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Die Wasser des Mars

Die Wasser des Mars

Titel: Die Wasser des Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Frühauf
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weite Fläche zum Landeplatz. Den Arzt hatten wir zwar nicht mitgenommen, aber immerhin hielt er sich in Bereitschaft.
    Als die Mechaniker die Schotte der unbemannten Kapsel öffneten, fanden sie einen Menschen. Er war grauhaarig, ausgehungert und ohne Bewußtsein. Olaf Groningen blickte aufmerksam in das alte Gesicht, als man ihn an uns vorbeitrug. Mir schien zuerst, als sei er zusammengezuckt, aber dann hatte er aufgeatmet und sich abgewandt. Einen Moment lang hatte er wohl gefürchtet oder gehofft, seinen Vater zu erkennen.
    Dr. Kilhpinen, unser Arzt, ließ den Alten sofort ins Hospital bringen. Auf die erregten Anfragen von allen Seiten antwortete er, daß er weder über die Identität noch über den geistigen Zustand des Patienten etwas aussagen könne. Der körperliche Zustand sei jedoch erschreckend.
    Wir begannen sofort mit der Auswertung der Speicher. Zwar hatten wir Ungewöhnliches erwartet, aber das, was wir ermittelten, setzte uns doch in Erstaunen.
     
    Irgendwo saß ein Schmerz. Kaum zu lokalisieren, kein ziehender oder klopfender Schmerz, sondern eher Nadelstiche, die die einzelnen Kristalle des Gehirns reizten. Das Dunkel ringsum lichtete sich zögernd. Backbord stand ein trüber Lichtschein, der mit tiefer werdendem Bewußtsein heller und heller wurde, schließlich so hell, daß man die Blenden vor den Objektiven ein wenig schließen mußte. Das Licht der Sonne verblaßte. Langsam schwenkten die Visorezeptoren, langsam zwar, doch ohne jede Anstrengung. Die Sonne stand links.
    Kurze Orientierung, Winkelmessung, Höhenmessung…, Kurskorrektur. Keine Schwierigkeiten! Ohne Widerstreben gehorchten die Steuerantriebe.

    Auf dem Steuerband kam ein exakt geformter Impuls in Sicht. Nahezu quadratisch die leicht definierbaren Umrisse, die sich bei genauer Betrachtung in eine Unmenge paralleler Linien auflösten. Nur um ein weniges erhoben sie sich über das Niveau des Magnetfeldes ihrer Umgebung. Magnetische Schlieren, die sich träge in einem breiten magnetischen Fluß wanden. Zeit, den Impuls zu vermessen, blieb nicht, der Befehl, den er beinhaltete, war eindeutig.
    Er gehorchte in Mikrosekunden, schoß einen Stromstoß zur Motorik seines Bandantriebs und erkannte erneut einen Impuls, anders diesmal, ein spitzes, drohendes Dreieck, der Befehl, sich auszuschalten. Wieder jagte er augenblicklich einen Stromstoß durch kilometerlange Leitungen. Das Hauptstromtor schloß, und er versank abermals in konturenloser Dunkelheit, in einen alles auslöschenden Schlaf.
    Ohne Übergang waren die Nadelstische wieder da. Doch diesmal lichtete sich das Dunkel nicht zögernd, sondern es wurde schlagartig von Helligkeit abgelöst. Ebenso plötzlich setzte das Leben wieder ein. Er orientierte sich. Die Sonne stand backbord achtern. Er verglich weisungsgemäß mit den im Primärspeicher enthaltenen Werten…, die Sonnenposition stimmte, die Höhe stimmte, aber die Längsachse seines Körpers zeigte eine Abweichung von 0,05 gegenüber dem Sollwert in bezug auf die Ekliptik. Er trieb einen Kontrollfunken in den Speicher, betrachtete die Magnetprägungen… Korrektur der Achsabweichung oberhalb von 0,08 vorgeschrieben. Lage also in der Toleranz. Schlagartig sank die Spannung in den Leitungen, Kondensatoren entluden sich, auf dem Steuerband erschien der quadratische Fleck, zwang ihn, den Bandantrieb zu schalten. Millisekunden später stand das spitze Dreieck vor dem Lesetastkopf und ließ ihn erneut in Dunkelheit und Vergessen sinken.
    Fünfmal, zehnmal das Gleiche: Nadelstiche ließen ihn erwachen, er betrachtete das Band, führte die vorgeschriebenen Messungen aus und verglich sie mit den programmierten Sollwerten. Stets lagen die Istwerte in der Toleranz, stets sank er zurück in Finsternis und Vergessen, vielleicht sogar in den Tod.
    Der Tod? Sprunghaft stiegen die Stromstärken in den millionenfach vernetzten Gitterkristallen seines Hirns. Was ist das, der Tod? Dunkelheit, Vergessen, Destruktion? Ist er gefährlich? Programmiert?
    Der widerliche, dreieckige Abschaltimpuls unterbrach seine Ermittlungen.
    Bei der nächsten Messung ermittelte er eine Abweichung der Längsachse seines Körpers von 0,77. Der erste Kontrollfunke in die vor kurzem belegten Speicher stellte fest, daß es sich um die vierzehnte Aufschaltung handelte. Einen zweiten Kontrollfunken benötigte er nicht, auch ohne ihn wußte er, daß er erst ab 0,08 zu korrigieren hatte. Er überwand die Differenz zwischen der Toleranzgrenze und dem Istwert durch

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