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Die verborgenen Fruechte

Die verborgenen Fruechte

Titel: Die verborgenen Fruechte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaïs Nin
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Körper war gelockert, provokativ. Stets sah sie aus, als komme sie gerade aus dem Bett eines Liebhabers oder als wolle sie sich sogleich mit einem ins Bett begeben. Sie hatte Ringe unter den Augen und war von einer ungeheuren Rastlosigkeit, mit einer Energie geladen, die von ihrem ganzen Körper ausstrahlte, voll Ungeduld und offener Gier.
    Sie tat alles, um mich zu verführen. Besonders gern küßte sie mich auf den Mund. Sie saugte sich an meinem Mund fest, bis sie in Erregung geriet, dann löste sie sich wieder von mir. Wir frühstückten zusammen. Sie lag im Bett und zog das Bein an, so daß ich von meinem Platz am Fußende des Bettes aus ihr Geschlecht sehen konnte. Wenn sie sich ankleidete, ließ sie ihr Hemd fallen, tat, als hätte sie mich nicht kommen hören, und blieb einen Augenblick nackt dastehen, bevor sie sich bedeckte.
    Jedesmal, wenn Hans mich über Nacht besuchte, gab es eine Szene. Sie schlief im Zimmer über dem meinen. Wenn sie am nächsten Morgen erwachte, war sie ganz krank vor Eifersucht. Sie ließ sich von mir immer wieder auf den Mund küssen, bis wir beide heftig erregt waren; dann hörte sie auf. Sie liebte diese Küsse ohne Höhepunkte.
    Wir gingen zusammen aus, und ich bewunderte die Frau, die in dem kleinen Café sang.
    Lina betrank sich und war wütend auf mich. »Wenn ich ein Mann wäre, würde ich dich umbringen«, sagte sie.
    Ich wurde ärgerlich. Da weinte sie und bat: »Verlaß mich nicht. Wenn du mich verläßt, bin ich verloren.«
    Zugleich wetterte sie gegen die lesbische Liebe, behauptete, sie sei abstoßend, und wollte nichts anderes dulden als meine Küsse. Ihre Szenen ermüdeten mich.
    Als Hans sie sah, sagte er: »Der Haken bei Lina ist, sie ist ein Mann.« Ich nahm mir vor, das herauszufinden, ihren Widerstand irgendwie zu brechen. Ich war noch nie gut darin gewesen, Menschen zu überreden, die sich sträubten. Ich wollte, daß sie es sich wünschten, daß sie nachgaben.
    Wenn Hans und ich bei Nacht in meinem Schlafzimmer waren, scheuten wir uns, Geräusche zu machen, die sie möglicherweise hören konnte. Ich wollte ihr nicht wehtun, aber ich haßte ihre frustrierten Szenen und ihre Eifersucht.
    »Was willst du eigentlich, Lina? Was willst du?« »Ich will, daß du keine Liebhaber hast. Ich hasse es, dich in Gesellschaft von Männern zu sehen.«
    »Warum haßt du die Männer so sehr?«
    »Weil sie etwas haben, das ich nicht habe. Ich wünsche mir einen Penis, damit ich dich richtig lieben kann.«
    »Für Frauen gibt es andere Möglichkeiten.«
    »Aber das dulde ich nicht! Das dulde ich einfach nicht.«
    Dann, eines Tages, sagte ich: »Willst du nicht mitkommen, Michel besuchen? Ich möchte, daß du sein Zimmer mit den Souvenirs von seinen Forschungsreisen siehst.«
    »Bring sie mit«, hatte Michel zu mir gesagt. »Ich werde sie hypnotisieren. Du wirst schon sehen.«
    Sie war einverstanden. Wir stiegen zu seiner Wohnung hinauf. Er hatte Räucherwerk verbrannt, aber eines, das ich nicht kannte.
    Als Lina seine Wohnung sah, wurde sie ziemlich nervös. Die erotische Atmosphäre beunruhigte sie. Sie setzte sich auf die mit Pelz bedeckte Couch. Sie wirkte wie eine schöne Tigerin, eine, die einzufangen sich wohl lohnte. Ich merkte, daß Michel sie beherrschen wollte. Das Räucherwerk machte uns ein wenig benommen. Lina wollte das Fenster öffnen. Doch Michel kam herüber, setzte sich zwischen uns und begann sich mit ihr zu unterhalten.
    Seine Stimme war sanft und einschläfernd. Er erzählte von seinen Reisen. Ich sah, daß Lina zuhörte, daß sie sich beruhigt hatte und nicht mehr so hektisch rauchte, daß sie sich zurücklehnte und träumend seinen endlosen Geschichten nachsann. Ihre Augen waren halb geschlossen. Dann schlummerte sie ein.
    »Wie hast du das gemacht, Michel?« Ich selbst fühlte mich auch ziemlich schläfrig.
    Er lächelte. »Ich habe japanisches Räucherwerk verbrannt, das einschläfert. Ein Aphrodisiakum. Es ist harmlos.« Er lächelte spitzbübisch. Ich lachte.
    Lina schlief aber doch nicht ganz. Sie hatte ihre Beine übereinandergeschlagen. Michel stieg über sie und versuchte sie mit den Händen behutsam zu öffnen, aber sie blieben fest geschlossen. Daraufhin schob er sein Knie zwischen ihre Schenkel und teilte sie. Der Anblick von Lina, so nachgiebig und offen, erregte mich. Ich begann sie zu streicheln, zu entkleiden. Sie wußte zwar, was ich tat, aber sie genoß es. Ihr Mund lag auf dem meinen, als sie sich mit geschlossenen Augen von Michel und mir

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