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Die Tochter des Teufels

Die Tochter des Teufels

Titel: Die Tochter des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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sei's, daß von einem solchen Untier ein solcher Engel abstamme …«
    Mit einem Ruck machte sich Nadja frei und trat an die Wand zurück. Ihr Blick flammte und war golden und gefährlich. »Wer meinen Vater beleidigt, den hasse ich! Und meine Mutter war eine wunderbare Frau!«
    René Stanislas wischte sich mit einem seidenen Tuch über die erhitzte Stirn. Er war weit davon entfernt, erschrocken zu sein.
    »Madame«, sagte er. »Es liegt an Ihnen, mir über Ihren Vater die Wahrheit zu erzählen. Was wissen wir über ihn? Nur Schlechtes. Ich war damals, als ich den Namen Nadja zum erstenmal hörte, fünfundzwanzig Jahre alt und glaubte alles, was in den Zeitungen über Rasputin stand. Ich verkehre seit Jahren in den Kreisen der russischen Emigranten und wußte, daß Nadja, die Tochter, in Paris ist. Als ich die Einladung bekam, fragte ich meine russischen Freunde, ob diese Nadja Gurjewa … und sie nickten.« Stanislas atmete tief auf. »Ich bin zu dem heutigen Abend gekommen, um Sie zu bewundern, Madame. Und nun hassen Sie mich.«
    »Wie heißen Sie?« fragte Nadja schwach. Der Klang seiner Stimme, das Leuchten seiner Augen … Nikolai war wiedergekommen.
    »René Stanislas. Eigentlich Stanislasky, aber wir haben seit dem Großpapa den Namen etwas französisiert …« Er sah Nadja mit jungenhaft bettelnden Augen an und bemerkte Gabriel, der sich von der Bar löste und zur Bibliothek strebte. Nur wenige Sekunden Zeit blieben ihm, das wußte Stanislas. »Ich möchte von Ihnen alles über Ihren Vater wissen«, sagte er schnell. »Übermorgen, im Park der Tuilerien. Wenn Sie von der Place de la Concorde kommen, rechts, am dritten Weg. Dort steht eine Buschgruppe, gekrönt von einem Standbild der Nymphe. Ich warte auf Sie.«
    »Nein!« sagte Nadja leise. »Nein!«
    »Aber ich warte …«
    René Stanislas wandte sich ab, nickte Gabriel freundlich zu und ging an ihm vorbei in den Salon. Nadja sah ihm nach, und ihre Augen waren wie verschleiert.
    »Amüsierst du dich gut, Liebste?« fragte Gabriel. Trauer lag in seiner Stimme. Das war das einzige, was er empfand, als er sie ansah.
    Nadja nickte krampfhaft. »Ja«, sagte sie. »O ja, Jean! Ein schöner Abend und liebenswerte Gäste … Ich danke dir, daß du das alles für mich getan hast …«
    Die Musik spielte wieder. Gabriel legte seine Hand auf Nadjas Schulter.
    »Noch einmal ein Walzer. Willst du?«
    »Ja, aber ja, Jean.« Sie nickte, nahm seine Hand und ließ sich auf die Tanzfläche führen.
    Aber es war kein seliges Wiegen mehr wie bei dem ersten Walzer. Sie tanzte hölzern, eckig, als habe sie Bleisohlen unter den zierlichen Schuhen, und Gabriel spürte es, aber er schwieg …
    Um vier Uhr nachmittags bog Nadja in den dritten Weg rechts im Park der Tuilerien ein und sah schon von weitem aus den Büschen den nackten Oberkörper der steinernen Nymphe.
    Zwei schreckliche Nächte lagen hinter ihr. Mit Selbstvorwürfen, mit Reue, mit Vernunft und mit Drohungen hatte sie versucht, sich selbst zu besiegen. Sie war stundenlang im Zimmer herumgegangen und hatte sich vor dem Spiegel entgegengeschrien: »Nein! Nein! Nein! Du bist undankbar! Jean hat dir Helena wiedergegeben! Du wirst ihn heiraten! Du mußt ihn heiraten!«
    Dieses Muß aber war es, was sie immer wieder wegführte von einem Sieg über sich und über ihr Herz, das nur zu klopfen schien, wenn sie an Stanislas dachte. »Ich bin verrückt!« sagte sie laut. »Mein Gott, ich bin verrückt! Ich kann Millionen haben, ich kann die reichste Frau von Paris sein … und was tue ich? Himmel, was will ich tun?«
    Doch dann saß sie wieder in der Dunkelheit am Fenster, starrte auf die leere Straße und dachte an Nikolai Gurjew. Ihre Liebe blühte erneut auf, und es war keine Schande dabei, kein Verrat an Nikolai, denn René Stanislas war ihm so ähnlich, daß sie glauben konnte, vier Jahre Trauer seien nichts anderes gewesen als vier Jahre Warten auf Nikolais Rückkehr.
    Sie hatte Saparin gefragt. »Helfen Sie mir, Boris Michailowitsch!« hatte sie verzweifelt gerufen. Und Saparin hatte geholfen. Er telefonierte sie drei Stunden später an.
    »Geh zu ihm, Täubchen«, sagte er. »Stanislas hat drei Millionen. Nicht viel gegenüber Gabriel, aber immerhin genug für dich. Er ist Erbe einer Reederei in Brest. Zögere nicht, Vögelchen.«
    »Geld! Geld!« hatte sie da geschrien. »Ihr denkt nur an Geld! Soll ich Gabriel verraten?«
    »Liebst du ihn?«
    »Nein.«
    »Liebst du Stanislas?«
    »Ja! Ich kann nichts anderes mehr denken

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