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Die Unvorhersehbarkeit der Liebe

Die Unvorhersehbarkeit der Liebe

Titel: Die Unvorhersehbarkeit der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Goliarda Sapienza
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Wir sind doch verrückt, so unsereKräfte zu vergeuden! Komm, laß uns die Suppe essen, bevor sie kalt wird. Hier drinnen darf man keine Energie verschwenden. Nein, es ist nicht deine Schuld, du bist ja neu hier, aber ich … Jesses! Ich war wirklich ergriffen, das ist es, wenn du es wissen willst. Was kommt noch alles, oh! Nina ergriffen. Das fängt ja gut an … Es ist Zeit, Schluß jetzt, essen wir … O Mody, einen Moment lang habe ich vergessen, wo wir sind. Nun mach doch nicht so ein Gesicht! Schmollst du wegen dem, was ich gesagt habe? Aber ich bin gar nicht sauer auf dich, Schätzchen, wie soll ich es dir erklären? Ich bin sauer auf Nina. Nina hat die Knasterfahrung, nicht du. Und jetzt tu, was ich sage! Sie schmeckt nicht, ich weiß, aber sie gibt Kraft … Hier darf man nicht besonders wählerisch sein, Fürstin, mach mich nicht kirre!«
    Vielleicht weil ich den Ekel nicht mehr spüre oder weil sie, nachdem sie noch einmal umgerührt hat, mir einen Löffel Suppe zum Mund führt, höre ich mich voller Überzeugung sagen:
    »So schlecht und kalt ist sie nicht, du hast recht, Nina.«
    »Richtig, du sagst es. Hier drinnen hat Nina immer recht, zumindest was, wie soll ich sagen, die materiellen Dinge anbelangt. Man muß auch immer auf und ab gehen. Morgen fangen wir damit an. Sich so oft wie möglich waschen, sich weder der Melancholie noch der Euphorie hingeben. Vor allem die Euphorie ist schädlich, anfangs scheint sie zu erfrischen wie ein Gläschen Wein, aber dann, du meine Güte, ermattet sie fast noch mehr als ein flinker Finger hin und wieder.«
    »Darf man das nicht?«
    »Natürlich, aber nicht jeden Tag. Es strengt an. Man muß einen bestimmten Tag festlegen. Ja, da kenne ich mich aus.«
    »Dann dürfen wir nicht mehr tanzen wie vorhin?«
    »Du bist stark, Mody.«
    »Dürfen wir also nicht?«
    »Ganz vorsichtig … He, nein, mehr, du mußt die ganze Suppe aufessen. Was sagte ich gerade? Ach ja, wirklich stark, was du für Dinger losläßt … Wie nennst du diese Büttel, wenn sie dich holen kommen? Die Herren! … ›Die Herren haben mich zu einer Unterredung unter Freunden gebeten.‹ Du gefällst mir, Mody, und jetzt, wo ich dich gefunden habe, will ich dich um nichts in der Welt wieder verlieren. Laß uns einen Pakt schließen. Du hast gesehen, daß ich mit Schwester Giuliana meinen Tonfall geändert habe, als ich kapierte, daß du recht hast, dann kannst du auch auf Nina hören, wenn sie recht hat … Da sind sie ja wieder, um dich zu einer Unterredung zu bitten. Als hätte ich sie gerufen! Los, runter damit, du mußt sie ganz aufessen.«
    »Wenn ich sie aufesse, küßt du mich dann, wenn ich zurück bin?«
    »Aber sicher, jedoch vorsichtig, wir dürfen uns nicht anstrengen.«
    Mit diesem Versprechen im Sinn schmerzen die Schreie der Herren nicht mehr in meinen Ohren, und die »Unterredung« wird von Tag zu Tag leichter. So leicht, daß sie manchmal erstaunt verstummen in ihren schmierigen, schlampig genähten Uniformen … Nun kehre ich nach blendendem Licht und Geschrei und plötzlicher Stille in das sichere Dunkel der Zelle zurück, strecke die Hände aus und weiß, in wenigen Sekunden finde ich zwei warme, geöffnete Arme und einen Busen, in den ich meinen Kopf vergraben kann und wo ich nicht mehr denken muß.
    »Hast du die Kissen gut unter die Decke gestopft?«
    »Ja, Nina, wie du es mir gezeigt hast.«
    Nina weiß alles: Meine Liege steht in Richtung zum Spion.
    »Können wir uns streicheln?«
    »Nein, lieg still und schlafe, wir müssen auf den Tag warten, an dem sie uns Ei bringen.«
    »Und bringen sie es morgen?«
    »Ich glaube nicht, laß mich nachdenken, vielleicht ist es übermorgen so weit. Nun mach und schlafe! Ich erkundige mich morgen …«
    »Können wir denn nicht eine Ausnahme machen? Ich habe große Lust, deinen Busen zu küssen.«
    »Ich habe nein gesagt! Schlaf jetzt, sonst werde ich böse.«
    Nina ist fürchterlich, wenn sie böse wird, und aus Furcht oder durch die Wärme ihrer Arme, die mich fest umschlungen halten, gleite ich in einen süßen, friedvollen Schlaf.

82
    Nina hebt sowohl ihren als auch meinen Zucker auf: »Die Brühe, die man hier Kaffee nennt, kann man ungesüßt trinken oder gleich in den Kübel schütten, sie ist eh nicht mehr als Spülwasser, während dieses kostbare weiße Pülverchen hier, unter ein Ei gemischt, dessen Nährwert um hundert Prozent steigert.« Tag für Tag wächst der Vorrat, den Nina zwischen Busen und BH birgt. Nur sie besitzt die

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