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Die Verschworenen

Die Verschworenen

Titel: Die Verschworenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Poznanski
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erkenne ich allein daran, wie sich das Papier anfühlt.
    An einem Tag wie heute habe ich nicht mit einem Fund gerechnet, ich war nicht auf der Jagd, sondern nur auf der Suche nach Beschäftigung. Umso heftiger schlägt jetzt mein Herz. Auch wenn es Unsinn ist, kann ich das Gefühl nicht abschütteln, dass ich gleich auf etwas Entscheidendes stoßen werde. Sonst wäre dieses Blatt mir nicht ausgerechnet heute in die Hände gefallen.
    Umso enttäuschter bin ich nach dem Lesen des Eintrags. Jordan scheint beim Schreiben in einer ähnlichen Stimmung gewesen zu sein wie ich gerade. Unentschlossen und aufgewühlt. Hauptsächlich macht er sich Sorgen um einen seiner Freunde.
    Oder um seinen Sohn?
    Ich habe Dhalion mehrfach untersucht und es scheint alles mit ihm in Ordnung zu sein. Kaum zu glauben. Trotzdem werde ich nächste Woche die Tests wiederholen, ich will keinesfalls das Risiko eingehen, ihn zu verlieren. Auch Chendar hat gestern einen Blick auf ihn geworfen und war ebenfalls zufrieden. »Bin ich froh, dass wir die ganze Ausrüstung nicht umsonst mitgeschleppt haben«, meinte er. Dann schnappte er sich einen Totenschädel und nahm ihn mit in seine Kammer. Chendar liebt Symbole.
    Ich bin unsagbar erleichtert, obwohl ich natürlich weiß, dass ich jetzt vor schweren Entscheidungen stehe. Manchmal wünschte ich, Dhalion könnte sie selbst treffen – was für ein unsinniger Gedanke!
    Eben wäre mir fast der Stift aus der Hand gefallen. Ich bin entsetzlich müde, aber gleichzeitig widerstrebt es mir, Dhalion allein zu wissen. Ihn und seinen freundlichen Bruder, den ich ebenfalls nicht zurücklassen konnte. Ich wache über beide, voll Sorge und Angst; das werde ich mein restliches Leben lang tun. Heute wird meine Schlafstatt der Boden in diesem Raum sein.
    Die Totenwächter besitzen Felle, die sie uns im Austausch gegen schmerzstillende Medikamente und Desinfektionsmittel überlassen haben. Zusammen mit der Thermoausrüstung, die wir mitgebracht haben, lässt sich daraus ein erträgliches Lager bauen. Trotzdem träume ich jede Nacht von unserem Zuhause: Ich stehe in einer der vertrauten Kuppeln und ich fühle die Wärme und bin glücklich, geborgen, in Sicherheit. Beim Aufwachen trifft mich die Verzweiflung unmittelbar nach der Kälte und den Schmerzen, die eine unweigerliche Folge des harten Liegens sind.
    Dann wünsche ich mir alles zurück, was ich aufgegeben habe. Ich verfluche mich für meine Entscheidung und würde jeden Preis dafür zahlen, unwissend zu sein. So wie Dhalion, der kein Gut und kein Böse kennt; der einfach ist, was er ist.
    Immerhin sind diesmal alle Sätze vollständig. Ich drehe das Blatt wieder um und beginne, noch einmal alles von vorne zu lesen. Diesmal finde ich das Geschriebene doch nicht so uninteressant.
    Ich kann Jordans Gefühle ganz und gar nachvollziehen. Er wünscht sich in die Wärme der Sphären zurück, er träumt von ihnen und hasst die Kälte. Er sorgt sich um diesen Dhalion, der weder Gut noch Böse kennt … Vermutlich wirklich ein Kind, ein sehr kleines. Oder ein Tier. Und sein Bruder, den er freundlich nennt, also ist Dhalion wohl kein angenehmer Umgang.
    Chendar stiehlt einen Totenkopf. Beim Lesen habe ich sofort die Katakomben vor Augen, Tommas Grabstätte, wo die Schädel in Stapeln liegen. Haben die Flüchtlinge aus den Sphären dort ihren Unterschlupf gefunden?
    Noch ein Wort sticht aus dem Text hervor: Ausrüstung. Hört sich an, als handle es sich dabei um medizinische Gerätschaften, mit denen sie Dhalion versorgen.
    In meinem Kopf formt sich eine Geschichte, eine mögliche Erklärung. Es passiert immer wieder, dass Vitros lange, liebevolle Partnerschaften eingehen, und gelegentlich kommt es dabei zu natürlichen Schwangerschaften. Das kann zu Problemen führen, vor allem, wenn die Eltern nicht bereit sind, das Kind einer Ziehmutter zu überlassen. Damit schmälern sie nicht nur die Chancen ihres Nachwuchses, sondern auch die eigenen – sie können ja ihren Verpflichtungen den Sphären gegenüber nicht mehr so intensiv nachkommen, wie es von ihnen gefordert wird. Sind die Eltern sehr hoch qualifiziert und bekleiden sie wichtige Posten, wird man ihnen nicht erlauben, das Kind selbst großzuziehen.
    Ist es das, was Jordan beschreibt? Ist Dhalion sein Sohn, für den er die Privilegien der Sphären geopfert hat? Aber warum ist dann nie von einer Mutter die Rede? Und wieso verflucht Jordan seine Entscheidung und wünscht sich, unwissend zu sein? Unwissend in welcher

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