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Die Totensammler

Die Totensammler

Titel: Die Totensammler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PAUL CLEAVE
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in die Rolle des Mörders, stellte sich vor, er würde mit der Axt ausholen oder mit dem Messer zustechen. Und als Opfer zeichnete er immer die acht Jungs, die ihn vor all den Jahren so übel zusammengeschlagen hatten. Dabei hatte er das Gefühl, er würde sie eigenhändig töten, es war großartig.
    Doch dann fanden die Pfleger und Schwestern seine Comic-Sammlung. Sie zerstörten sie und schickten ihn ins Schreizimmer. Von da an durfte er weder Stifte noch Blätter besitzen, doch natürlich gab es immer Möglichkeiten, sich welche zu besorgen, und dann fing er wieder von vorne an, mit neuen Geschichten, bis sie ihm diese ebenfalls wegnahmen.
    Als er The Grove verließ und in die offene Einrichtung zog, waren die Leute, die ihn inspiriert hatten, nicht mehr in seiner Nähe. Das hatte Einfluss auf seine Arbeit. Er stellte fest, dass er die Umrisse und die Schraffur nicht mehr richtig hinkriegte, außerdem wichen die Details aus den Gesichtern. Die Figuren spielten einfach nicht mehr mit. Nachdem er sich sechs Monate lang herumgequält hatte, gab er es schließlich auf. Die Erinnerungen waren verflogen, so wie die Leute, die sie ihm erzählt hatten, aus seinem Leben verschwunden waren.
    Er hat zwar immer noch seine Bücher, aber Bücher sind nicht dasselbe. Er hat diesen Leuten, die im Laufe der Jahre kamen und gingen, auch seine Geschichte erzählt, und es waren diese Leute, die The Grove zu einem Zuhause machten. Einem Buch kann man seine Geschichte nicht erzählen.
    Er kann sich noch gut an Cooper Riley erinnern, aus der Zeit, als dieser hier aufkreuzte, um seine Fragen zu stellen. Zunächst war er ein wenig eifersüchtig auf ihn, weil Cooper die Geschichten klaute, die für ihn bestimmt waren, aber das war natürlich albern, das wurde ihm schließlich klar. Im letzten Jahr kam Cooper einmal pro Woche hier raus und interviewte eine Handvoll Patienten, die alle eingewiesen worden waren, weil sie jemanden umgebracht hatten. Adrian war fasziniert von dem Arbeitsprozess, und er konnte es gar nicht abwarten, das Buch zu lesen. Er hoffte, dass es auch Fotos enthielt. Als The Grove geschlossen wurde, suchte Adrian danach, konnte jedoch kein Exemplar auftreiben. In den Buchläden wusste niemand etwas davon. Offensichtlich hatte Cooper es noch nicht fertig geschrieben.
    Letzte Woche ist Adrian dann zu ihm gefahren. Cooper Riley ist Professor an der University of Canterbury und unterrichtet dort Psychologie und Kriminologie. Adrian hat angefangen, ihn zu verfolgen. Und dann hatte er eine Idee – wenn er nicht mehr mit den Leuten befreundet sein kann, die ihm diese Geschichten erzählt haben, Leute, die jetzt woanders sind, dann könnte er sich doch den Mann schnappen, der sie aufgezeichnet hat, den Mann, der diese Geschichten aufbewahrt und selbst ein Geschichtenerzähler ist.
    Doch Cooper ist noch so viel mehr.
    Vor ein paar Nächten hat Adrian herausgefunden, dass Cooper selbst eine Figur in einer Geschichte war. Während er ihm gefolgt ist, hat er beobachtet, wie Cooper hinter einem Café eine Frau überfallen hat. Er hat sie in den Kofferraum seines Wagens verfrachtet und ist davongefahren.
    Und Adrian ist ihm gefolgt.
    Als alles vorbei war, fuhr Adrian zum Parkplatz zurück, um den Wagen der Frau zu holen. Er wusste nicht, warum, doch er wollte ihn haben. Wollte ihn einsammeln. Und nicht nur das, auch Cooper wollte er sammeln. Seinen ersten Wagen, den von den Zwillingen, ließ er mehrere Blocks entfernt stehen und lief zum Café zurück. Er hatte Glück – die Wagenschlüssel der Frau lagen auf dem Boden. Was als fixe Idee begonnen hatte, wollte er jetzt unbedingt in die Tat umsetzen. Er würde Cooper nach Grover Hills zurückbringen und ihn im Schreizimmer unterbringen. Im Laufe der Zeit würde dieser Ver trauen zu ihm fassen, sich mit ihm anfreunden und ihm haufenweise Geschichten erzählen.
    Ihm war klar, dass Coopers Unterbringung eine Menge Arbeit bedeutet. Er hat etwas gespart und bezieht nach wie vor sein Krankengeld. Die Regierung gibt ihm Geld, und er muss nicht mal was dafür tun, er muss dem Arzt, den er alle sechs Monate aufsucht, nur erzählen, dass er weiter seine Pillen nimmt, auch wenn das nicht stimmt. Er wusste: Im Schreizimmer würde der Professor sich langweilen. Um das zu verhindern, musste er ihm ein passendes Opfer beschaffen. Also ist er mit seinem neuen Wagen vom Café in die Stadt gefahren und hat in der Nähe der Ecke geparkt, wo ihn einige Monate zuvor, als die Stadt mit

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