Die verborgene Botschaft: Roman (German Edition)
Figur für hunderttausend Dollar bekommen. Eigentlich sollte ich fünfhunderttausend verlangen.«
Akhun hatte währenddessen den Artikel überflogen. »Yakub, beruhige dich«, sagte er. »Hier steht, dass es eine ungewöhnlich hohe Summe ist. Außerdem war es eine legale Auktion. Du kannst nicht erwarten, dass auf dem Schwarzmarkt solche Preise gezahlt werden. Du bist zu gierig.«
Yakub sprang auf. »Ich beruhige mich nicht!«, schrie er. »Und ich bin auch nicht gierig. Ihr habt euch doch abgesprochen und wollt mich um mein Geld bescheißen!«
»Setz dich und hör auf, so herumzuschreien«, donnerte Akhun. »Wenn du deinen Fund verkaufen willst, hör lieber zu, was mein Partner dir anbietet, verdammt noch mal.«
Der Chinese tat, als hätte er Yakubs Ausbruch nicht bemerkt.
»Würden Sie mir bitte die Sachen zeigen, die Sie verkaufen wollen?«, fragte er ruhig.
Yakub stand immer noch vor den beiden. Seine Fäuste öffneten und schlossen sich.
»Was wollen Sie damit?«
»Da ich bisher nur Fotos gesehen habe, ist es wohl mehr als verständlich, dass ich mir alles ansehen möchte, oder?«, fragte der Chinese und streckte die Hand aus.
Yakub reichte ihm zögernd das Kästchen und setzte sich langsam wieder hin, ohne den Chinesen aus den Augen zu lassen. Argwöhnisch sah er zu, wie der Mann das Jadepferd mit einem Lineal vermaß und es mit einigen Fotos aus seiner Aktentasche verglich. Ganz besonders schien ihn die Bruchkante zu interessieren, immer und immer wieder strich er darüber, hielt das Lineal daran und führte sie dicht vor seine dicken Brillengläser. Als er fertig war, legte er das Kästchen vor sich auf den Teppich und sah Yakub mit gelangweilter Miene an.
»Ich kann Ihnen achttausend Dollar geben. Dinge wie diese werden mir zu Dutzenden angeboten, sie sind nicht viel wert.«
»Niemals! Ich glaube Ihnen kein Wort.«
»Zehntausend.«
Yakub hätte vor Wut heulen können. Hilfesuchend wandte er sich an Akhun.
»Es ist doch auch dein Geld. Zwanzig Prozent von hunderttausend Dollar sind, sind … sind …«
»Zwanzigtausend«, erwiderte Akhun trocken. »Du willst meine Meinung hören? Nimm das Geld und lass in Zukunft die Finger von Antiquitäten.«
»Also, was ist nun?«, fragte der Chinese ungeduldig. »Sind Sie einverstanden? Ich habe immerhin unser erstes Angebot verdoppelt.«
»Ich bin überhaupt nicht einverstanden«, keifte Yakub. »Ich will …« Er brach erschrocken ab. Im hinteren Teil des Raumes, der vom Licht der Glühbirne nicht erreicht wurde, lag ein großer Haufen Decken. Eine Gestalt löste sich plötzlich aus dem Schatten neben dem Deckenstapel und kam direkt auf ihn zu. Der Mann betrat den Lichtkreis und starrte Yakub böse an. Yakub lief es kalt den Rücken hinunter. Der Mann, ein Uighure mit sich über den Ohren kräuselnden, welligen Haaren, war sehr kräftig gebaut und strahlte eine Yakub nur zu vertraute Aggressivität aus.
»Wie lange willst du dir das Geschwätz dieses miesen Typen noch anhören, Wang?«, fragte der Mann den Dünnen. Dann sagte er zu Yakub: »Du solltest auf deinen Freund hören. Gib Ruhe.«
»Misch dich nicht ein, Turdi«, sagte der Dünne ärgerlich. »Wir sind kurz davor, uns zu einigen.«
»Ach ja? Dann ist es ja gut. Gib der ekligen Made ihre Kohle, und wir hauen ab.«
»Ich habe nicht genügend Geld bei mir«, sagte der Dünne, der Wang hieß.
Yakub hatte genug gehört. Er hatte es von vornherein geahnt: Der Chinese wollte ihn gar nicht bezahlen. Er griff nach dem Kästchen, sprang auf die Füße und rannte los. Der bullige Uighure reagierte als Erster. Mit einem Satz war er hinter Yakub und bekam seine Jacke zu fassen, bevor er aus der Tür flüchten konnte. Yakub wehrte sich verbissen. Es gelang ihm, sein Messer aus der Tasche zu ziehen, aber der andere war wesentlich kräftiger als er und rang es ihm aus der Hand, bevor er zustechen konnte.
Plötzlich schrie Yakub auf und taumelte von dem Mann weg, durch die Tür hinaus.
Es ging so schnell, dass Akhun und der Dünne erst begriffen, was sich abgespielt hatte, als die Dunkelheit Yakub bereits verschluckt hatte. Der breite Uighure stand im Raum und sah auf seine rechte Hand, in der er ein blutbeschmiertes Messer hielt.
»Turdi! Bist du wahnsinnig?«, brüllte sein Partner ihn an.
Der Kräftige sah verstört auf. »Es ist sein Messer. Ich habe gar keins …«
»Wo hast du ihn getroffen?«
»Ich weiß nicht.«
Akhun gab Turdi einen Stoß und eilte zur Tür. »Hinterher! Wir müssen ihn
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