Die Wahrheit des Alligators
Schuld.« Als er ging, bemerkte Benjamino: »Der dritte Mann, der mit dem Wehwehchen an der Nase, das war sicher Bepi Baldan. Kennst du die anderen?«
»Ja, die unzertrennlichen Alfredo und Ugo Caruso. Sie kontrollieren die Gegend um die Piazza Mazzini: Drogen und Prostitution. Sie befehligen eine veneto-kampanische Bande, die mit der Camorra zusammenhängt. Sie sind auch Informanten erster Güte, aufs engste mit einem Carabinieri-Marschall aus der Quästur verbandelt. Wenn sie sich höchstpersönlich in Bewegung gesetzt haben, heißt das, daß die Angelegenheit für sie sehr wichtig ist.«
»Weißt du, wo wir sie finden können?«
»Sicher, üblicherweise halten sie sich in einer Bar an der Piazza Mazzini auf. Das ist ihr Büro.«
»Gehen wir also, ich zeig dir, wie man einen Bandenkrieg eröffnet.«
Unkenntlich unter den großen Sturzhelmen, gelang es uns, völlig unbemerkt an der Bar Jamaicana vorbeizukommen. Benjamino fuhr die japanische Maschine, als wäre er damit auf die Welt gekommen. Dann wendete er und machte unter den Lauben auf der gegenüberliegenden Seite des Platzes halt.
»Hast du sie gesehen?«
»Ja, auch Bepi Baldan ist da. Sie sitzen an einem Tisch im Freien und essen Eis.«
»Ruf jetzt in der Bar an und verlang nach dem Dealer. Und dann fragst du ihn, warum sie dich suchen.«
»So beginnt ihr Gangster also eure Kriege, mit einem Anruf. Ich dachte, mit einer netten Schießerei …«
»Marco, tu, was ich dir sage, und mach keinen Zirkus«, befahl er autoritär.
Ich holte das Handy aus der Jackentasche. »Wer ist da?«
»Schmeckt das Eis, Bepi?«
»Du bist’s, Alligator, seit gestern suche ich dich … die Carusos suchen Magagnin. Sie wollen ihn an die Bullen ausliefern, weil sie sagen, diese Geschichte hat zu viel Staub aufgewirbelt, die Geschäfte leiden darunter. sie sind zu Marietto Carraro gegangen und haben ihn gefragt, ob er was wüßte, aber der war vollgepumpt wie ein Autoreifen und hat sie zum Teufel gejagt. Sie haben ihn in den Wagen gepackt und ihn ordentlich in die Mangel genommen. Jetzt liegt er im Krankenhaus. jedenfalls hat er meinen Namen genannt, und da sind die bei mir zu Hause aufgekreuzt. Ich habe sie in das Haus in Abano gebracht, aber das war leer. ich mußte von deinem Besuch erzählen. sag das deinem verrückten Freund. das sind Viecher, weißt du. jetzt lassen sie mich nicht eine Minute aus den Augen, weil ich euch kenne. warum lieferst du ihnen Magagnin nicht aus, so könnten wir alle in Ruhe wieder zu unseren Geschäften zurückkehren?«
»Vergiß nicht Luft zu holen«, unterbrach ich ihn, »du redest zu viel, und ich kann dir nicht folgen. Wiederhol noch mal alles ganz von vorne.«
Ich gab das Handy an Rossini weiter, damit auch er die Neuigkeiten hören konnte. Ich entfernte mich etwas und lehnte mich an eine Säule; ich war außer mir vor Wut, weil sie Marietto verprügelt hatten, einen armen Junkie, der nie irgendwem was zuleide getan hatte.
Ich fühlte, wie die Wut in mir hochstieg, ich ging zurück und riß meinem Freund das Handy aus der Hand. »Gib mir einen dieser zwei Ärsche.«
»Sofort, Alligator. Seid brav … und einigt euch …«
»Mach schon!« brüllte ich.
Nach ein paar Sekunden hörte ich eine schleimige und zugleich arrogante Stimme. »Herr Alligator, welches Vergnügen.«
»Bist du Dick oder Doof?« fragte ich. »Ich kenne keinen von beiden.«
»Offensichtlich doof also. Mit wem spreche ich, Alfredo oder Ugo?«
»Für Sie immer noch Herr Ugo Caruso.«
»Du bist bloß ein Stück Scheiße, ein erpresserischer Mistkerl.«
»Kommen Sie doch her und sagen Sie mir das persönlich.«
»Die Gelegenheit dazu wird sich bestimmt ergeben. Es war überhaupt nicht nötig, Marietto krankenhausreif zu schlagen.«
»Oh, der Herr Alligator hat ein weiches Herz«, frotzelte er. »Sich so aufzuregen wegen einem Junkie, der sowieso am Ende ist …«
»Was willst du?«
»Ein freundschaftliches Gespräch. Auch mit Magagnin und seinem Mailänder Freund.«
»Warum?«
»Wir müssen die Sache mit Magagnin lösen. Er muß sich stellen. Mit euren Geschichten zieht ihr die Aufmerksamkeit der Journalisten auf Padua. Die Geschäfte liegen lahm, ihr stört eine Menge rechtschaffener Leute.«
»Sonst noch was?«
»Nur das.«
»Erklär mir doch bitte, warum ich dir kein bißchen glaube.«
»Weil Sie mißtrauisch sind, Herr Alligator. Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort.«
»Ugo?«
»Ja?«
»Dein Ehrenwort kannst du dir in den Arsch stecken«, und damit
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