Die Tochter des Teufels
Dorfbewohner, und sie schickten den Starost zu dem neuen, unbekannten Bürger.
»Aha!« brüllte Janis, kaum daß er des Bürgermeisters ansichtig wurde. »Da kommt ein Geier geflogen! Was soll's? Fragen, wer ich bin?« Er drehte sich herum, bückte sich und zeigte dem verblüfften Starost seine runde Hinterseite. »Habe ich einen Arsch wie du?« brüllte er. »Überzeuge dich, Brüderchen! Soll ich die Hosen 'runterlassen und beweisen, daß ich ein Mann bin? Beim Satan!« Er drehte sich wieder um. »Genügt das nicht? Ein Mensch und ein Mann bin ich! Und jetzt weg von meiner Schwelle, sonst spucke ich dich über den Zaun!«
Eines Tages kam ein Richter aus Tjumen und forderte ihn auf, den Kaufvertrag des Besitzes der Woronzowa zu zeigen. »Das ist nicht nötig, Euer Hochwohlgeboren«, sagte Janis Antonowitsch friedlich. Er holte aus einer Lackschatulle ein großes Papier und entfaltete es. »Ich bin eingesetzt als Verwalter von Pal Nikolajewitsch Woronzow in Kasan, dem Bruder des verstorbenen Wladimir Alexandrowitsch Woronzow, dem Besitzer dieser Güter. Seine Witwe Helena Feodorowna lebt auch nicht mehr – Pal Nikolajewitsch ist also der Erbe und hat das Recht, darüber zu verfügen, wie er will. Es gibt keine anderen Ansprüche. Die Ehe war kinderlos.«
Der Richter aus Tjumen blätterte in einigen mitgebrachten Akten und schob die Unterlippe vor. »Hier liegt ein Irrtum vor«, sagte er dann mit amtlicher Strenge. »Helena Feodorowna hatte doch ein Kind. Nadja Grigorijewna …«
Janis Antonowitsch lächelte mild, wie über einen faden Witz. »Ein Bastard, Hochwohlgeboren. Der Wurf einer heißen Wölfin, die mit einem streunenden Hund geschlafen hat! Ein Kind Rasputins! Was soll's? Die Familie Woronzow erkennt es nicht an! Es gibt diese Nadja für uns nicht! Für uns ist Helena Feodorowna kinderlos gestorben! Und übrigens – wo ist diese Nadja? Wer hat sie seit zwölf Jahren gesehen? Vielleicht ist sie in irgendeiner Gosse verreckt, wie ihr Väterchen in der Newa!« Janis Antonowitsch brachte sogar den Richter in Verwirrung. »Hier ist mein Auftrag von den Erben!« sagte er und schwenkte das Papier. »Darf ich bitten, Hochwohlgeboren, das so lange zur Kenntnis zu nehmen, bis sich ein anderer Erbe meldet? Und nun, bitte schön, hinaus!«
So war die Lage, als Nadja und Nikolai Gurjew in Podunskoje eintrafen. Von Tjumen waren sie mit einem flachen Boot die Tura und dann den Tobol hinabgefahren und hatten in Podunskoje angelegt. Vorher hatten sie die Behörden in Tjumen aufgesucht und sich angemeldet. »Welch ein Glück!« sagte der Richter, der von Janis Antonowitsch so schlecht behandelt worden war, rang die Hände und dankte innerlich Gott für die Gerechtigkeit. »Wir machten uns große Sorgen um das Erbe. Aber nun sind Sie da, Nadja Grigorijewna, und das Erbe steht Ihnen zur Verfügung.« Und etwas leiser fügte er hinzu: »Wenn Sie Hilfe brauchen, wir werden tun, was in unseren Kräften steht.«
Janis Antonowitsch Skamejkin saß in seinem Schreibzimmer und rechnete die Wochenernte durch, trank einen Wodka dazu und rauchte eine Pfeife mit Machorka, als die Tür aufflog und ein Offizier den Raum betrat.
»Wer sind Sie?« brüllte der Eintretende sofort. »Was machen Sie hier?«
Gurjew gab die Tür frei und winkte. Vom Flur wehte ein hellblauer langer Mantel heran. Mit großen glänzenden Augen war Nadja durch die unteren Räume gegangen. Erinnerungen an unendlich ferne Zeiten sangen in ihr wie wehmütige Stimmen.
Janis Antonowitsch wußte sofort, welche Stunde gekommen war, als er Nadja Grigorijewna eintreten sah. Er kannte sie nicht, aber es konnte niemand anders sein. »Aha!« sagte er nur. »Aha! Selbst Revolutionen werden von Bastarden überlebt …«
Man wird einsehen, daß dies falsch war. Janis war kein Diplomat und kein Taktiker … Er erkannte das gründlich, als er sich an der Wand aufrappelte, sich schüttelte wie ein nasser Hund und sein Kinn anschwoll. Mit einem tiefen Grunzen senkte er den Kopf, nahm einen Anlauf und stürzte sich auf den Gegner, aber auch diesmal irrte er sich, denn hier hatte er keinen Bauern vor sich, der zurückdrosch und wie ein Pferd auskeilte, sondern mit einer impertinenten Eleganz stand da ein schlanker Offizier, ließ die lange Reitpeitsche sausen und zerhieb Janis mit schnellen, pfeifenden Schlägen das breite Gesicht.
Taumelnd wich Janis Antonowitsch zurück. Haß und Mordlust flackerten in seinen Augen.
»Hinaus!« sagte Gurjew kalt.
Janis Antonowitsch zog
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