Die Toten von Santa Clara: Roman (German Edition)
er. »Die erwischen mich jeden Sommer. Man hat mir gesagt, ich soll sechs Liter Wasser am Tag trinken. Was kann ich für Sie tun?«
»Eduardo Carvajal«, sagte Falcón. »Erinnern Sie sich an ihn?«
»Der Typ ist mir ins Herz gebrannt. Er sollte mich berühmt machen«, sagte Montes. »Warum ist sein Name plötzlich wieder aufgetaucht?«
»Ich ermittle in den Todesfällen von Rafael und Lucía Vega.«
»Rafael Vega… der Bauunternehmer?«, fragte Montes.
»Kennen Sie ihn?«
»Ich werde bei der Feria nicht in seine caseta eingeladen, aber ich weiß, wer er ist«, sagte Montes. »Ist er umgebracht worden?«
»Das versuchen wir gerade herauszufinden. Beim Durchblättern seines Adressbuches bin ich auf Carvajal gestoßen, und der Name klang vertraut aus dem Fall, in dem ich im vergangenen Jahr ermittelt habe – er war auch ein Bekannter und Freund von Raúl Jiménez. Damals hatte ich keine Zeit, der Sache nachzugehen, also dachte ich mir, dass ich es jetzt versuche«, sagte Falcón. »Wie sollte er Sie denn berühmt machen?«
»Er sagte, er würde mir sämtliche Namen aller Personen nennen, die je an dem Pädophilen-Ring beteiligt waren. Er versprach mir den größten Coup meiner Laufbahn. Politiker, Schauspieler, Rechtsanwälte, Stadträte, Geschäftsleute. Er sagte, er würde mir den goldenen Schlüssel geben, mit dem ich die High Society öffnen und als das faule, stinkende Ei entlarven könnte, das sie in Wahrheit war. Und ich habe ihm geglaubt. Ich habe ehrlich gedacht, dass er mir die Informationen geben würde.«
»Aber er starb bei einem Autounfall, bevor er liefern konnte.«
»Nun, er ist von der Straße abgekommen«, sagte Montes. »Es war spät, er hatte Alkohol im Blut, und auf der Straße von Ronda nach San Pedro de Alcántara gibt es viele tückische Kurven… Aber wir werden es nie genau erfahren.«
»Und was hat das zu bedeuten?«
»Das ist doch bekannt, Inspector Jefe. Bis ich benachrichtigt worden war, war er schon unter der Erde und sein Wagen ein etwa so großer Block auf einem Schrottplatz«, sagte Montes und hielt seine Hände einen halben Meter auseinander.
»Aber ein paar Leute wurden trotzdem verurteilt, oder?«
Montes hielt vier fette Finger hoch, zwischen denen eine brennende Zigarette qualmte.
»Und die konnten Ihnen auch nicht in dem Maße weiterhelfen, in dem Carvajal es gekonnt hätte?«
»Sie kannten sich nur gegenseitig. Sie waren eine Zelle des Ringes«, sagte Montes. »Diese Leute sind vorsichtig. Nicht viel anders als eine Terroristengruppe oder eine Widerstandsbewegung.«
»Wie sind Sie ihnen überhaupt auf die Schliche gekommen?«
»Durch das FBI, wie ich zu meiner Schande gestehen muss«, antwortete Montes. »Wir können nicht mal mehr unsere eigenen Pädophilen-Ringe zerschlagen.«
»Es war also eine internationale Angelegenheit?«
»Die Segnungen des Internets«, sagte Montes. »Das FBI hat ein Ehepaar in Idaho ausgehoben, das eine Kinderpornoseite betrieben hat, und diese weitergeführt. So haben sie weltweit Adressen gesammelt und die lokalen Behörden in den betroffenen Ländern informiert. Es ist gut zu wissen, dass es da draußen jetzt jede Menge verängstigte Pädophile gibt, aber ich glaube nicht, dass wir irgendwen von den Leuten drankriegen, die Carvajal kannte. Ich bin sicher, das hat sich alles erledigt.«
»Warum?«
»Carvajal war die Schlüsselfigur. Er hat die Kunden besorgt. Sie kannten ihn. Er kannte sie. Aber sie kannten sich untereinander nicht. Es gibt keine andere Verbindung.«
»Aber was hat Carvajal überhaupt alleine auf freiem Fuß gemacht?«
»Das war Teil der Absprache mit seinem Anwalt. Er würde die einzelnen Zellen zusammenbringen, und wir würden die ganze Meute mit einer Reihe von Razzien hochnehmen.«
»Haben Sie herausgefunden, wie er die Kunden beschafft hat?«
»Nicht, dass es uns viel genutzt hätte«, sagte Montes nickend. »Es war etwas, was damals gerade erst angefangen hatte. Die Beteiligung der russischen Mafia am Menschenschmuggel. Prostitution wurde zu einem großen Geschäft für sie, weil sie das Angebot kontrollieren konnten. Um den Drogenhandel zu beherrschen, mussten sie um ein Territorium kämpfen, weil es kein einheimisches Heroin oder Kokain gab, aber bei der Prostitution haben sie von Anfang an über die Ware verfügt. Außerdem haben sie entdeckt, dass das im Verhältnis zum Drogenhandel weniger gefährlich und genauso lukrativ ist. Letzte Woche war ein rumänisches Mädchen hier, das sieben Mal ge-
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