Die weiße Frau von Devils Rock
was danach kommen würde. Sie erfüllte seinen Kopf, seine Gedanken und auch sein Herz. Sie fühlte sich an wie eine unerträgliche Sehnsucht, der er nicht mehr lange würde widerstehen können.
"Ich komme."
Hatte er diese Worte nur gedacht oder laut ausgesprochen? Er wusste es nicht, spürte nur, dass der Fels unter ihm schwankte und er zu stürzen drohte.
Krampfhaft hielt er sich an dem Seil fest, das um seinen Hals lag. Es schnürte immer enger zu, er bekam fast keine Luft mehr. Er röchelte, vor seinen Augen tanzten rote Kreise. Er schmeckte Blut im Hals, das er auch in seinen Ohren rauschen hörte.
Warum hatte er das gemacht? Er wusste es in diesem Augenblick nicht, hatte alles vergessen. Oder nein, der Funke einer Erinnerung signalisierte ihm, dass er seine Tat ausführen musste, wenn er Ruhe finden wollte.
Der Tod war ihm sicher.
Er spürte den Stein nicht mehr unter seinen Füßen. Da war nur noch Leere. Er stürzte, nicht weit, aber weit genug, dass er keine Luft mehr bekam, weil sich der Strick um seinen Hals gnadenlos zugezogen hatte.
"Nein!"
Mit einem lauten tiefen Atemzug fuhr er hoch, eine Hand an den Hals gelegt, und in der anderen hielt er etwas fest, von dem er glaubte, es sei der Strick, der ihn fast stranguliert hätte.
Er japste nach Luft, sein Herz raste. Die roten Kreise tanzten noch immer vor seinen Augen, doch langsam kam er zu sich. Es war ein Traum gewesen, ein Alptraum, der jedoch so real gewesen war, dass er glaubte, den Strick um den Hals noch immer spüren zu können. Vor allem in seiner rechten Hand. Er tastete mit seinen Fingern nach dem Etwas, das er noch immer glaubte festzuhalten. Erschrocken ließ er es fallen. Er hatte tatsächlich etwas in der Hand gehabt.
Bei genauerem Hinsehen erkannte er ein Stück Stoff, herausgerissen von einem Kleidungsstück.
Entsetzen stieg in ihm auf. Dieses zarte Blau kannte er, der Stoff gehörte zum Nachtkleid seiner Frau Charlene.
Und jetzt war auch die Erinnerung teilweise wieder da, die Auseinandersetzung, Charlenes verzweifelte Anklagen und sein Wutausbruch. Doch dann war gähnende Leere, er wusste nicht mehr, was weiterhin geschehen war.
Hatte er Charlene etwa Gewalt angetan?
Mit einem Satz war der Mann aus dem Bett. "Charlene!", rief er in den Raum hinein, doch es kam keine Antwort. "Charly, bist du da?"
Schweigen.
Er rannte aus dem Zimmer, die Treppe hoch. Leise öffnete er die Tür zu dem Dachraum, den seine Tochter bewohnte. Auch hier Stille. Christina lag entspannt im Bett und schlief. Offensichtlich hatte sie von allem nichts mitbekommen. Sollte er sie wecken, mit ihr reden?
Nein, wozu auch. Was hätte er fragen sollen? Sie wusste nichts, und es würde ihm auch nicht helfen, wenn sie auch noch aufgeregt und voller Angst um die Mutter im Haus herumlaufen würde.
"Dad?"
"Schlaf weiter, Darling", flüsterte Ashton und bemühte sich, seine Stimme ganz normal klingen zu lassen. "Es ist alles in Ordnung. Mum bat mich, nach dir zu sehen."
"Gut." Christina hatte nichts gemerkt. Sie drehte sich zum Fenster und war wenig später wieder eingeschlafen. Ihre gleichmäßigen Atemzüge verrieten es.
Leise schlich der Mann wieder nach unten. In seinem Kopf war so ein Durcheinander, dass er nicht wusste, was er tun sollte. Auf jeden Fall war er nicht mehr fähig, sich einfach ins Bett zu legen und abzuwarten.
Ashtons Blick fiel auf den zierlichen Schreibtisch, auf dem dieses seltsame Buch lag, das schon einige Male seine Aufmerksamkeit erregt hatte. Neugierig trat er an den Tisch und setzte sich, schlug es einfach an einer Stelle ziemlich weit hinten auf.
" Ich werde es Peter sagen müssen ", las er leise und fühlte sich fast wie ein Verbrecher. Es waren die Gedanken einer fremden Person, die schon lange nicht mehr am Leben war. Und doch hatte er das Gefühl, in ein Geheimnis einzudringen, das nicht für ihn bestimmt war.
" Er wird mich umbringen, wenn er erfährt, dass ich ein Kind von Andrew bekomme. Was soll ich nur tun? Thissa wird die Leidtragende sein bei allem. Und ich bin Schuld. Das Beste wäre, ich würde mich selbst umbringen, dann hätte wieder alles seine Ordnung."
Andrew!
Ashton war, als würde ein schwerer Felsbrocken auf seinem Brustkorb liegen und ihn am Atmen hindern. Heißer Zorn stieg in ihm auf, der sich mehr und mehr zu Hass steigerte. Immer tauchte dieser Name auf, der für ihn ein Reizwort
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