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Die Totenfrau des Herzogs

Titel: Die Totenfrau des Herzogs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dagmar Trodler
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Ich sehe deinen verhexten Finger. Warum sollte eine Dirne des Eroberers im makedonischen Wald herumliegen?« Die Idee allein klang absurd, und seine Stimme war unsicher geworden. Alles schien hier irgendwie verhext und nicht normal …
    Der Mond goss eine Kanne voll Licht über die durstige Schwertschneide und ließ das Blut rubinrot schimmern. Rubinrot wie die Brust des Toten neben ihr, wie die Brünne des Toten zwei Schritte weiter, rubinrot wie der abgetrennte Kopf zu dessen Füßen. Allein die Nacht schützte sie vor Fliegen und Raben, deckte sie freundschaftlich mit Dunkelheit zu und ließ das Feuer ein sanftes Licht über die Schlafenden werfen, damit die Morgendämmerung nicht erschrak.
    Ima benetzte die Lippen mit ihrer Zunge. Wie eine Gebetsformel ging es durch ihren Kopf. Rom. Sie hatte die Massaker von Rom überlebt - sie würde auch dieses Schlachtfeld überleben. Mit oder ohne Gottes Hilfe. Obwohl der Tarentiner gerade wieder sein Schwert hob und
die Augen zusammenkniff. Sie schloss die Augen. Rom kam näher, brachte den Geruch von Tod und entfesseltem Hass. Ein Beben stieg in ihr hoch, war es Angst oder Todessehnsucht? … Sie war so müde. Wie närrisch war sie gewesen! Recht geschah ihr, dass die Erinnerungen sie nun peinigten! Aus der Reihe zu tanzen macht müde und einsam. Sie sehnte sich nach Ordnung zurück, nach den Regeln des Alltags - ein wenig spät, lachte da der Mond und küsste ihre zarten Lider, nun musst du aushalten und mit den Konsequenzen leben.
    Es passierte nichts.
    »Ich kenne dich«, sagte Bohemund da. Ima öffnete die Augen. Der Mond hatte sich entschlossen, sie nun für den Mann ins rechte Licht zu rücken, und Bohemund betrachtete stirnrunzelnd ihre erdverschmierten Züge. »Ich kenne dich, ich hab dich schon mal gesehen.« Und dann streckte er die Hand aus, packte ihre Hand mit den fünf Fingern und zog sie auf die Füße. Sie kämpfte ums Gleichgewicht, hob aber sofort den Kopf, reckte die schmerzenden Schultern und erwiderte seinen Blick. Da lachte er laut und belustigt auf. »Nun glaub ich dir wohl, dass du vom Hof des Eroberers kommst. Wer solche Blicke wagt …«
    »Ich gab Eurem Vater vor zwei Tagen die letzte Waschung, mon seignur «, unterbrach sie ihn mit dem dringenden Bedürfnis, seine Erheiterung abzukürzen, bevor ein neuer Schwächeanfall sie fällte. Es gelang - die Züge entglitten ihm. Sie schöpfte neuen Mut. Vielleicht war doch noch nicht alles verloren.
    »Was ist mit meinem Vater?«, schrie er sie mit flackernden Augen an, dass selbst das Feuer einmal hochloderte.
    »Ihr wisst es nicht?« Erstaunt sah sie ihn an und wurde ruhig. Aber woher sollte er es auch wissen. Seine Gegner in der eigenen Familie hatten ja alles unternommen, damit er es nicht erfuhr, nicht an das Bett des Vaters eilen konnte -
und stattdessen ahnungslos in sein Verderben lief. Er schien Ähnliches zu vermuten, denn seine Miene verfinsterte sich. Ohne Federlesens packte er sie am Kragen und schüttelte sie - Eroberer hin oder her.
    »Was soll ich wissen? Was willst du hier andeuten? Mach das Maul auf, bevor ich deinen Zauberfinger hineinstopfe …«
    »Euer Vater starb, mon seignur «, brachte sie unter dem Gerüttel hervor. »Robert Guiscard ist tot, mon seignur Bohemund.« Abrupt ließ er sie los, und sie kippte nach hinten weg, fiel hin, weil ihr Gleichgewicht durch den Hieb immer noch gestört war. Den Grafen von Tarent scherte das nicht. »Tot«, flüsterte er fassungslos. »Tot.« Er drehte sich um und marschierte erregt hin und her. »Vater - tot!«
    Ima rappelte sich mühsam hoch. Sie musste nun zu Ende bringen, was sie sich in ihrem verdammten Hochmut vorgenommen hatte, so bitter es auch werden mochte. Mit Macht schob sie ihre Erschöpfung beiseite und kämpfte die Mutlosigkeit nieder, die in ihr aufzusteigen drohte, weil sie diesen Mann nicht einschätzen konnte und die Situation zu entgleisen drohte.
    »Ein Fieber, mon seignur «, sagte sie dennoch und schluckte schwer. Ihr Hals war so trocken. »Ein Fieber. Er starb in Rogers Heerlager auf Kephalonia.« Unsicher sah sie den breiten Rücken an und wie der Fuß immer wieder Erdreich in die Luft trat. Was wusste sie von ihm? Nichts. Gar nichts, außer dass er der Sohn von Roberts erster Frau war und, obwohl Erstgeborener, auf die Herzogswürde verzichten musste, weil Sicaildis das so gewollt hatte. Robert hatte sich dem gebeugt - er selbst hatte seinerzeit ja auch keine Skrupel gehabt, sich von Bohemunds Mutter scheiden zu

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