Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition)
auf das Leben, das ich als Janyns Frau führen würde?
»War die Königinmutter freundlich und nett?«
Gwen kicherte. »Oh nein, Mistress. Das würde ich nicht sagen. Aber sie war einst Queen, und ihr Vater war König von Frankreich, da brauch sie nicht tun, was anderen, sondern nur, was ihr gefällt.«
»Hat Master Janyn auch noch andere hochgestellte Leute zu Gast?«
»Keine so hoch wie die Königinmutter, Mistress Alice.«
Ich verfiel in Schweigen, während sie mich fertig ankleidete. Sie achtete darauf, mein Haar genau so zu frisieren, wie Nan es getan hatte, nahm es nach hinten aus dem Gesicht und ließ es offen über meinen Rücken hinabfallen. Bei dem Gedanken an Nan verspürte ich einen schmerzhaften Stich und fragte mich, was sie, Mary und Will wohl gerade taten.
Ich sollte schon bald erkennen, dass die Bedenken über mein beharrliches Aushorchen von Gwen nur allzu begründet waren.
Ich traf Großmutter in ihrem Zimmer an, umgeben von
einem Sortiment an Stoffen, dessen Umfang eher an Vaters Kellerlager erinnerte. Ihr eigenes Kleid an diesem Morgen war aus heller, gemusterter Wolle, um die Taille mit hübschen Perlen besetzt und mit lang geschnittenen Ärmeln, und es schien mir überaus passend für einen Tag, an dem die Garderobe ihrer Enkelin zusammengestellt werden sollte. Allerdings hatte ich sie bislang auch selten in so schlichten Gewändern gesehen, wie ich sie an gewöhnlichen Tagen trug.
Sie bemerkte, wie ich sie und all den um sie herum liegenden Putz betrachtete, und verzog das Gesicht, indem sie die Nase rümpfte und die Lippen spitzte. »Verwerflich, ich weiß«, sagte sie. »Ich sammle Dinge, die mir gefallen, und hebe sie auf, bis ich den richtigen Gebrauch für sie finde. Mein Gewissen besänftige ich mit dem Gedanken, dass dies alles nach meinem Tod den Bedürftigen in der Gemeinde zukommen wird.«
»Dann dürften wir aber elegante Bettler auf den Straßen haben«, sagte ich.
Erschrocken stieß Großmutter einen kurzen Schrei aus, bevor sie in schallendes Gelächter ausbrach, von dem ich prompt angesteckt wurde. Wir lachten beide so heftig, dass uns die Tränen aus den Augen traten. Es war ein freudiger Beginn.
Nachdem wir uns einige hübsche Stoffe angesehen hatten, die sie für Alltagskleider schicklich fand, zeigte sie mir einen höchst edlen Brokatstoff in einem hellroten Ton.
»Womöglich ist er zu edel für die Frau eines Kaufmanns«, sagte sie. »Ich habe auf jeden Fall noch keine angemessene Gelegenheit gefunden, zu der ich ihn selbst hätte tragen können.«
Mir gefielen Muster und Farbe, auch dass er weich und anschmiegsam, aber zugleich so fest war. Dame Agnes hielt
ihn mir an und erklärte, wie gut der Ton meine gesunde Gesichtsfarbe hervorhob.
»Die Kleider, die aus den Sachen deiner Mutter geschneidert wurden, waren hübsch, aber dein Teint unterscheidet sich so stark von Margerys, dass die Farben, die zu ihr passen, für dich nicht kräftig genug sind. Diese hier passt zu dir.«
Ich lächelte und knickste höflich.
»Einer Königin angemessen«, murmelte sie.
»Oder einem Essen mit der Königinmutter?«, schlug ich vor.
Sie wirkte amüsiert. »Ich wusste gar nicht, dass du eine solche Träumerin bist, Alice. Lady Isabella? Wann solltest du denn wohl mit ihr speisen?«
»Gwen sagte …« Ich biss mir auf die Lippe. »Könnte etwas so Edles denn für mein Hochzeitsfest angemessen sein?«
Aber Großmutter war nicht so leicht abzulenken. »Was hat Gwen dir sonst noch über das Leben ins Janyns Haus erzählt?«
»Sie hat nicht getratscht, Dame Agnes. In Wahrheit hat sie gesagt, sie dürfe nicht über die Gäste ihres Herrn sprechen. Aber ich bestand darauf, dass sie mir mehr von dem Leben im Haus erzählte, damit ich mich besser auf meine Rolle als Dame des Hauses vorbereiten kann.«
Dame Agnes stieß einen Seufzer aus und nickte. »Es stimmt schon, dass du wissen musst, was von dir erwartet wird, Alice. Aber eine Dienstmagd hat diskret zu sein. Man muss ihr vertrauen können, dass sie andernorts nicht über das spricht, was im eigenen Haus geschieht. Janyn wäre nicht sehr erfreut zu erfahren, dass sie einen Gast erwähnt hat, über dessen Besuch er offenbar Stillschweigen bewahren wollte.«
»Wusstet Ihr denn auch nicht, dass die Königinmutter bei ihm zu Gast war?«
Meine Großmutter schüttelte ihren Kopf, und ich sah ihre Augen einen rätselhaften Ausdruck annehmen, einen Ausdruck von Besorgnis an der Grenze zu Angst.
»Seid Ihr der Königinmutter schon
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