Die vergessenen Schwestern (Hackenholts erster Fall) (German Edition)
Fenster.
»Ja?«
»Frau Schwartz?«
»Ja.«
»Hackenholt von der Kripo Nürnberg«, wies sich der Hauptkommissar aus. »Wir möchten gerne mit Ihnen sprechen.«
Die Frau nickte, schloss das Fensterchen und öffnete die Tür.
»Kommen Sie, Sie wollen sicher zu meinem Mann. Ich gehe ihn holen.«
Berger sah sich neugierig im Wohnzimmer um, in das sie die Beamten führte. Die alte Stuckdecke begeisterte ihn. Hackenholt war eher enttäuscht von dem Zimmer. Nachdem er den gleichen Raum in Sophies Wohnung gesehen hatte, fand er den hier eher lieblos eingerichtet, aber das war Geschmackssache. Berger wäre von Sophies Wohnung sicher begeistert. Gerade als Hackenholt den Gedanken äußern wollte, betraten die Eheleute das Zimmer.
»Wir hatten schon am Wochenende versucht, Sie zu erreichen«, begann der Ermittler und ließ darin ein gewisses Maß an Vorwurf mitschwingen.
»Ja, da waren wir in Kassel. Unser Sohn hat uns erzählt, dass Sie nochmals hier waren. Aber ich weiß beim besten Willen nicht, was ich Ihnen noch sagen können soll.«
»Es hat sich herausgestellt, dass Herr Siebert ermordet wurde. Da gibt es immer viele Fragen, denen wir nachgehen müssen«, erklärte Hackenholt.
»Und ich dachte, dem Jungen geht mal wieder die Fantasie durch. Dominik hat nämlich erzählt, dass es ein Mord sein soll.«
»Es ist leider so. Daher würde mich interessieren, wie Sie mit Herrn Siebert auskamen. Er scheint kein einfacher Mensch gewesen zu sein.«
»Wieso? Wir hatten nie Probleme mit ihm«, sagte Frau Schwartz erstaunt.
Ihr Mann stimmte zu. »Er war immer freundlich, nett und ist auch öfters zu mir heraufgekommen, wenn er Fragen wegen der Hausverwaltung hatte.«
»Sie hatten also keinen Ärger mit ihm? Es gab nie Anlass, sich über ihn zu beschweren?«, formulierte Hackenholt seine Worte vorsichtig.
»Nein, gar nicht. Wissen Sie, wenn, dann hatte er sicher viel mehr Grund, sich über uns aufzuregen. Wir haben drei Söhne. Die sind alle hier aufgewachsen und haben Peter auf dem Kopf herumgetrampelt. Bei uns ist es immer laut, da können wir nicht erwarten, dass alle anderen mucksmäuschenstill sind.«
»Ihr Sohn hat erwähnt, dass Sie sich um die Hausordnung kümmern.«
»Ja«, bestätigte Frau Schwartz verdutzt. »Ich habe einen Hausservice beauftragt, der die Hausordnung für uns erledigt.«
»Wo bewahren Sie denn das Putzzeug auf, das für das Treppenhaus nötig ist?«, hakte Hackenholt nach.
»Im Keller. Dort gibt es eine gemeinsame Waschküche, auch wenn die kaum jemand nutzt. In einer Ecke steht ein Regal, auf dem alles aufbewahrt wird. Brauchen wir etwas Neues, klingelt der Putzmann und sagt es mir. Ich besorge es und stelle es ihm in den Keller.«
»Kaufen Sie auch manchmal Schmierseife?«, bohrte Hackenholt nach.
»Nein, Gott bewahre! Das ist doch antiquiert, das hat meine Mutter gemacht, heute gibt es viel modernere Mittel.«
Bei Sophie Rhom verließ Hackenholt das Glück: In ihrer Wohnung blieb es auf sein Klingeln still. Kurzerhand zog er eine seiner Visitenkarten aus der Tasche und kritzelte ein paar Worte und seine private Telefonnummer auf die Rückseite, bevor er sie unter ihrer Tür hindurchschob.
Danach versuchten es die beiden Beamten ebenso erfolglos in der Nachbarstraße bei Frau Damps, mit dem kleinen Unterschied, dass Hackenholt dort keine Nachricht hinterließ.
Als Berger Hackenholts Auto auf dem Präsidiumsparkplatz parkte, stieg Wünnenberg gerade in einen Dienstwagen.
»Ich fahr mal schnell zur Taxizentrale. Es gibt mehrere Taxis, die Freitagnacht in Rehhof waren und dort jemanden abgeholt haben. Das will ich genauer überprüfen. Außerdem meinte die Telefonistin, dass ich vielleicht sogar gleich mit zwei der Fahrer sprechen kann, da sie auch jetzt wieder im Dienst sind.«
Zurück in seinem Zimmer begann Hackenholt die Berichte zu lesen, die während seiner Abwesenheit auf seinem Schreibtisch gelandet waren. Nach einer Stunde holte er sich eine Tasse Kaffee.
Aus einem Impuls heraus rief er bei Monika Damps an. Diesmal meldete sich eine Kinderstimme. Hackenholt war überrascht – ein Kind hatte bislang niemand erwähnt. Als er bat, Frau Damps sprechen zu dürfen, wurde der Telefonhörer geräuschvoll auf eine harte Unterlage gelegt, und trampelnde Kinderschritte rannten vom Telefon weg. Hackenholt überlegte schon, ob das Mädchen wohl seine Nachricht weitergegeben oder einfach ihr Interesse am Telefon verloren hatte und er bis in alle Ewigkeiten warten konnte, als
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