Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Wahrheit des Blutes

Die Wahrheit des Blutes

Titel: Die Wahrheit des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
Vom Netzwerk:
aber war das möglich? Nun, in Wahrheit war es gar nicht so schwierig. Trotz seiner Erfahrung mit Verbrechen aller Art hatte Passan sich immer geweigert, spezielle Sicherheitsschlösser, Panzertüren und eine Alarmanlage einzubauen. Sein Aberglaube wog für ihn stärker: »Wer das Unglück fürchtet, zieht es erst an.«
    Eine ziemlich dämliche Maxime, doch er konnte sich nicht davon lösen.
    Naoko war das genaue Gegenteil. Von geradezu krankhafter Ängstlichkeit besessen, überprüfte sie jedes Schloss mindestens dreimal, warf ständig furchtsame Blicke über ihre Schulter und drückte in einer Menschenmenge ihre Handtasche fest an sich. Trotzdem hatte sie nie eine ernsthafte Sicherungsmaßnahme zum Schutz der Villa durchsetzen können.
    Jeden Abend überprüfte sie, ob alles abgeschlossen war. Hätte jemand die Schlösser aufgebrochen, hätte sie es mit Sicherheit bemerkt. Ein weiteres Rätsel war Diego. Das Maskottchen des Hauses war zwar nicht gerade der geborene Wachhund, aber nie hätte er einen Fremden in Shinjis und Hirokis Zimmer gelassen, ohne zu bellen.
    Passan versuchte sich das Profil des Eindringlings vorzustellen. Er musste ein gewiefter Einbrecher sein, ein echter Profi. Alle Namen, die ihm einfielen, wurden schnell von einem einzigen hinweggefegt. Patrick Guillard.
    Tief in ihm verfestigte sich die Überzeugung, dass der Geburtshelfer in sein Haus eingedrungen war. Möglicherweise war das eine Warnung: Wenn Passan ihn nicht in Ruhe ließ, würde er andere Saiten aufziehen.
    Er erreichte die Rue des Trois-Fontanot. Nein, die These war nicht haltbar. Niemals hätte Guillard ein derartiges Risiko auf sich genommen. Für ihn war es doch viel einfacher, das verkannte Opfer zu spielen und ansonsten die Mühlen des Gesetzes mahlen zu lassen. Warum sollte er seinen Status als unschuldiger Märtyrer gefährden?
    Eine Liste meiner Feinde aufstellen. Typen, die er weichgekocht hatte, die aber noch nicht verhaftet worden waren. Verurteilte Verbrecher, die er hinter Gitter gebracht hatte und die ihre Strafe abgesessen hatten. Kriminelle, die dank seiner Mithilfe noch im Gefängnis schmorten, aber draußen Komplizen hatten.
    Oder war es doch Guillard gewesen?
    Ein äußerst zwiespältiges Gefühl keimte in ihm auf. Einerseits machte ihm die Vorstellung Angst, man könne seinen Söhnen auch nur ein Härchen krümmen, gleichzeitig aber empfand er eine düstere Befriedigung: Endlich wagte sich dieser Mistkerl aus der Reserve!
    Passan parkte ein und schaltete den Motor ab. Er war wohl verrückt, oder? Konnte es sein, dass ihm sein Status als Polizist wichtiger war als seine Kinder? Trotz der Bedrohung, die über seiner Familie hing, verspürte er die erregte Anspannung eines Kriegers. Guillard war dabei, den Fehler zu begehen, auf den Passan seit Monaten wartete.
    Während er seinen Wagen abschloss, wurde ihm klar, dass er in Wahrheit in der Klemme saß. Er hätte in seiner Villa nachforschen, Einbruchspuren und Fingerabdrücke sichern und die Nachbarschaft befragen müssen, doch nichts davon konnte er tun. Allenfalls hätte er Naoko die Situation erklären können, aber das kam nicht infrage.
    Passan ging zum Aufzug. Der Eindringling hatte bestimmt Vorsichtsmaßnahmen ergriffen und keine Spuren hinterlassen. Im Augenblick blieb Passan nichts anderes übrig, als vorzubeugen und die Zielgruppe rund um die Uhr zu überwachen. Seine eigene Familie.

23
    »Ich will, dass in meinem Viertel Tag und Nacht Streife gefahren wird. Vor meine Haustür muss ein Überwachungsfahrzeug. Ein paar Jungs sollen sich rund um die Uhr an Guillards Rockzipfel heften. Ein Zivilfahrzeug soll am Ende der Sackgasse postiert werden, wo er wohnt. Wir beordern Streifen vor jede seiner Werkstätten. Dauerbeschattung. Wenn der Kerl auch nur hustet, muss mein Handy klingeln.«
    Passan rannte im Sturmschritt den Flur entlang, Fifi folgte eher zögernd.
    »Wir haben nicht die nötigen Mittel, Olive, und das weißt du.«
    »Ich rufe den Richter an.«
    »Nicht nötig. Guillard wird schon überwacht.«
    Passan blieb abrupt stehen.
    »Von wem?«
    »Vom Interventionsteam. Albuy und Malençon.«
    Passan kannte die beiden. Harte Burschen, die wussten, was bei einem Einsatz gefragt war und die man öfter in Kevlarweste und Helm als in Zivil antraf.
    »Wer hat den Auftrag gegeben? Levy?«
    »Nein, Calvini.« Fifi grinste so breit, dass man all seine gelben Zähne sah. »Der Mann ist pfiffiger, als du denkst. Und er braucht deine Ausraster nicht, um Guillard im

Weitere Kostenlose Bücher