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Die uralte Metropole Bd. 4 - Somnia

Die uralte Metropole Bd. 4 - Somnia

Titel: Die uralte Metropole Bd. 4 - Somnia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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auch.«
    »Und?«
    »Sie schenkte einer Tochter das Leben. Sie taufte sie auf den Namen Scarlet.«
    Stille.
    Scarlet starrte mich an. »Das ist jetzt nicht Ihr Ernst.«
    »Doch, ist es.«
    Wir verließen den Bahnsteig, und als niemand hinschaute, da sprangen wir auf die Gleise.
    Keine Angst, der nächste Zug kommt erst in fünf Minuten , sagte Buster.
    Scarlet hörte ihm gar nicht richtig zu. »Sie wollen mir sagen, dass ich im Jahr 1898 geboren wurde?«
    »Sehen Sie nach unten. Wenn Sie auf die Stromschienen treten, dann müssen wir Sie für den Rest des Weges tragen.«
    Starker Strom , piepste Buster.
    »Schon okay«, antwortete Scarlet.
    Jake bildete die Nachhut.
    Und Scarlet wiederholte die Jahreszahl: »1898?« Ganz ungläubig.
    »Ich sage ja nur, dass jemand, der Rima Hawthorne hieß, im Jahre 1898 ein Mädchen zur Welt gebracht hat, das Scarlet genannt wurde.« Ich beobachtete sie und wiederholte den Namen des Kindes: »Scarlet Hawthorne.«

    »Sie sind doch verrückt.« Scarlet stand auf den Gleisen, irgendwo tief unter dem Central Park West, und sie fragte sich wohl, wie viel von alledem sie mir glauben konnte.
    »Miss Rima Hawthorne lebte mit ihrer kleinen Tochter in Greenwich. Sie gab die Cherry Lane als ihren Wohnort an.«
    Scarlet ging ein paar Schritte, blieb dann erneut stehen. »Das ist alles?«
    »Ja, das ist alles.«
    »Und was ist aus ihr geworden?«
    »Das weiß ich nicht.«
    »Und warum wissen Sie das nicht?«, fragte sie und fügte ein äußerst genervtes » Mistress « an.
    »Sie hat die Stadt irgendwann verlassen.«
    »Mit ihrer Tochter?« Beinah hätte sie »mit mir « gesagt.
    »Genau.«
    »Wann war das?«
    Jake drängelte: »Wir sollten weitergehen.«
    »Keine Ahnung, wann das war.«
    »Der Wind«, wies uns Jake auf den nahenden Zug hin.
    »Sie sind wirklich verrückt!«, stellte Scarlet fest und setzte sich wieder in Bewegung.
    »Na, da sind Sie nicht die Erste, die das behauptet.«
    Buster schnalzte mit der Zunge. Das ist wahr .
    Ich bedachte ihn mit einem tadelnden Blick.
    Schon gut, schon gut , murmelte er.
    Wir rannten über die Gleise, und dann erreichten wir endlich das Siding. Es befand sich in einem Nebentunnel. Kaum war auch Jake zu uns gestoßen, raste der Zug in den Bahnhof.
    »Sehen Sie mich doch an«, schrie Scarlet wütend über den Lärm hinweg. »Wie soll denn das möglich sein? Ich wäre über hundert Jahre alt.«

    »Es ist möglich, wenn du hier gelebt hast«, sagte Jake.
    »Wo?«
    »In der uralten Metropole von New York. Hier unten. Tief unter den Straßen von Manna-hata .«
    Der Zug kam irgendwo weiter hinten zum Stehen. Bremsen quietschten, und es roch nach Öl und Eisen. »Sie haben hier gelebt, Miss Scarlet. In New York. In der uralten Metropole dieser Stadt.«
    »Dummes Zeug!«
    »Ach, ist es das wirklich?«
    »Blödsinn«, stammelte sie.
    Jake Sawyer machte sich an einer Tür zu schaffen, die rostig und alt aussah und auf der ein rotgelbes Zeichen prangte, das vor Starkstrom warnte. »Die Zeit läuft langsamer, wenn man in der uralten Metropole lebt.« Jake drehte sich kurz zu ihr um. »Ich wurde im Jahr 1899 geboren, kurz vor Weihnachten.«
    »Dann bist du jünger als ich, Glückwunsch.«
    Er musste lachen.
    Scarlet machte auf dem Absatz kehrt. »Ich gehe!«, sagte sie entschlossen. Das alles war einfach zu viel.
    Jake reagierte blitzschnell, drehte sich um und packte sie am Handgelenk. »Das tust du nicht.« Er ließ sie wieder los. »Bitte.«
    »Sie können mir vertrauen, junge Miss Scarlet.«
    Sie sieht nur aus wie eine Hexe , sagte Buster.
    Ich kniff ihn unsanft ins Ohr, und er fiepte wütend.
    »Du kannst uns vertrauen«, sagte Jake.
    »Ach ja, kann ich das?« Sie wandte sich mir zu, noch immer zornig, aber auch verzweifelt und ratlos. »Ich soll Ihnen diese Geschichte abkaufen?«

    Ich nickte. »Ja, warum denn nicht? Wollte ich Sie belügen, dann hätte ich mir bestimmt etwas anderes einfallen lassen.«
    Scarlet schwieg.
    »Die Dinge sind nicht immer, was sie zu sein vorgeben«, gab ich zu bedenken.
    »Das sind doch nur Sprüche!«
    »Nein, keine Sprüche. Jene Menschen, die in der uralten Metropole leben oder sich oft in ihren Regionen aufhalten, sind nicht leicht aufzuspüren. Sie leben im Verborgenen, denn während sie sich in der uralten Metropole befinden, läuft die Zeit langsamer für sie ab.«
    Es gibt eine innere Zeit, der alle Lebewesen folgen müssen. Buster sprang von meiner Schulter auf Jakes Mantel. Sie hat nichts mit der äußeren Zeit zu

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