Die Tote
auch nicht so aus, als ob sich da noch was ergeben würde.«
»Okay, wenn du die Liste durchhast, kannst du bei der Handyliste weitermachen.«
Maren griff wieder zum Hörer.
Charlotte ging zurück zur Technik und stieß die Tür auf, ohne anzuklopfen. »Habt ihr euch die Ordner schon angesehen?«
Kramer sah erschrocken auf. »J…ja«, stotterte er. »Das sind seine Papiere. Versicherungen, Kontoauszüge, Rechnungen. Außerdem noch Unterlagen von einem Fernstudium. Anscheinend arbeitete der Mann an seiner Karriere. Ganz schön optimistisch mit Mitte vierzig. Aber seit einem Jahr gibt’s nichts Neues mehr. Keine Lehrbuchbestellungen, keine Korrespondenz mit der Uni. Absolute Flaute. Er hat es nicht mal bis zum Bachelor gebracht. Kann aber verstehen, dass er noch was versucht hat, verdient hat er echt wenig in dem Callcenter.«
Charlotte schloss die Tür von außen und ging in ihr Büro zurück, wo sie einen Namen googelte und auf Hohstedts Rückkehr wartete.
Der betrat nach einer knappen Stunde Charlottes Büro, mit der Nachricht, dass der Mann im Vernehmungsraum warte. Er sei ziemlich schlecht gelaunt, und er, Hohstedt, habe ihm tatsächlich mit einer Festnahme drohen müssen, weil er sich partout nicht habe überreden lassen wollen, mitzukommen. Das mit der Festnahme habe ihn allerdings umgestimmt, und er habe im Auto gleich seinen Anwalt angerufen, der schon auf dem Weg in die Direktion sei.
»Na wunderbar«, murmelte Charlotte und stand auf. »Du kommst mit.«
Hohstedt schien ausnahmsweise nichts dagegen zu haben, sie zu begleiten, denn er grinste vielsagend.
Der Mann, der im Vernehmungsraum auf sie wartete, begrüßte sie mit anzüglichem Lächeln.
»Na, sieh mal an, wir kennen uns doch. Vielleicht doch nicht so ein versauter Tag heute.«
Charlotte antwortete nicht, setzte sich und knallte ihre Aktenmappe auf den Tisch.
»Na dann wollen wir mal.«
»Ich bitte darum. Vielleicht sagen Sie mir freundlicherweise, warum ich hier bin? Ich werde Ihnen nämlich rein gar nichts sagen …«, er beugte sich vor und zwinkerte Charlotte zu, »… nicht mal meine Telefonnummer. Aber …«, er lehnte sich lässig zurück und verschränkte die Arme vor der Brust, »… die haben Sie sicher schon, was?«
Charlotte fischte mit ausdrucksloser Miene ein Foto aus der Mappe und legte es auf den Tisch.
»Meinen Sie denn, dass Sie uns ohne Anwalt bestätigen können, dass Sie der Mann auf diesem Foto sind, Herr Weinlaub?«
Weinlaub sah Charlotte einen Moment an, zog dann das Foto über den Tisch und betrachtete es mit hochgezogenen Brauen.
»Ja und? Selbst wenn ich das wäre, was tue ich denn da gerade?« Er warf wieder einen Blick auf das Bild. »Menschenskind, ich trinke Bier!«, rief er dann und schlug sich mit der flachen Hand vor die Stirn. Er beugte sich wieder vor und flüsterte: »Soll ich Ihnen was sagen? Ich bin schon über achtzehn.« Dann schlug er sich vor Begeisterung auf die Knie.
Charlotte wartete. »Sind Sie jetzt fertig? Ich darf dann wohl annehmen, dass Sie sich erkannt haben?«
»Schon möglich«, kicherte Weinlaub, »und was jetzt?«
Charlotte fixierte ihn einen Augenblick und tippte dann wieder auf das Foto. »Sie sind gar nicht so interessant. Uns interessiert das Mädchen, mit dem Sie so angeregt plauschen.«
Weinlaub wurde ein Spur ernster und betrachtete erneut das Foto. »Tatsächlich?«, sagte er. »Dann sollten Sie vielleicht mit ihr reden.«
Charlotte seufzte gelangweilt und fragte sich gleichzeitig, warum sie immer das Gefühl hatte, diesen Menschen schon mal irgendwo gesehen zu haben.
»Herr Weinlaub«, fuhr sie dann fort, »nun tun Sie mal nicht so scheinheilig. Sie wissen doch genau, dass das Mädchen tot ist. Ermordet. Und wir hätten nun schrecklich gern gewusst, warum Sie sich nicht gemeldet haben, als ihr Gesicht in sämtlichen Zeitungen zu sehen war und wir nach Zeugen gesucht haben, die sie identifizieren können, wo Sie sie doch offensichtlich gekannt haben. Hatten Sie vielleicht einen guten Grund, ihre Bekanntschaft nicht an die große Glocke zu hängen?«
Weinlaubs Mundwinkel waren zwei Etagen tiefer gerutscht. Er starrte Charlotte an. »Wollen Sie mich verarschen? Was erzählen Sie da von Mord? Was hab ich denn damit zu tun? Nur, weil irgend ’ne Frau mal neben mir gestanden hat, wollen Sie mir jetzt … was auch immer unterstellen? Ha, das wird ja immer besser! Mit Ihnen sprech ich doch überhaupt nicht mehr!« Er wischte mit der Hand durch die Luft, rückte mit
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