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Die Tochter des Magiers

Die Tochter des Magiers

Titel: Die Tochter des Magiers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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anfassen, solange du bei mir bist. Und ich
werde dir zeigen, wie man aus dem Schrank rauskommt.« Max blickte ihm
fest in die Augen. »Niemand soll dich je wieder einsperren können.«
    Luke wollte etwas sagen, aber die Worte blieben ihm in der
Kehle stecken. Doch er zwang sich zu reden. Er mußte es wissen, sein
ganzes Leben hing davon ab. »Ich kann bleiben?«
    »Bis du von selbst gehen willst.«
    Seine Dankbarkeit war so ungeheuer, daß er glaubte, er würde
platzen. »Ich bezahle die Vase«, stieß er hervor. »Ich verspreche es.«
    »Das hast du bereits. Jetzt lauf, und wasch dir das Gesicht.
Wir machen hier am besten Ordnung, ehe LeClerc noch einen Wutanfall
kriegt.«
    Max blieb auf den Stufen sitzen, nachdem Luke die Treppe
hinaufgelaufen war. Von ihrem Versteck im Wohnzimmer aus hörte Roxanne
ihren Vater seufzen. Sie weinte.

SECHSTES
KAPITEL
    I n den nächsten Tagen versuchte Luke, sich
möglichst unauffällig zu verhalten. Er war etwas unsicher, was LeClerc
anging, er wußte nur, daß er im Haushalt das Sagen hatte. Luke vermied
es, ihm über den Weg zu laufen und machte niemals wieder den Fehler,
irgendwo Krümel zu hinterlassen.
    Er ging mit Lily einkaufen, trug ihre Tüten durch die Straßen,
saß geduldig in Boutiquen, während sie unermüdlich Kleider anprobierte,
stand neben ihr, wenn sie in Schaufenstern Schmuckstücke bewunderte.
    Aus Liebe zu ihr ließ er sich ohne ein Wort von ihr neu
einkleiden, auch wenn er mit ihrer Wahl der Kleidungsstücke nicht immer
einverstanden war. In seiner freien Zeit durchstreifte er das Viertel,
lauschte den Straßenmusikern und schaute den Artisten am Jackson Square
zu.
    Aber die schönste Zeit für Luke kam, wenn sie probten. Das
Magic Door war ein kleiner verräucherter Club, in dem es ewig nach
Whiskey roch. An heißen Nachmittagen waren die Jalousien
heruntergelassen, zum Schutz vor der Sonne und neugierigen Touristen.
Die Klimaanlage lief auf Hochtouren, ohne jedoch viel zu bezwecken,
denn durch die starken Scheinwerfer auf der Bühne herrschte eine Hitze
wie in einem Ofen.
    Die Wände des Clubs waren mit rotgold gemustertem Samt
tapeziert, und die Wand hinter der Bar war mit Spiegeln verkleidet, um
den Raum optisch zu vergrößern.
    Luke liebte diesen Ort.
    Jeden Nachmittag saß Lester Friedmont, der Geschäftsführer,
vorne am ersten Tisch, nippte an einem Bier und paffte an dem kurzen
Stummel einer Zigarre. Lester war ein rundlicher Mann mit einem
gewaltigen Bauch. Er trug stets ein weißes kurzärmliges Hemd mit einer
Krawatte und dazu passende Hosenträger. Seine schwarzen Schuhe waren
immer auf Hochglanz poliert, das schüttere Haar mit Frisiercreme nach
hinten gekämmt, und auf der Spitze seiner kantigen Nase thronte eine
dicke schwarze Brille.
    Eine fette bunte Katze namens Fifi strich ihm um die Beine,
falls sie nicht gerade von einem Teller naschte, der unter der Bar für
sie bereitstand.
    Friedmont besaß die Fähigkeit, zur gleichen Zeit die Proben zu
beobachten und seine Kommentare abzugeben, die Putzfrauen anzutreiben
und am Telefon zu reden, das er stets in Reichweite hatte.
    Es dauerte etliche Nachmittage, bis Luke begriff, daß
Friedmont ein Buchmacher war.
    Gleichgültig, wie oft sie einen Trick wiederholten, Lester war
stets begeistert. »Herrgott, Max, du mußt mir verraten, wie du das
gemacht hast, ja?«
    »Tut mir leid, Lester. Berufsgeheimnis.«
    Also blieb Lester nichts anderes übrig, als erneut Wetten
anzunehmen und sich den Bauch zu kratzen.
    Max hatte vor, den Auftritt mit Kartenspieltricks und einigen
Zaubereien mit farbigen Tüchern zu beginnen, ähnlich wie auf dem
Jahrmarkt. Dann wollte er einen Trick mit einer tanzenden Kristallkugel
bringen, ehe der Schwebeakt mit Roxanne an die Reihe kam, und zuletzt
sollte die Nummer mit Lily als zersägter Jungfrau folgen.
    Max nutzte die Probe, um Luke in verschiedener Hinsicht zu
prüfen. Er bezweifelte nicht, daß der Junge einen aufgeweckten Verstand
und geschickte Hände besaß. Jetzt testete er, ob er auch Herz hatte.
»Schau zu«, sagte er, »und lerne.« Max zog Seidentücher in vielen
lebhaften Farben aus seinen Taschen. Luke beobachtete ihn grinsend. Er
verstand noch nicht, daß die Länge der Vorführung das Entscheidende
war. Je länger sie dauerte, desto länger würde das Publikum
lachen … und in die Irre geführt werden.
    »Streck deine Arme aus«, befahl Max und drapierte die Tücher
scheinbar aufs Geratewohl darüber. »Es kommt noch Musik dazu. Lily?«
    Sie stellte den

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