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Die Tote von Charlottenburg: Kriminalroman (German Edition)

Die Tote von Charlottenburg: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die Tote von Charlottenburg: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Goga
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er sich unwillkürlich, ob es ein gewolltes Kind war oder die junge Frau vergeblich irgendwo Hilfe gesucht hatte.
    »Gehen wir auf den Hof«, sagte Schwester Gertrud, die wie aus dem Nichts wieder neben ihm aufgetaucht war.
    Schweigend verließen sie die Frauenstation und traten auf den Hof hinaus. Es dämmerte schon, auf dem Pflaster lag nasses, braunes Laub, und der Regen tropfte von den Bäumen. Nicht der Ort, den er für ein Gespräch gewählt hätte, aber es schien, als wollte die Krankenschwester keinesfalls innerhalb des Gebäudes mit ihm sprechen.
    »Was wollen Sie denn noch wissen?«, fragte sie mit abgewandtem Blick.
    Sonnenschein holte sein Notizbuch heraus. »Meine Kollegen haben den Eindruck gewonnen, dass Sie uns vielleicht noch etwas über die Tote erzählen könnten.«
    Sie schaute ihn scharf an. »Wie kommen die darauf? Glauben Sie, ich würde etwas verschweigen?«
    »Wenn ein Mensch getötet wird, verhält man sich oft anders als sonst, das ist ganz normal«, sagte er behutsam. »Sie kommen in Ihrem Beruf ständig mit dem Tod in Berührung. Ein Mord ist aber etwas völlig anderes«, fuhr er fort und behielt sie genau im Blick.
    Die Frau schluckte krampfhaft. »Gerade deshalb will ich niemanden in Schwierigkeiten bringen.«
    Er zog den Mantel enger um sich. Allmählich wurde es wirklich ungemütlich hier draußen. »Das sollen Sie auch nicht. Wenn Sie aber wissen, mit wem Frau Dr.   Strauss Auseinandersetzungen hatte oder wer ihr nicht wohlgesinnt war, müssen Sie es uns sagen.«
    »Es hat nichts mit Feindschaft zu tun«, sagte die Krankenschwester leise. »Sie hatte etwas gegen die Versuche.«
    Sonnenscheins Herz schlug schneller. »Versuche?«
    »Ja. Ärzte müssen forschen, um die Wissenschaft voranzubringen«, sagte sie, doch es klang nicht ganz überzeugend. »Das wird in vielen Krankenhäusern so gehandhabt. Aber Frau Dr.   Strauss wollte nicht mitmachen. Sie hat gesagt, sie sei dazu da, um die Patienten gesund zu machen, nicht um sie als Versuchstiere zu missbrauchen.«
    »Das hat sie wörtlich gesagt?« Er kritzelte fieberhaft mit.
    »Ja, das habe ich mir gemerkt. Sie hat es zu Dr.   Stratow gesagt, als ich auf dem Flur stand. Ich habe nicht gelauscht«, sagte sie rasch. »Frau Dr.   Strauss sprach laut genug, und die Tür war offen.«
    »Was hat man denn mit den Patientinnen gemacht?«
    Gertrud Pollack schaute sich um, als fürchte sie, auch hier draußen beobachtet zu werden. »Es wurden Medikamente ausprobiert. Manche waren gefährlich, weil sie Wehen auslösen können. Sonst weiß ich nichts Genaues. Es bestand wohl keine Lebensgefahr, aber die Behandlung war unangenehm und manchmal auch bedenklich für die ungeborenen Kinder.«
    »Gibt es derartige Vorgänge auch auf anderen Stationen?«, fragte Sonnenschein.
    Sie nickte und sagte hastig: »Es ist nicht ungesetzlich. Ich bin nur vorsichtig, weil es nicht gern gesehen wird, wenn Außenstehende davon erfahren. Die Ärzte wollen in Ruhe arbeiten. Es gibt Leute, die gegen wissenschaftliche Versuche hetzen und die Ärzte öffentlich anklagen. Wenn meine Vorgesetzten erfahren, dass ich Ihnen davon erzählt habe   …«
    Sie verstummte. Sonnenschein hatte verstanden. Wer in diesen Zeiten Arbeit hatte, wollte sie auch behalten.
    »Hat Frau Dr.   Strauss jemals versucht, die Versuche zu unterbinden?«
    »Nein. Sie wusste ja, dass sie nicht verboten waren. Aber sie hat sich geweigert, dabei mitzumachen.«
    »Könnte es sein, dass einer der Ärzte Frau Dr.   Strauss dennoch als Gefahr betrachtet hat?«
    Sie schüttelte entschieden den Kopf. »Nein, das kann ich nicht glauben.«
    »Sie halten es für ausgeschlossen, dass man sie deswegen zum Schweigen bringen wollte?«
    »Ja. Dass man sie eingeschüchtert oder ihr mit Entlassung gedroht hat, wäre vielleicht denkbar. Doch dann hätte sie längst nicht mehr hier gearbeitet, so etwas hätte sie sich nicht gefallen lassen. Aber sie zu töten   – nein, niemals.«
    Sonnenschein stellte eine letzte Frage. »Soweit ich weiß, dürfen derartige Versuche nicht einfach ins Blaue hinein durchgeführt werden. Es muss immer auch um die Heilung und Linderung von Beschwerden gehen. Ist das richtig?«
    Sie hob die Schultern. »So gut kenne ich mich nicht aus. Aber das hört sich vernünftig an.«
    »Sollte man nicht davon ausgehen, dass die Patienten vorher gefragt werden, ob sie an einem solchen Versuch teilnehmen wollen?«, hakte er weiter nach.
    »Sicher.« Gertrud Pollack schien sich zunehmend unwohl

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