Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Vergessene Welt

Die Vergessene Welt

Titel: Die Vergessene Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sir Arthur Conan Doyle
Vom Netzwerk:
Pfau, und Summerlee ist still
    geworden, aber immer noch skeptisch. Der nächste Tag wird
    wohl einige unserer Zweifel klären. Inzwischen will ich diesen
    Brief mit Jose zurückschicken. Er hat sich den Arm an
    zersplittertem Bambus verletzt und besteht darauf, umzukehren.
    Wir hoffen, daß er den Weg zurück findet.
    Ich füge dem Brief eine Kartenskizze bei, die den Weg zeigt,
    den unsere Expedition bisher genommen hat, seit wir den
    Amazonas verließen.
    #9
    Wer hätte das voraussehen können?
    §
    Etwas Schreckliches ist geschehen. Wer hätte das
    voraussehen können? Das Ende unserer Notlage ist nicht
    abzusehen. Wir sind möglicherweise dazu verurteilt, den Rest
    unseres Lebens an diesem seltsamen, unzugänglichen Ort zu
    verbringen. Ich bin noch dermaßen verwirrt, daß ich weder
    unsere gegenwärtige Situation noch unsere Aussichten für die
    Zukunft ganz überschauen kann. Meinen betäubten Sinnen
    erscheint beides äußerst gefährlich und schwarz wie die Nacht.
    Noch nie hat sich jemand in einer schlimmeren Lage
    befunden. Es wäre nutzlos, unsere genaue geografische
    Position anzugeben und unsere Freunde um Entsendung einer
    Rettungsexpedition zu bitten. Selbst wenn Hilfe käme, wäre
    aller menschlichen Voraussicht nach unser Schicksal schon
    lange vor ihrem Eintreffen besiegelt.
    Wir sind von menschlicher Hilfe ebenso weit entfernt, wie
    wenn wir uns auf dem Mond befänden. Sollte es uns vergönnt
    sein, durchzukommen, so kann uns das nur aus eigener Kraft
    gelingen. Ich habe drei hervorragende Männer als
    Leidensgenossen, Männer mit gesundem Verstand und
    unerschütterlichem Mut. Solange ich auf die zuversichtlichen
    Gesichter meiner Kameraden blicke, erhellt sich die Finsternis
    für mich etwas. Ich kann nur hoffen, daß ich äußerlich ebenso
    unbekümmert wirke wie sie. Insgeheim aber bin ich voller
    Furcht.
    Ich will jedoch die Ereignisse, die zu dieser Katastrophe
    geführt haben, der Reihe nach und in allen Einzelheiten
    erzählen. Mein letzter Brief schloß mit der Feststellung, daß wir
    sieben Meilen vor einer Linie rotbrauner Klippen lagerten,
    hinter denen zweifellos jenes Plateau liegt, von dem Professor
    Challenger erzählt hatte. Beim Näherkommen erschienen sie
    mir teilweise noch höher, als er angegeben hatte – einzelne
    Abschnitte ragten wenigstens tausend Fuß hoch auf, und waren
    auf eine sonderbare, meines Wissens für Basaltformationen
    charakteristische Art gestreift. Auf der Oberkante üppiger
    Pflanzenwuchs, mit Büschen dicht am Rande und vielen
    hohen Bäumen dahinter. Von Lebewesen war nichts zu sehen.
    An diesem Abend schlugen wir unser Lager unmittelbar
    am Fuß der Klippen auf – an einer wüsten und verlassenen
    Stelle. Die Felsen über uns stiegen nicht nur senkrecht auf,
    sondern hingen stellenweise sogar über, so daß an ein Klettern
    nicht zu denken war. Ganz in unserer Nähe stand eine hohe
    dünne Felsenzinne. Sie wirkte wie ein roter Kirchturm. Ihre
    Spitze lag mit dem Plateau auf gleicher Höhe. Dazwischen
    aber gähnte ein tiefer Abgrund. Auf ihrer Spitze stand ein hoher
    Baum. Sowohl der Turm als auch der vor uns liegende
    Abschnitt der Klippen war verhältnismäßig niedrig – nach
    meiner Schätzung allenfalls fünf- bis sechshundert Fuß.
    »Da droben«, sagte Professor Challenger und zeigte auf den
    Baum, »hockte der Pterodactylos. Ich bin den halben Felsen
    hinaufgeklettert, um ihn zu schießen. Es ist anzunehmen, daß
    ein guter Bergsteiger wie ich sich bis zur Spitze hinaufarbeiten
    kann. Damit käme er allerdings dem Plateau um keinen Schritt
    näher.«
    Als Challenger von seinem Pterodactylos sprach,
    beobachtete ich Professor Summerlee. Zum erstenmal glaubte
    ich, gewisse Anzeichen für eine aufkeimende Überzeugung und
    ein schlechtes Gewissen zu bemerken. Auf seinen dünnen
    Lippen fehlte das sonst ständig zur Schau getragene
    verächtliche Lächeln. Sein Gesicht war gespannt, erregt und
    erstaunt. Challenger merkte es natürlich sofort und kostete den
    Vorgeschmack seines Sieges voll aus.
    »Natürlich«, sagte er spöttisch, »Professor Summerlee weiß,
    daß ich einen Storch meine, wenn ich von einem Pterodactylos
    spreche. Aber diese Art Storch hat keine Federn, sondern eine
    lederartige Haut, membranartige Flügel und Zähne im
    Schnabel.« Er grinste, zwinkerte und verbeugte sich, bis
    Professor Summerlee sich umdrehte und davonstapfte.
    §
    Am nächsten Morgen, nach einem kärglichen Frühstück,
    das nur aus Kaffee und Maniok

Weitere Kostenlose Bücher