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Die Verschworenen

Die Verschworenen

Titel: Die Verschworenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Poznanski
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gewidmet wie mir, aber immerhin bezeichnet er Tycho als technisches Genie und Wunderkind. Bei Dantorian sprechen die abgedruckten Bilder für sich. Meine Güte, ist der Mann begabt. Sein Porträtfoto ist das kleinste – damit ist auch die Gefahr, erkannt zu werden, für ihn am geringsten.
    Ich lösche die beiden Beiträge aus Albinas Aktivitätsprotokoll und aus dem Netzkern, bevor ich mir den nächsten vornehme. Der nichts Neues bringt, sondern nur noch mal die beiden vorherigen wiederkäut.
    Das muss die Phase allgemeiner Ratlosigkeit gewesen sein. Man fand uns nicht, weder tot noch lebendig. Niemand wusste, wie lange die Suche dauern würde. Es galt, Zeit zu schinden.
    Der darauffolgende Artikel beschäftigt sich mit den toten Sentineln und den Waffen, durch die sie getötet wurden. Der Anblick ruft eine direkte körperliche Reaktion bei mir hervor, mein Mund wird trocken, mein Herz schlägt schneller. Die Klinge, die Keule, beides haben die Exekutoren auch gegen mich gerichtet.
    Ein sehr effektvoller Bericht, wenn man Angst und Hass auf die Prims schüren will, gleichzeitig aber ein gravierender Fehler. Die abgebildeten Waffen sind die Originalwaffen und als solche werden sie auch bezeichnet. Hat sich niemand in den Sphären darüber gewundert, dass die mörderischen Clanleute dieses kostbare Gut in der Magnetbahn haben liegen lassen? Oder sollte suggeriert werden, dass die Mörder selbst bereits den sie jagenden Sentineln zum Opfer gefallen sind? Wenn ja, wird es nirgendwo ausdrücklich erwähnt.
    Einen Tag später dann, in großen Lettern:
    Sie sind tot!
    Was allgemein befürchtet wurde, ist nun eingetreten: Die sechs Studenten, die vor vier Tagen von der Borwin-Akademie aufgebrochen sind, um dem Präsidenten vorgestellt zu werden, sind einer heimtückischen Attacke von Außenbewohnern zum Opfer gefallen. Ihre Leichen wurden drei Kilometer westlich der Stelle gefunden, wo der Überfall stattgefunden hatte.
    An der Akademie wurde die Nachricht mit großer Erschütterung aufgenommen: »Es ist eine schwere Stunde für uns alle«, so Rektor Gorgias. »Aureljo, Eleria, Fleming, Tomma, Tycho und Dantorian wurden für diese Reise ausgewählt, weil sie Außergewöhnliches geleistet haben, jeder auf seinem Gebiet. Der Verlust trifft nicht nur die hart, die sie persönlich gekannt haben. Es ist ein Verlust für den gesamten Sphärenbund, der sechs seiner größten Talente beraubt wurde.«
    Als mein Salvator noch funktionierte und gelegentlich anonyme Nachrichten empfing, war das eine davon: Ihr seid tot. Heute haben wir euch begraben. Aber sie suchen trotzdem weiter .
    Wie lange, das ist die Frage.
    Ich schließe den Artikel, lösche die Spuren und öffne den nächsten Beitrag zu dem Thema.
    Sie haben Morus interviewt, Kepson, Renolph … und Grauko. Vier der angesehensten Mentoren der Akademie.
    Ich verliere mich in dem Bild von Graukos vertrautem Gesicht, das mir ernst vom Display des Terminals entgegenblickt. Die braunen Augen, der kurz geschnittene dunkle Bart, durch den sich erste graue Spuren ziehen …
    Es darf niemand hereinkommen, nicht jetzt, ich würde es nicht übers Herz bringen, den Artikel zu schließen, bevor ich ihn gelesen habe.
    Während Morus vor allem Aureljo und Fleming seine Reverenz erweist, Kepson Tycho in bewegenden Worten lobt und Renolph besonders Dantorian und Tomma hervorhebt, spricht Grauko fast nur über mich.
    »Ria war die beste Studentin, die ich jemals hatte. Sie hat mich bei jeder unserer gemeinsamen Lektionen beeindruckt und ich war immer überzeugt davon, dass sie imstande sein würde, selbst noch dem Tod ihr Leben abzuhandeln. Wie es aussieht, ist sie an diesem Meisterstück letztlich gescheitert. Ria, wo immer du auch bist, meine Gedanken begleiten dich, folgen deinen Spuren. Die, die dich auf dem Gewissen haben, werden eines Tages dafür zahlen, egal, wie sicher sie sich jetzt noch fühlen, in ihren Schlupflöchern. Unsere Trauer ist unermesslich, aber noch größer ist unsere Wut.«
    Ich lese den Absatz dreimal. Beim ersten Mal erschreckt mich der Pathos, vor dem Graukos Worte förmlich überquellen, und ich bin überzeugt davon, dass der Schreiber ihn falsch zitiert hat. Beim zweiten Mal wird mir klar, dass es sich um Tarnung handelt: Wo immer du auch bist, meine Gedanken begleiten dich, folgen deinen Spuren .
    Er spricht mich direkt an. Zieht zumindest die Möglichkeit in Betracht, dass ich diesen Artikel irgendwann zu lesen bekomme. Dann soll ich wissen, dass er nicht an

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