Die Wahrheit über Marie - Roman
Chauffeur der Limousine über Maries Mobiltelefon – er hatte Marie in der Limousine angerufen, ihr Telefon hatte in der Handtasche geklingelt, im Dunkeln hatte sie die Stimme Jean-Christophe de G.s gehört, seine präzise, ruhige, befehlsgewohnte Stimme, die sie aufforderte, dem Chauffeur seine Anweisungen weiterzugeben, und Marie erfüllte peinlich genau den Auftrag, das Telefon am Ohr, lauschte sie aufmerksam den Instruktionen und wiederholte sie dann auf Englisch für ihren Chauffeur –, sodass die drei Fahrzeuge auf gleicher Höhe frontal auf das Pferd zufuhren, um ihm jede Fluchtmöglichkeit zu versperren. Jean-Christophe de G. organisierte die Verfolgung vom Beifahrersitz des Minibusses aus, er bestimmte die genauen Abstände zwischen den Fahrzeugen, berechnete den Fluchtweg und gab geringfügige Richtungswechsel vor, er befahl, die Scheinwerfer immer direkt auf das Pferd gerichtet zu halten, damit es spürte, dass es von einer beweglichen, blendenden, furchteinflößenden und unüberwindlichen Linie von Lichtern verfolgt wurde, wie von einer Linie aus Feuer. Sie waren gerade in Begriff, zu ihm aufzuschließen, als das Pferd vor ihren Augen eine abrupte Drehung um 180 Grad vollführte und sich sein Körper wie ein Kreisel auf dem dunklen Asphalt des Rollfelds in einem Wirbel aus Muskeln und spritzenden Regentropfen drehte und dann, übergangslos, auf die Fahrzeuge zugaloppierte, direkt in die Scheinwerfer hinein, mit irren, wilden Augen, voller Wahn, mit fliegender Mähne, voller Schweiß und Schlammspritzer. Es galoppierte auf die Autos zu, steigerte auf dem Rollfeld des Narita Airports noch sein Tempo, als wollte es Anlauf nehmen und das Hindernis der in einer Reihe auf es zurasenden Wagen überspringen, als wollte es von der Erde abheben, um in den Himmel hinaufzufliegen, wie ein geflügelter Pegasus in der Finsternis zu verschwinden und sich mit Blitz und Donner zu vereinen. Kaum hatte er die plötzliche Kehrtwendung gesehen, hatte Jean-Christophe de G. auch schon die Gefahr erkannt und sofort den anderen Wagen den Befehl gegeben, laut zu hupen, alle zusammen, er hatte die Anweisung gegeben, weiter auf es zuzufahren und dabei zu hupen. So rasten sie aufeinander los, das Pferd galoppierte auf die Autos zu, im Versuch, die bewegliche Linie vor ihm zu durchbrechen, und die Autos fuhren mit hohem Tempo dem Pferd entgegen, um es zu erschrecken und es zu zwingen, den Rückzug anzutreten. Diese Kraftprobe wurde in letzter Sekunde durch die Autos und ihr schauerliches Hupkonzert gewonnen, durch ihr dreifach vereintes alarmierendes Geheule, das sich wie eine Frontlinie in der Nacht nach vorne schob, denn das Pferd hielt inne, blieb mit einem Schlag stehen, rutschte auf der nassen Piste weiter, geriet vor den Autos ins Straucheln, fing sich wieder, riss voller Panik und verzweifelt zur Seite aus, galoppierte pfeilgerade bis zum äußersten Ende des Geländes, wo es durch den doppelten Sicherheitszaun des Narita Airports aufgehalten wurde. Es lief einige Meter am Zaun entlang, verfolgt von den Lichtern der Scheinwerfer, die immer näher kamen, wurde dann langsamer, fiel in Trott, blieb unentschlossen vor dem hohen Zaun stehen, hinter dem sich ein Busparkplatz der JAL erstreckte, wie man im Halbdunkel erahnen konnte. Immer wieder zerrissen Blitze den Himmel und warfen flüchtiges weißes Licht auf die Dächer der orange-weißen Autobusse, die jenseits der Absperrung Seite an Seite aufgereiht waren. Die Verfolger hatten sich mit ihren Wagen etwa dreißig Meter von ihm entfernt in einem Halbkreis um das Pferd aufgestellt, es von allen Seiten eingekreist, die Scheinwerfer immer auf seine reglose Gestalt gerichtet. Die Türen öffneten sich, und die Männer stiegen aus. Ungeachtet des strömenden Regens setzten sie ihre Verfolgung zu Fuß fort, gingen direkt auf das Pferd zu, einer der Hilfskräfte hatte sich gebückt und warf alles, was er am Boden finden konnte, in seine Richtung, Steine, Split, Dreckstückchen, um es gegen die Barriere zurückzudrängen, es auf Distanz zu halten oder auch nur, um die eigene Angst zu bannen, bis Jean-Christophe de G. den Befehl gab, damit aufzuhören. Er gab jedem den Befehl, innezuhalten, still zu sein, sich nicht mehr zu bewegen. Keine Bewegung mehr, nicht mal eine Handbewegung. Das Pferd stand reglos an den Zaun gedrängt, ohne Möglichkeit zu fliehen, sich abzusetzen, und beobachtete sie, schnaufend, außer Atem, seine Flanken hoben und senkten sich bei jedem Atemzug.
Da ging
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