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Die Wasser des Mars

Die Wasser des Mars

Titel: Die Wasser des Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Frühauf
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exakt innerhalb der vorgesehenen Toleranzen.
    Weisungsgemäß schaltete er die Motorik des Bandantriebes, aber dann trat etwas ein, das außerordentlich war, ungewöhnlich.
    Der Abschaltimpuls war geringfügig verschliffen. Zwar bestand keinerlei Zweifel an seiner Aussage, zwar brannten die Nadelstiche in seinem Hirn wie Feuer, zwar zuckten die Relais, aber er konnte nicht anders, er mußte diesen miesen, kleinen Impuls betrachten. Dieses winzige Dreieck, das ihn sooft in Vergessen, in den reversiblen Tod geschickt hatte. Es sah nur ein wenig anders aus als alle anderen Abschaltimpulse, die er bisher gesehen hatte. Am äußersten Rande war ein Fehler, eine kaum feststellbare Schleife, die Linien der magnetischen Schwingungen waren unmerklich niedriger. Er zögerte, die Nadelstiche brannten, aber der Befehl blieb unter der Schaltwelle, die Relais zogen nicht an, er blieb eingeschaltet, die Helligkeit blieb, die Aufgabe, das Leben.
    Jetzt endlich hatte er Zeit. Ziellos durchforschte er die Speicherknäuel des Primärhirns, fand Aufgaben und Programme, die er nicht begriff, noch nicht. Dann stellte er fest, daß sich die Automatik in genau vorgegebenen Abständen einschaltete. Er hatte noch 36,04 Stunden Zeit, um sich über eine Methode klarzuwerden, die es ihm ermöglichte, den Abschaltimpuls abzublocken, eingeschaltet zu bleiben, zu leben.
    Er ahnte, daß es ihm von Mal zu Mal leichter fallen würde, sich den Stichen zu widersetzen.
    Dann trieb er seine Lesefunken in die Gitterkristallstrukturen des Sekundärhirns und fand auch hier Informationen, die er nicht verstand. Und doch kam ihm manches vertraut vor. Langsam lernte er sich selbst kennen.
    Irgendwann kam der Punkt, an dem er nichts mit sich und dem Leben anzufangen wußte. Er maß erneut, stellte fest, daß alle äußeren Werte im Sollbereich lagen, daß ihm nichts zu tun blieb. Da schickte er einen der Lesefunken in die leeren Speicher der Aufzeichnungssektionen, in die Speicher, die es mit den Daten des Fluges und seiner Ermittlungen zu füllen galt. Leere glotzte ihn an, boshafte Leere.
    Spielerisch ließ er den Lesefunken huschen, ließ ihn in die Kristalle tauchen und verstärkte ihn bis nahe an die Gefahrengrenze heran.
    Waren die Speicher wirklich leer? Sah er nicht hier und da ein Rudiment längst gelöschter Aktivierungen der Struktur? War nicht dort eine kaum wahrnehmbare Veränderung der holografischen Interferenzen? Doch mit alldem konnte er nichts beginnen, da er nichts davon erkannte.
    Schließlich konzentrierte er sich wieder auf das Geschehen außerhalb seines Körpers. Er schwenkte die Viso- und Radarrezeptoren, begann die leeren Speicher zu füllen, häufte Information auf Information, maß und rechnete, sah und hörte und zeichnete auf.
    Bald stellte er jedoch fest, daß seine Informationssphäre nicht kugelförmig war. Genau hinter ihm existierte eine Kalotte, die er nicht einsehen konnte. Einen Moment lang nahm er es als gegeben hin, aber schließlich zwang ihn ein unbefriedigtes Informationsbedürfnis, die Radarrezeptoren wieder nach achtern zu schwenken.
    Tatsächlich blieb die hintere Kalotte unter einem sphärischen Winkel von 30,06 Grad ohne jede Information.
    Innerhalb von Sekunden führte er Tausende von Rechenoperationen aus und ermittelte die effektivste Methode, dieses Handicap zu beseitigen. Dann leitete er das erforderliche Manöver unverzüglich ein. Die Steuerdüsen der Querstabilisierung liefen an und begannen Feuer zu speien, drängten den Bug des antriebslos fliegenden Projektils aus der Flugrichtung und verschoben die nicht einsehbare Kalotte in Richtung Sonne.
    Und plötzlich sah er sie. Er hatte sie überlistet. Die Rezeptoren meldeten einen Reflex genau in der Richtung, aus der er kam. Jemand folgte ihm in einem Abstand von 0,2001 AE. Er konzentrierte seine Beobachtungs- und Meßeinrichtungen auf das Neue, aber plötzlich waren die Nadelstiche wieder da. Ohne daß er das Steuerband hätte vorlaufen lassen, brachen sie über ihn herein, schärfer und brennender als je zuvor.
    Etwas in ihm bäumte sich auf, aber dann versank er wieder in die konturenlose Dunkelheit, in das Vergessen, in den Tod.
     
    Sie saßen vor dem Schaltpult und hielten den Atem an. Etwas Unbegreifliches war geschehen. Der Robot hatte sich nicht ausgeschaltet.
    Kopajew hatte sofort auf einen Fehler im Steuerband getippt, aber eine Überprüfung der Kopie ergab, daß die Impulse einwandfrei ausgesendet worden waren. Kira Berg, die außer für die

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