blick zu ihr. »Mir ist bereits aufgefallen, dass du ihn beobachtest.«
    Drusilla schaute über das Wasser auf eine Schar Enten, die gegen die Strömung paddelte. »Und er hat Augen nur für dich. Wenn er bei uns bleibt, dann deinetwegen. Er wird dich nicht im Stich lassen.«
    »Das stimmt nicht. Er passt auf uns beide auf. Das ist die Aufgabe, die Petrus ihm übertragen hat, Drusilla!« Eigon war nie auf den Gedanken gekommen, dass sich noch einmal jemand in sie verlieben könnte. Das erschien ihr unvorstellbar.
    »Und ich bin überzeugt, er wird die Aufgabe erfüllen, solange er kann.« Drusilla schüttelte den Kopf. »Achte nicht auf mich, Eigon. Ich bin eine eifersüchtige, nichtsnutzige alte Frau. Mich will doch kein Mann mehr ansehen. Wenn du ihn willst, dann nimm ihn!«

    Entsetzt starrte Eigon sie an. »Das ist doch Unsinn. Du bist nicht alt!« Eine Weile betrachtete sie ihr Gesicht. »Ich sehe eine reife, schöne Frau. Aber …«, sie zögerte. »Wir dürfen nicht vergessen, weshalb wir diese Reise machen.«
    »Petrus hat uns keine Enthaltsamkeit abverlangt!«, erwiderte Drusilla scharf.
    »Nein.« Eigon seufzte. »Keine Sorge, Drusilla. Ich will Commios nicht. Er ist ein guter Mann, und ich mag ihn gern, ich schätze seine Freundschaft, aber für mich hat es immer nur einen Mann gegeben.«
    Daraufhin herrschte eine Weile Stille. Drusilla biss sich auf die Unterlippe und berührte sacht Eigons Hand. »Entschuldige.«
    Nach einem Augenblick wandte Eigon sich wieder zu ihr. »Du glaubst doch nicht, dass Commios uns wirklich verlassen will?«
    Beide drehten sich zu ihm um und sahen, wie er mit seinem Landsmann lachte und scherzte. Als er ihre Blicke bemerkte, hob er grüßend die Hand.
    »Nein«, sagte Drusilla schließlich. »Ich glaube, er wird uns sicher bis an unser Ziel begleiten.«
    »Und wenn nicht? Wenn er beschließt, in Gallien zu bleiben, würdest du dann bei ihm bleiben?« Eigon beobachtete angelegentlich die Enten.
    Drusilla lächelte. »Dazu wird es nicht kommen. Mach dir keine Sorgen. Ich bleibe bei dir. Wenn du das willst«, fügte sie hinzu.
    Eigon nahm ihre Hand und drückte sie. »Ich möchte, dass du bei mir bleibst. Ich habe so viel Angst. Ich war zehn Jahre alt, als wir Britannien verlassen mussten. Ich kann mich kaum noch daran erinnern. Und je mehr ich daran denke, desto mehr Angst bekomme ich. Es wird niemanden geben,
der sich noch an mich erinnert. Ich weiß nicht einmal, wohin ich gehen soll. Mein Vater ist ständig umhergezogen. Er war ein Feldherr. Ein Soldat. Er kam von einem Stamm und herrschte über einen anderen. Vielleicht wird keiner der beiden mich willkommen heißen.«
    »Und woher kam deine Mutter?«
    »Sie gehörte zu den Silurern. Das Stammesgebiet ihres Vaters lag in den Bergen im Westen.« Sie zögerte.

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