Die verrückteste Nacht meines Lebens (German Edition)
hätte was hier vergessen, aber scheinbar hab ich das nicht.« Aktion abbrechen! Aktion abbrechen! Höchste Zeit, von hier zu verschwinden!
Marissa und ich machen jetzt beide einen Rückzieher Richtung Fenster und nicken wie wild, als würde das, was wir da labern, auf diese Weise wahrer werden. Tylers kleiner Bruder (zumindest nehme ich an, dass er das ist, es sei denn, es gibt einen anderen Grund, weshalb Tyler mit einem Siebenjährigen zusammen unter einem Dach lebt) beobachtet uns einfach nur.
Ich begegne Marissas Blick, und mir wird klar, dass wir beide dasselbe denken – nichts wie weg hier, um alles andere können wir uns später Gedanken machen. Es ist egal, dass wir das Notizheft noch nicht haben, jetzt zählt einzig und allein, dass wir hier rauskommen, ohne erwischt zu werden.
»Also, äh, wir sehen uns, Kumpel«, meint Marissa. Sie setzt einen Fuß auf den Stuhl und will hochklettern, doch leider hat sie nicht genügend Kraft in den Oberarmen. Deshalb schafft sie es nicht, sich zum Fenster hochzuziehen. Cooper hat wohl nicht berücksichtigt, dass wir Mädchen sind und dass ich seit … sagen wir mal … Ewigkeiten nichts gehoben habe, während seine dämlichen Footballfreunde vermutlich jeden Tag Gewichte stemmen.
»Lass mich mal versuchen«, sage ich, nachdem Marissa es sechsmal vergeblich versucht hat, sich aufs Fensterbrett hochzustemmen. Tylers kleiner Bruder steht immer noch da und starrt uns an.
Aber bei mir ist es nicht anders. Ich komme nicht hoch.
»Ich versuch mal, dich hochzuheben«, schlage ich vor. »Und wenn du erst mal draußen bist, kannst du mich hochziehen.«
»Oooh, gute Idee«, meint sie. Ich packe sie um die Hüfte und hebe mit aller Kraft. Marissa zieht sich am Fensterbrett hoch, und einen Augenblick sieht es so aus, als würde sie es schaffen und hier rauskommen. Tja, klar, wir haben das Heft nicht, doch wenigstens sieht es eine Sekunde so aus, als wären wir entkommen.
Dann aber holt Tylers kleiner Bruder tief Luft und fängt an zu schreien wie am Spieß.
Tylers Mom ist die Erste, die den Keller erreicht, und als sie uns entdeckt, rastet sie total aus.
»Cal!«, kreischt sie. »Cal, hier im Keller sind EINBRECHER !« Sie schnappt sich einen Besen, der an der Wand lehnt, und fast sieht es so aus, als würde sie damit auf uns losgehen. Doch dann scheint sie es sich anders zu überlegen und steht einfach nur da, fuchtelt damit herum und sieht total Furcht einflößend aus. Sie ist total aufgebrezelt, im schwarzen Cocktailkleid und in Highheels, daher wirkt die ganze Szene irgendwie ziemlich skurril. Wenn die Lage nicht so ernst wäre, meine ich.
»Oh nein«, erkläre ich, »wir sind keine Einbrecher. Ich meine, klar, wir sind in Ihr Haus eingedrungen, aber wir sind keine … Ich meine, wir wollen nichts mitgehen lassen oder so.« Das ist gelogen, aber irgendwie auch wieder nicht. Wir wollen nichts mitgehen lassen, was nicht uns gehört, aber irgendetwas sagt mir, dass diese Frau das nicht wirklich verstehen würde. »Wir sind mit Tyler befreundet, und er meinte, wir könnten durch das Fenster hier einsteigen.«
»Tyler würde nie etwas Derartiges sagen!« Mrs Twill macht den Eindruck, als könne sie nicht glauben, wie ich überhaupt auf die Idee komme, etwas so Abwegiges zu behaupten. Das beweist ja mal, wie gut sie ihren eigenen Sohn kennt. »Und vor allem nicht, wo er doch weiß, dass wir die McIntyres zum Abendessen eingeladen haben.« Sie zerrt Tylers Bruder zu sich. »Ihr Mädchen habt vermutlich Edward geweckt! Sein Zimmer befindet sich direkt über dem Keller!«
»Ich will meinen Wooby!«, brüllt Edward.
»Aber sicher, mein Liebling«, meint Mrs Twill. Sie streicht sein Haar glatt, dann sieht sie sich im Keller um. »Da ist er ja, da drüben auf dem Sofa.« Edward flitzt los und schnappt sich den Teddy, der auf der Couch liegt, dann vergräbt er sein Gesicht wieder im Rock seiner Mutter.
»Egal«, meint Marissa. »Tyler meinte jedenfalls, wir könnten hier durchs Fenster rein. Er hat gesagt, wir sollen reinklettern und hier auf ihn warten.« Sie zuckt mit der Schulter und macht ganz große, unschuldige Augen. Mir gefällt die Richtung, die sie einschlägt, auch wenn mir ihr Ton nicht gerade zusagt (irgendwie zickig, was ich für die falsche Taktik halte, weil mir nämlich jetzt schon klar ist, dass Mrs Twill eine von diesen Müttern ist, die es nicht für möglich halten, dass ihr Kind je etwas falsch machen könnte).
»Das stimmt«, pflichte ich ihr jetzt
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