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Die Verschworenen

Die Verschworenen

Titel: Die Verschworenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Poznanski
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Andris’ Vene.
    Ich halte seine Hand, bis er eingeschlafen ist.

35
    Die restliche Nacht verläuft ruhig, innerlich vibriere ich jedoch vor Aufregung. War auf dem Zettel von Todesopfern die Rede? Habe ich eine Chance, das herauszufinden?
    Und Andris … Wie viel Zeit bleibt mir, bis sie ihn fortbringen oder töten?
    Meine Güte, es wäre überhaupt kein Aufwand, es müsste nur einer der Ärzte der Infusion statt Narcovac ein stark dosiertes Gift beifügen. Niemanden würde interessieren, was mit dem großen Prim passiert ist. Und ich würde es erst erfahren, wenn es zu spät wäre.
    Ich wecke Behrsen zwanzig Minuten vor unserer Ablöse, so war es vereinbart. Dass er mich einspannt, um nicht auf seine Nachtruhe verzichten zu müssen, sollen die beiden anderen Kontrolleure nicht wissen, das ist mir klar, ohne dass er es extra erwähnen muss.
    Er schickt mich fort und drückt mir dabei einen Essensgutschein für die Vitro-Kantine in die Hand.
    Albina sitzt mit rot geäderten Augen vor ihrem Terminal und blickt kaum auf, als ich das Dienstzimmer betrete.
    »Und? Hat er gut ausgeschlafen, der Herr?«
    »Ja. War eine ruhige Nacht.«
    »Na, wie schön.« Der Sarkasmus trieft förmlich aus ihren Worten. »Hier nicht so sehr. Wir hatten einen Neuzugang mit Magenblutungen und einen Fieberschub bei der Biologin mit der Rücken-OP.«
    »Das tut mir leid.«
    »Du kannst ja nichts dafür.« Albina lehnt sich seufzend zurück. »Wenn Osler heute nicht pünktlich ist, darf er sich etwas von mir anhören.« Sie gähnt und steckt mich prompt damit an.
    Zehn Minuten noch bis zum Schichtwechsel. Gleich gehe ich in mein Quartier und lege mich schlafen, mein Körper schreit förmlich danach, aber vorher würde ich zu gerne Sphäre Neumünster zur Sprache bringen.
    Ich weiß nur nicht, wie. Es gibt keine Möglichkeit, es unauffällig oder nebenbei zu tun – also muss ich es auf die direkte Art versuchen. Und mich dabei ein wenig dümmer stellen, als Albina es von Sindra gewohnt ist.
    »Gab es eigentlich in letzter Zeit irgendeine größere Katastrophe?« Ich verleihe meiner Stimme einen beiläufigen Ton und strecke mich.
    »Ja, das Essen in der Kantine gestern.« Albina kichert, wird aber sofort wieder ernst. »Tut mir leid. Ich weiß, was ihr bekommt, ist noch schlimmer.«
    »Da hast du recht, aber diese Art Katastrophe meine ich gar nicht. Eher etwas mit Hunderten Toten, Verletzten, viel Blut. Ich frage nur, weil ich gestern einen Gesprächsfetzen aufgeschnappt habe, da ging es um ein solches Ereignis. Glaube ich jedenfalls.«
    Albina denkt kurz nach und zuckt mit den Schultern. »Vielleicht irgendeine uralte Geschichte. In den letzten Jahren war da nichts, das hätten wir doch mitgekriegt.«
    »Ja.« Ich schaue verschämt zu Boden. »Weißt du, ich verfolge die Nachrichten oft wochenlang nicht, ich verpasse manchmal die unglaublichsten Dinge.«
    »Das kannst du ändern.« Sie steht auf, stützt sich mit beiden Händen auf dem Schreibtisch ab und sieht mich eindringlich an. »Dir hat niemand erklärt, wie wichtig es ist, zu wissen, was in der Welt passiert. Aber glaub mir, es betrifft dich auch. Du darfst immer gern mein Terminal benutzen, außer ich brauche es gerade selbst.« Albinas Blick wandert an mir vorbei zur Tür, durch die Osler schon längst aufgetaucht sein sollte. »Die Gemeinschaftsterminals sind eine Zumutung, die würde ich auch nicht anfassen wollen.«
    Mit einem Seufzen lässt sie sich auf ihren Stuhl zurücksinken. »Na los. Geh. Wenigstens eine von uns sollte pünktlich abhauen dürfen.«
    Ich nehme ihr Angebot strahlend an und stoße am Ausgang des Medpoints mit Osler zusammen, der es überhaupt nicht eilig hat. Wir grüßen einander freundlich, aber ich bin nicht bei der Sache.
    Albina weiß von nichts, hat von nichts gehört.
    Keine Überlebenden hat klar und unmissverständlich auf dem Blatt gestanden.
    Kann natürlich auch sein, dass dabei von einem Clan die Rede war.
    Ich habe nicht einmal mehr die Kraft, meine Sachen auszuziehen, sondern streife nur die Schuhe von den Füßen, ziehe das Häubchen vom Kopf und lasse mich auf mein Bett fallen. Der nahende Schlaf umhüllt meine Gedanken, durchmischt sie, versetzt sie mit sonderbaren Bildern, bevor er sie auslöscht.
    Als ich wieder aufwache, ist es Nachmittag. Mein Nacken schmerzt und ich brauche dringend eine Dusche, vielleicht mache ich anschließend einen schnellen Abstecher zum Medpoint. Ich möchte mich vergewissern, dass Andris noch hier ist.
    Mein

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