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Die Tote

Die Tote

Titel: Die Tote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion
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»Äh, hast du ein Bewegungsprofil angefordert? Ist gerade angekommen.«
    »Ja, hab ich«, antwortete Charlotte forsch, dabei fluchte sie innerlich. Hatte Bremer nicht gesagt, sie sollten es ihr mailen? Das war nicht gut, gar nicht gut. Zu viele Mitwisser. Maren sagte nichts weiter und ging.
    Neugierig studierte Charlotte das Fax und legte es nach einer Weile nachdenklich wieder weg. Danach kam Bergheims letzte Nachricht vom Kölner Hauptbahnhof. Was zum Kuckuck machte er in Köln? Und wieso sprach er nicht mit ihr?
    Erneut nahm sie das Fax auf. Vorher hatte er wohl auch versucht, sie zu erreichen. Von einer Adresse am Steintor. Aber da war sie wohl gerade mit ihrem Vater im Courtyard gewesen und hatte das Handy nicht an. Die nächste Nachricht von heute Vormittag kam dann aus Köln. Wo er die Nacht verbracht hatte, darüber gab es keine Daten. Da hatte er das Handy ausgeschaltet. Das war im Moment anscheinend ein Dauerzustand.
    Charlotte lehnte sich zurück und zupfte an ihrer Unterlippe. Sie hasste diese Ungewissheit. Und Rüdiger wusste das. Wieso tat er ihr das an? Und was hatte er in Köln zu suchen? Natürlich, er war erwachsen und konnte nach Köln fahren, wann er wollte. Aber dann musste er in Zukunft auf ihre Gesellschaft verzichten. Wütend stand Charlotte auf, nahm ihr Handy und verließ das Büro. Zwei einsame Beamte saßen an ihren Schreibtischen und warfen sich hinter ihrem Rücken vielsagende Blicke zu.
    Als sie vor der Rechtsmedizin parkte und ausstieg, kam Dr.   Wedel schon auf sie zu.
    »Ich hoffe, Sie wollten nicht zu mir? Ich hab Feierabend.«
    »Doch, ich wollte nur wissen, was die Obduktion ergeben hat.«
    »Frau Schneider wird Ihnen den Bericht zuschicken. Und wie ich sie kenne, haben Sie ihn am Montagmittag. Ich habe jetzt Wochenende.« Er tippte sich an die Stirn und ging zu seinem schwarzen Golf.
    »Nur zwei Minuten«, bat Charlotte, »wir haben im Moment eine Menge um die Ohren, wie Sie wissen.«
    Wedel, der wie immer vollkommen in Schwarz gekleidet war, drehte sich zu ihr um, nahm seine Brille ab und lächelte.
    »Frau Wiegand, Sie haben doch immer eine Menge um die Ohren. Genauso wie ich übrigens. Aber wenn Sie unbedingt wollen, kommen Sie mit. Ich bin im Teestübchen mit meiner Enkelin verabredet.«
    Charlotte sperrte den Mund auf. Im Teestübchen? Sie versuchte sich vorzustellen, wie dieser gewaltige Mann von über einem Meter neunzig Körpergröße – von der Breite ganz zu schweigen – sich im Teestübchen, dessen Mobiliar Charlotte eher an eine Puppenstube erinnerte, Platz finden wollte. Aber er war schon eingestiegen und winkte ihr zu.
    Sie sprang in ihren Wagen und folgte ihm über die Berckhusenstraße, als sie sich fragte, wo Wedel am Samstagnachmittag in der Innenstadt parken wollte. Sie beschloss, am Maschsee zu parken. Dann musste sie zwar ein bisschen weiter laufen, aber das Wetter war schön, außerdem musste sie mit ihren Gefühlen irgendwohin. Vielleicht konnte sie sie ja beim Laufen in den Asphalt stampfen.
    Sie hatte Glück, fand einen Parkplatz ganz in der Nähe vom Nordufer und machte sich im Laufschritt auf den Weg zum Teestübchen am Ballhofplatz. Die Sonne schien, und wenn sie nicht so schlechter Laune gewesen wäre, hätte sie diesen kurzen Marsch am Maschteich vorbei auch genießen können. Die Sonne schien warm auf die pulsierende Stadt, und am Teich lagen unzählige frühlingshungrige Menschen im Gras, machten ein Picknick oder ein Nickerchen. Kinder tollten herum, und besorgte Mütter standen am Ufer und ließen den Nachwuchs keinen Moment aus den Augen.
    Es könnte alles so schön sein, dachte Charlotte, wenn … ja wenn die Menschen sich an gewisse Regeln halten würden. Damit meinte sie keineswegs nur die Gesetzesbrecher. Nein, es ging ihr auch um Alltäglichkeiten. Zum Beispiel Ehrlichkeit gegenüber dem Partner.
    Sie schritt kräftiger voran, weil Tränen hinter ihren Augen brannten. Und Tränen kamen nicht in Frage. Nicht, weil sich wieder ein Kerl, dummerweise der, den sie liebte, nicht an die Regeln hielt. Andererseits, welche Regeln?
    Ehrlichkeit, schoss es ihr durch den Kopf. Ehrlichkeit war wohl die wichtigste. Oder? Und Treue natürlich. Andererseits, konnte man das wirklich erwarten? Treue ein Leben lang? Nein, vielleicht nicht ein Leben lang, aber wenigstens so lange, wie die Liebe anhielt. Was man nicht erwarten konnte, war, dass die Liebe ein Leben lang anhielt.
    Wahrscheinlich wusste ihre Mutter das auch. Vielleicht hatte sie deshalb so

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