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Die unglaubliche Geschichte des Henry N. Brown (German Edition)

Die unglaubliche Geschichte des Henry N. Brown (German Edition)

Titel: Die unglaubliche Geschichte des Henry N. Brown (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Helene Bubenzer
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sie in den folgenden Monaten immer und immer wieder – und jedes Mal legte sich eine stille, friedliche Miene auf sein Gesicht.
    »So, Ole«, sagte Friedrich und sah sich in seiner neuen Behausung um. »Da wären wir. Hätte schlimmer sein können.«
    Das stimmte. Das Zimmer war groß und freundlich. Es hatte einen hellblauen Dielenfußboden, der unter Friedrichs schweren Stiefeln knarrte. Die Wände waren moosfarben gestrichen, es roch nach Schmierseife und Wachs. Auf das Bett fielen lange Sonnenstrahlen, in denen man den Staub tanzen sehen konnte. Unter dem Bett schaute eine weiße Emaille-Schüssel hervor. In einer Zimmerecke stand ein kleiner Kanonenofen, und an die gegenüberliegende Wand war ein Tisch gerückt worden, darauf thronte eine Petroleumlampe mit grünem Glas.
    »Ein Tisch, ein Bett, ein Pisspott«, sagte Friedrich gut gelaunt. »Was will man mehr?«
    Er setzte mich so auf den Schreibtisch, dass ich aus dem Fenster sehen konnte, und zum ersten Mal zeigte sich mir unsere Umgebung. Ich konnte kaum glauben, was ich sah.
    Auf der anderen Seite des Hofes lag das Bauernhaus. Es war aus dicken Holzstämmen gebaut und dunkel geteert. Auf dem Dach wuchs tatsächlich Gras. Es sah anheimelnd aus, wie aus dem Schornstein leise der Rauch stieg, sicher war es dort drüben schön warm und gemütlich. Links vom Haus ging es hinunter ins Tal, wo sich ein Fluss brausend seinen Weg suchte. Obstbäume standen an den Ufern in weißer Blüte und weiter hinten war der Ort Gol zu erkennen, der friedlich in der Nachmittagssonne schlummerte. Auf der anderen Seite des Tals zogen sich gelb gesprenkelte Wiesen und dichte Wälder grün die Hänge hinauf. Und ganz oben krönte blendend weißer Schnee wie Zuckerguss die Berggipfel ringsum.
    Vom Hof aus schlängelte sich ein Karrenpfad den Hügel hinab, ich sah Hühner, die flatternd über den Weg rannten auf der Flucht vor einem riesigen Gockel. Weit entfernt hörte man Kuhglocken, und das Einzige, was an diesem verschlafenen Fleckchen Erde an den Krieg erinnerte, war die unübersehbare Anwesenheit der deutschen Soldaten. Auf dem Schulhaus wehte die deutsche Fahne: Rot, mit einem weißen Kreis darauf, in dem ein schiefes Kreuz mit überflüssigen Haken an den Enden hing. Friedrichs Landsleute hatten ganze Arbeit geleistet, als sie im Jahr zuvor dieses Land überfallen und die Menschen innerhalb kürzester Zeit zur Kapitulation gezwungen hatten – sie hatten Wachposten errichtet und kontrollierten in ihren Militärautos die Umgebung. Und sie passten wirklich überhaupt nicht hierher.
    Friedrich, hier haben wir nichts verloren. Dies ist kein Ort für Krieg.
    Ich merkte, dass Friedrich von dem Panorama ebenso ergriffen war wie ich. So eine Landschaft hatten wir beide noch nie gesehen.
    »Sieh sich das einer an. So stellt man sich doch das Paradies vor. Ach, wenn das meine Marlene sehen könnte.«
    Ich schwieg. Was soll man angesichts solchen naturmächtigen Friedens denn auch sagen?
    Friedrich hatte begonnen, seine wenigen Habseligkeiten in den Schrank im Flur zu räumen. Er richtete sich ein, und ich sah noch ein wenig hinaus. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass ich dieses Ausblicks jemals überdrüssig werden könnte.
    Ich spürte die Blicke, ehe ich sie sah. Drei Augenpaare schauten aus einem Fenster vom Hof herüber. Mit unverblümter Neugier beobachteten sie den Fremden. Erst da wurde mir klar, dass wir nicht in einer Heeresunterkunft, nicht in einem Gasthaus oder in einer Pension wohnten, sondern bei einer norwegischen Familie. Sie starrten herüber aus der Dunkelheit ihres Hauses.
    Wir waren keine Gäste. Wir waren Eindringlinge – mehr als je zuvor.
    Friedrich war einer der grauen Soldaten, die ihr Land besetzt hatten. Einer von denen, gegen die sie sich nicht hatten wehren können, als im vergangenen April ihre Landesgrenzen einfach überrannt worden waren. Friedrich war einer, der die Macht hatte, sich von ihnen zu nehmen, was er für nötig befand, einer, der Widerstand mit Todesstrafe vergelten würde, der sie überwachen würde und es ihnen verbot, auch nur zu denken, was sie wollten. Er war ihr Feind. Sie hatten den Feind nicht nur im Land, sondern sogar auf ihrem eigenen Hof!
    Friedrich verließ das Zimmer. Aus dem Fenster sah ich, wie er den Hof zum Haupthaus überquerte. Er zog seine Uniformjacke zurecht, kontrollierte den obersten Knopf, der den dunklen, verzierten Kragen eng an den Hals legte. Er strich prüfend mit der Hand über die beiden Brusttaschen. Über

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