Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition)
gerade zu Boden stürzte. Ich wies das Gesinde an, ihm eine kleine Kammer herzurichten und dafür Sorge zu tragen, dass er morgens, wenn meine Töchter zum Frühstück kamen, darin lag und nicht etwa irgendwo auf dem Boden der Halle.
Ich lernte, William eben lange genug zuzuhören, um zu wissen, wann ich zustimmen oder widersprechen, wann ich nicken und wann den Kopf schütteln musste.
Im Frühherbst zogen wir auf das Landgut Crofton in Wiltshire, angeblich um Williams Verwandte zu besuchen, die einen Tagesritt entfernt Grundbesitz hatten. Seine Eltern waren beide schon lange tot, aber Cousins, Geschwister und deren Kinder lebten dort noch. Sein Neffe John Wyndsor, der William einstmals zu beerben gehofft hatte und der in seinem derzeitigen Testament noch immer als Erbe eingesetzt war, machte auf mich den Eindruck eines ungehobelten Rüpels, aber Williams Schwester war eine liebenswürdige Frau, mit der ich mich angeregt über Kinder unterhielt.
Die Familie war entrüstet über unsere Hochzeit gewesen. Ich spürte, wie sie mich heimlich musterten, dieses ruchlose Weib, über das sie so gerne mehr schockierende Einzelheiten
erfahren hätten. Wie unerhört von einem solch angesehenen Mannsbild, das King Edward und dem Duke of Lancaster so wacker und edel gedient hatte, sich mit einer Kaufmannstochter zu begnügen, die drei Bastarde in die Ehe einbrachte, auch wenn einer davon als Ritter mit einer Percy verheiratet war. In Wirklichkeit wagten sie natürlich nicht, so etwas in meinem Beisein zu sagen, aber meine Schwiegertochter Mary achtete darauf, mich alles wissen zu lassen, was sie durch ihr Lauschen hinter Wandschirmen und angelehnten Türen aufschnappte.
Mary war viel zu selbstverliebt und womöglich auch zu jung, um zu erkennen, wie ich sie dazu veranlasste, mir zu wiederholen, was sie als verletzende Bemerkungen begriff. Sie kam meinen Aufforderungen jedenfalls mit dem größten Vergnügen nach, und ich war froh zu erfahren, wie die Fronten verliefen. Ich musste so viel wie möglich über William wissen, um mich vor ihm schützen zu können. In der Öffentlichkeit bewahrte ich eine taktvolle Haltung ihm gegenüber, und an den zunehmend seltener werdenden Abenden, da er nicht maßlos dem Branntwein zusprach, bemühte ich mich, ihm auch unter vier Augen höflich zu begegnen.
Meine Anstrengungen verliefen jedoch nur selten wirklich erfolgreich, was in mir die Frage wachrief, ob er vielleicht ebenso unglücklich war wie ich. Eines Abends wagte ich, ihn darauf anzusprechen. Mir ließ die Hoffnung, er könnte eine Mätresse haben, mit der er lieber zusammenwohnen würde, einfach keine Ruhe.
»Unglücklich mit dir, Weib? Welchen Grund sollte ich dafür haben? Nur weil du mich vor den Augen des Duke of Lancaster und der Mutter unseres Königs beleidigt hast? Nur weil du all meine Gunstbekundungen abgewiesen hast, bis dir keine andere Wahl mehr blieb? Nur weil du noch immer unsere Besitzungen als deine bezeichnest oder noch
schlimmer als die deines ersten Ehemanns, diesen lombardischen Schmuggler?«
Und all dies an einem Abend, an dem er – wie ich glaubte – wenig getrunken hatte.
»Warum bleibst du dann noch?«
»Um dich zu quälen.«
Es war also ein Machtspiel, bei dem er mich gegen sich aufbringen und meine Unterwerfung erzwingen wollte. Bestürzt begriff ich, wie sehr dies der Wahrheit entsprechen mochte und dass er sich in diesem Fall wohl kaum im Guten von mir trennen würde.
Ungeachtet der Feindseligkeiten zwischen uns löste William im Oktober vor dem neu zusammengetretenen Parlament sein Versprechen ein und begann, sich um eine Rückgabe meiner beschlagnahmten Besitzungen zu bemühen. Seinem Antrag zufolge war ich bereits seine Frau gewesen, als ich im Vorjahr als femme sole unter Anklage gestellt wurde, weshalb es sich bei meinem beschlagnahmten Eigentum eigentlich um sein beschlagnahmtes Eigentum handelte, das ihm, da gegen ihn keine Beschuldigungen vorgelegen hatten, unrechtmäßig entzogen worden war. Damit würden zugleich viele der von Einzelpersonen gegen mich gemachten Eingaben null und nichtig, denn sie benannten stets nur mich, nicht aber meinen Ehemann. Es war ein juristischer Winkelzug, von dem wir hofften, er würde sich zu unseren Gunsten auswirken.
Mir graute vor allen Nachrichten über das Verfahren, da ich mit diesem Lebensabschnitt ebenso gerne abschließen wollte wie mit William selbst. Ich hatte das Gefühl, ein Fluch lastete auf mir. Dennoch war es mir wichtig, über den
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