Die Unvergänglichen: Thriller (German Edition)
finden Sie nicht?« Er hatte eine Art zu reden, die den Eindruck erweckte, er wisse mehr, als er wissen konnte – als würde er sich in diesem Moment auf den verdammten Wasserturm beziehen. »Aber ich habe auch gehört, dass Sie der Krebsforschung den Rücken gekehrt haben. Ist das richtig?«
Richard nickte. »Progerie. Meine Tochter hat sie.«
»Das tut mir leid.«
»Dann sind Sie mit der Krankheit vertraut?«
»Oh, ich habe mich nur oberflächlich damit beschäftigt.«
Es wäre eine Untertreibung zu behaupten, Mason wäre im Verlauf seiner Karriere nicht ebenso verhasst wie verehrt gewesen. Er hatte den Ruf, ein kaltherziger Bastard zu sein, der dazu neigte, die ihm intellektuell Unterlegenen, also so gut wie jeden, völlig auszublenden.
Schlimmer jedoch war, dass er ein starker Befürworter der Eugenik gewesen war. Seine Vorschläge zur Entwicklung eines Abtreibungsprogramms basierend auf den zunehmend verbesserten Fruchtwasseruntersuchungen hatten ihn die wenigen Verteidiger gekostet, die er in der liberalen akademischen Gesellschaft noch gehabt hatte, Richard eingeschlossen. Wenn es nach Mason gegangen wäre, wäre Susie nie geboren worden.
Doch jetzt fiel es ihm schwer, all das in diesem Mann wiederzuerkennen. Gut, er war nicht überschwänglich und hatte eine beunruhigende Art, durch einen hindurchzusehen, aber er machte auch nicht gerade den Eindruck, regelmäßig mit Hitler Tennis zu spielen.
»Dann verraten Sie mir mal, was ich für Sie tun kann, Richard.«
»Ich möchte mit Ihnen über Ihre Forschung sprechen.«
»Welchen Aspekt davon?«
»Die fundamentalen Strukturen des Lebens.«
»Ah, die großen Wahrheiten. Nicht gerade eines meiner Lieblingsthemen.«
»Aber darauf hat sich Ihre Karriere doch eigentlich konzentriert, oder? Einige Menschen würden sogar von Ihrer Besessenheit sprechen.«
»Illusion wäre wohl eine treffendere Bezeichnung.«
Richard wollte schon protestieren, aber Mason brachte ihn mit einer Handbewegung zum Schweigen.
»Ich habe jahrelang geglaubt, ich wäre auf dem Weg zu einem Durchbruch, der die Art, wie wir das Leben verstehen, verändern würde. Dass ich der erste Mensch wäre, der direkt in Gottes Kopf blicken könnte. Stattdessen hat sich alles als Irrtum herausgestellt.«
»Und aus diesem Grund haben Sie sich in Luft aufgelöst«, stellte Richard fest, der gar nicht erst versuchte, seine Neugier zu verhehlen.
Mason lächelte. »Ist das die allgemeine Theorie? Dass ich in den U-Bahn-Tunneln von New York hauste? Oder hat die Hypothese, ich wäre in ein syrisches Kloster gegangen, wieder Aufwind bekommen?«
»Entschuldigen Sie, ich wollte Sie nicht aushorchen. Das alles ist einfach ein Rätsel für uns. Sie würden nicht glauben, wie oft dieses Thema immer noch aufkommt, wenn Biologen zusammenkommen und ein bisschen zu viel getrunken haben.«
Nachdem Mason seine Position ein wenig verändert hatte, schien er darüber nachzudenken, wie viel er preisgeben wollte. »Sagen wir einfach, Gott war schwerer zu fassen, als ich gedacht hatte, sodass ich beschloss, woanders weiterzusuchen.«
»Haben Sie ihn gefunden?«
»Leider nicht. Das muss die nächste Generation übernehmen. Menschen wie Sie.«
»Und Annette Chevalier.«
Mason runzelte die Stirn. »Ich habe gehört, was passiert ist. Schlimme Geschichte.«
»Wussten Sie, dass sie in die gleiche Richtung wie Sie geforscht hat?«
»Ja, sie hat mich ein paarmal angerufen. Ich habe ihr gesagt, dass es eine Sackgasse ist, aber sie wollte nicht auf mich hören. Haben Sie sie gekannt?«
Richard nickte.
»Dann wissen Sie, warum ich sie entmutigen wollte. Ich hatte von ihrer Depression gehört und dass sie einige Jahre zuvor schon einmal versucht hatte, sich umzubringen. Als mir klar geworden war, dass meine Forschung nirgendwohin führt, war ich so verzweifelt, dass ich allem, was ich je gekannt hatte, den Rücken kehrte. Ich war besorgt, dass sie …« Er hielt kurz inne. »Dass sie damit nicht fertig werden würde.«
»Wo sind Ihre Forschungsunterlagen heute?«
»Ich habe sie weggeworfen.«
»Wie bitte? Was haben Sie gerade gesagt?«
»Ich war so aufgewühlt, dass ich alles in den Müll geworfen habe.«
»Sie haben keine Kopien?«, erkundigte sich Richard verstört.
»Es ist nicht so läuternd, wenn man Kopien aufbewahrt. Und jetzt frage ich Sie noch einmal: Was kann ich für Sie tun, Richard?«
Richard zögerte, da er wusste, dass er sich in legaler Hinsicht auf dünnem Eis bewegte.
»Annettes Mann hat
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