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Die Tote von Harvard

Die Tote von Harvard

Titel: Die Tote von Harvard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Cross
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Professorin. Hätte mir gleich klar sein müssen, daß du darin verwickelt bist. Schließlich wußte ich, daß du in der Gegend bist. Aber selbst wenn nicht, hätte ich es mir denken können. Wer ist diesmal im Gefängnis? Hoffentlich nicht Reed.«
    »Nein«, sagte Kate. »Reed ist unterwegs und hält Vorträge über Polizeimethoden. Er hat nichts damit zu tun. Aber ein Freund von mir wurde verhaftet. Man verdächtigt ihn des Mordes.«
    »Stand er in irgendeiner Beziehung zu der Ermordeten?« fragte Cunningham.
    »Nein«, sagte Kate. »Außer daß er vor einer Ewigkeit einmal mit ihr verheiratet war.«
    »Außer!« Cunningham hätte beinahe Kates Trommelfell zum Platzen gebracht. Dann entstand eine Pause, während der Cunningham seinen Kalender und seine Sekretärin konsultierte. »Kannst du zu mir ins Büro kommen?« fragte er. »Dann versuchen wir, ihn auf Kaution freizukriegen. Die Polizei hätte ihn nicht festnehmen dürfen, da bin ich mir ziemlich sicher. Die haben nicht genug Beweise. Darf ich davon ausgehen, daß er noch nie vorher im Gefängnis war und keinerlei Vorstrafen hat?«
    »Na ja«, sagte Kate widerwillig, »er hat im Süden mit Martin Luther King demonstriert, und später war er bei den Friedensmärschen 92

    dabei. Ich fürchte fast, er ist schon einmal im Gefängnis gewesen.«
    Kate ärgerte sich über sich selbst, weil sie so entschuldigend^ klang.
    »Ausgezeichnet«, sagte Cunningham zu ihrer Überraschung.
    »Ausgezeichnet. Dann plädieren wir auf Voreingenommenheit, Mißbrauch von Polizeiakten und so weiter. Kein Problem. Komm nur her, meine Gute, komm nur her. Du weißt, wo ich zu finden bin.«
    Als Moon – da die Zeit erfüllet war und auch das juristische Pro-cedere – auf Kaution wieder in Freiheit war und mit Kate in Cunninghams Büro saß, behandelte dieser ihn streng und kühl. Kate gegenüber war er die ganze Zeit abwechselnd sachlich und beruhigend gewesen. Während Kate nun Moon betrachtete, wurde ihr klar, daß er, rein vom Typ her, Cunningham sehr wahrscheinlich nicht gefiel. Gleichzeitig versuchte sie, der Tatsache ins Gesicht zu sehen, daß es immerhin im Bereich des Möglichen lag: Moon könnte ein Mörder sein, zumindest könnte er Janet getötet haben. Daß Kate diese Möglichkeit bisher weit von sich gewiesen hatte, geschah aus rein persönlichen Gründen: Es war ausgeschlossen, daß sie sich vor vielen Jahren so von jemandem hätte angezogen fühlen können, der eines Mordes fähig war. Und bei den sporadischen Begegnungen in späteren Jahren – hätte ein potentieller Mörder es fertiggebracht, die alte Erotik immer wieder so aufflammen zu lassen, daß sie mit ihm ins Bett ging? Aber das war ihr persönliches Problem. War es denkbar, daß Moon einen erbitterten ehelichen beziehungsweise nachehe-lichen Streit mit Janet hatte und ihm dabei sein sonst so unerschütter-licher Gleichmut abhanden gekommen war?
    Cunninghams Gedanken liefen eindeutig in ähnlichen Bahnen, aber er hatte keinerlei persönliches Motiv, Moon für unschuldig zu halten.
    »Aber welches Motiv hätte ich denn haben sollen?« fragte Moon.
    »Wen interessiert denn das Motiv?« schrie Cunningham ihn an.
    »Mich nicht. Die Polizei nicht. Die Polizei interessiert die Gelegenheit zum Mord und die Mittel. Und selbst wenn sie sich für das Motiv interessierte – sobald man mit einer Frau verheiratet ist oder war, gilt das als Motiv.«
    »Wenn die Ehe ein ausreichendes Motiv für Mord ist…«, begann Kate.
    »Bitte, Kate, sei still. Du weißt genau, was ich meine. Die meisten Morde werden, wie jeder weiß, von Verwandten verübt, wobei Eheleute, geschieden oder nicht, allen andern den Rang ablaufen.
    93

    Man braucht kein ausgeklügeltes Motiv, sondern nur einen heftigen Streit und viele bittere Erinnerungen und Vorwürfe.«
    »Wir haben uns aber nicht gestritten«, sagte Moon, »weder heftig noch sonstwie, und wir hatten einander auch nichts vorzuwerfen.
    Das eine Mal, als wir uns trafen, hab ich kaum ein Wort mit ihr ge-wechselt. Wir hatten uns nichts zu sagen.«
    »Sie und Kate hatten sich aber offensichtlich eine Menge zu sagen.«
    »Das ist etwas völlig anderes«, sagte Moon. »Kate habe ich immer geliebt. Ich glaube, auch als ich Janet heiratete, habe ich eigentlich Kate geliebt.«
    »Wir alle lieben Kate«, antwortete Cunningham. »Was zweifellos daran liegt, daß Kate einfach liebenswert ist, so liebenswert, daß ich den größten Teil meines Berufslebens damit verbringe, Kautionen für ihre unter

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