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Die Verschworenen

Die Verschworenen

Titel: Die Verschworenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Poznanski
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Sinn ergibt.
    Aber ich beherrsche mich, warte, bis ich Aureljo und diesmal auch Dantorian auf der Pilzbank treffe.
    Nachdem ich ihnen von den Ereignissen im Sentinel-Quartier und der Tafel mit den durchgestrichenen Namen erzählt habe, ziehe ich vorsichtig den Zettel aus der Hosentasche. »Was denkt ihr? Das Dokument trug den Stempel der Präsidentschaftskanzlei, Irrtum ausgeschlossen. Können wir daraus etwas ableiten? Ein rotes Dossier zur Sphäre Neumünster, und dann haben wir immerhin ein paar Schlüsselworte: Dringlichkeit, Alter, Person. Das eine Wortfragment könnte Rücksicht bedeuten.« Ich muss aufpassen, sonst spreche ich zu laut in meinem Eifer. »Rücksicht auf persönliche … Interessen?«
    Sehr vorsichtig streicht Aureljo das Neupapier glatt, um es nicht zu zerreißen. »Du weißt aber nicht, ob es das gleiche Dossier war wie beim letzten Mal?«
    »Nein.«
    »-jekt ist die zweite Hälfte des Wortes Projekt, vermute ich.« Dantorians Zeigefinger schwebt über der betreffenden Stelle.
    »Glaube ich auch.« In meinem Kopf beginnt ein Plan Formen anzunehmen. Er ist entweder sehr gut oder sehr dumm, eher Letzteres. Er wird mich wahrscheinlich meine Stelle im Bringdienst kosten, wenn nicht viel, viel mehr. Ich ziehe dieses Vorhaben überhaupt nur deswegen in Betracht, weil ich schon zweimal unerkannt bei den Exekutoren serviert habe. Das heißt, sie haben mich geistig bereits als das Mädchen mit dem Tablett abgespeichert und werden nicht mehr überlegen, ob sie mich aus einem anderen Zusammenhang kennen könnten.
    »Wenn sie wieder nach dem Bringdienst schicken«, beginne ich meine Gedanken auszuformulieren, »und das Dossier oder andere Dokumente auf dem Tisch liegen, dann werde ich stolpern. Zumindest ein Getränk wird sich über die Aufzeichnungen ergießen. Sie sind nicht auf Neupapier, sondern auf teurem Papier verfasst, also sollten sie es überleben.«
    Aureljo will mich unterbrechen, aber ich stoppe ihn mit einem schnellen Kopfschütteln. »Dann werde ich mich tausendmal entschuldigen, schluchzen und gleichzeitig versuchen, die Papiere mit meinem Lappen zu säubern.«
    »Und sie dabei lesen«, sagt Dantorian. »Das ist ziemlich gut.«
    »Das ist Irrsinn.« Ich sehe Aureljo an, dass er seine ganze Beherrschung braucht, um weiterhin mit gedämpfter Stimme zu sprechen. »Sie werden dich beseitigen wie Ungeziefer, wenn auch nur der geringste Verdacht besteht, dass du ein Geheimdokument zu Gesicht bekommen hast. Du bist eine simple Arbeiterin, du bist ersetzbar und niemand wird dich groß vermissen, wenn du verschwindest.«
    Damit hat er natürlich recht. Es ist ein Drahtseilakt – es darf auf keinen Fall so wirken, als würde ich die Dokumente näher betrachten. Die Aktion wird mein ganzes Können erfordern, meine ganze Verstellungskunst. Und dann ist immer noch eine große Portion Glück vonnöten. Trotzdem schätze ich meine Chancen nicht schlecht ein. Ich habe schon einmal etwas verschüttet, sie werden mich einfach für eine dumme Kuh halten.
    Zudem rechne ich damit, dass sich der silberhaarige Sentinel für mich einsetzen wird. Gut möglich, dass ich mich täusche.
    »Wir sind hier, um zu erfahren, was hinter den Kulissen abläuft. Information ist der Schlüssel, das hast du selbst gesagt, Aureljo. Die Chancen, an sie heranzukommen, warten nicht gerade an jeder Ecke, also sollte ich diese eine, die sich bietet, ergreifen.«
    »Nein.« Aureljo nimmt mich bei den Schultern. »Ich arbeite daran, in die Sentinel-Ausbildung versetzt zu werden. Wenn es erst einmal so weit ist, bin ich ständig in Kuppel 3c und werde zwangsläufig viel mehr mitbekommen als bisher.« Er legt seine Stirn gegen meine. »Lass es uns auf diese Weise machen.«
    Wer weiß, wie viel Zeit bis dahin vergeht. Ob es überhaupt so weit kommt.
    Ich bringe ein paar Zentimeter Abstand zwischen Aureljo und mich, denn durch die Vertrautheit der Geste rückt die Erinnerung an Sandor wieder näher an mich heran, als mir lieb ist.
    »Du hast das aus dem Gedächtnis aufgeschrieben?«, wirft Dantorian ein.
    »Ja«, erwidere ich, froh über den Themenwechsel.
    »Es könnten also Fehler drin sein? Ungenauigkeiten?«
    Diese Frage habe ich mir während des Abenddienstes auch immer wieder gestellt.
    »Möglich«, antworte ich zögernd. »Ich hatte nicht viel Zeit, mir alles einzuprägen, aber wenn mir Fehler unterlaufen sind, dann sind es kleine.«
    Dantorian murmelt etwas, das wie »Habe ich befürchtet« klingt. Er blickt zu Boden, knetet

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