Die Weltenwanderer
könnt aufhören. Es müssten jetzt um die fünfzehn Meter sein. Das dürfte in jedem Fall ausreichen.«
Er band schon eine Lassoschlinge an einem Ende des Seils und betrachtete sie mit großer Skepsis. »Das ist zu leicht, das können wir nie so weit werfen. Wir müssen die Schlaufe beschweren.«
Alle sahen sich nach etwas Brauchbarem um. Holly hielt ihr Schwert hoch. »Könnte das nicht gehen?«
»Schlaues Mädchen«, lobte er.
Adrian kam auf den Gedanken, das Schwert zu umwickeln und die Schlinge sowohl am Griff als auch an der Klinge zu befestigen. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich das Seil wegen der gespreizten Öffnung um die Skulptur legte, war so größer. Schließlich waren sie keine geübten Lassowerfer.
Ihre erste Befestigung mussten sie wieder lösen, weil die Schlinge sich jetzt nicht mehr zusammenziehen ließ.
Nach mehreren erfolglosen Versuchen hatte Holly endlich die zündende Idee. Ein nicht zerschnittener Uniformärmel wurde über das gepolsterte Schwert gezogen, und das Seil hindurch geführt. Das Ganze wurde mit Stoffstreifen verschnürt.
Begeistert stellten sie fest, dass die Schlinge so schön groß war, sich aber auch zusammenziehen ließ.
»Sieht gut aus«, erklärte Lennart. »Wer wirft?«
»Ich versuch‘s«, bot Erik an. »Werfen konnte ich immer gut. Hab beim Dosenwerfen geübt. Passt nur auf, dass das Seil nicht ganz mit rüber fliegt.«
Kurz wog er das Schwert, schätzte erneut die Entfernung, zielte und warf.
Er war selbst überrascht, als es schon beim ersten Mal klappte, und die Schlaufe sich zwar nicht über den Kopf, wie er es geplant hatte, aber immerhin über einen Flügel senkte.
Unschlüssig sahen sie sich an.
»Na, versuchen müssen wir es jetzt wohl. Wofür sonst die ganze Arbeit?«, munterte Lennart auf. »Vielleicht haben wir ja wieder Glück.«
Vorsichtig zogen sie die Schlaufe zu. Das Schwert verkantete sich dabei zwischen Flügel und Körper. Behutsam zogen sie weiter. Das Seil spannte sich. Sie zogen fester, zerrten schließlich gemeinsam immer heftiger. Die Statue bewegte sich keinen Zentimeter.
Anna stieß einen hysterischen Laut aus. »Es klappt nicht. Ich krieg gleich einen Anfall.«
»So langsam reicht es mir«, fluchte Erik.
Auch Lennart seufzte tief. »Wir sehen das blöde Ding nur ein paar Meter vor uns, aber genau so gut könnte es sich auf einem anderen Planeten befinden.«
Adrian nahm das Seil und ging auf einen Felsen zu, der aus dem Boden ragte. Er legte er es drum herum, zog es straff und band es fest. Seine Kameraden sahen ihm verständnislos zu.
Lennarts Blick wanderte das Seil entlang. Es dämmerte ihm, was sein Kamerad vorhatte. »Nein, Adrian! Das tust du nicht«, erklärte er mit fester Stimme.
Der knüpfte einen weiteren Knoten. »Hast du ’ne bessere Idee?«
»Wovon redet ihr?«, fragte Erik und starrte erst auf das Seil und dann Adrian an. »Du willst dich doch wohl nicht rüber hangeln?«
»Nein, natürlich nicht«, erwiderte der trocken. »Ich gehe rüber.«
Holly und Anna protestierten sofort lautstark.
Lennart schüttelte den Kopf. »Wir wissen nicht, wie stark das Seil wirklich ist, und wie stabil die Statue ist.«
»Deswegen gehe ich ja drüber. Da kann ich notfalls noch springen.«
»Du ...«, setzte der Trainer erneut an, wurde aber unterbrochen.
Adrian sah nur kurz hoch, bevor er einen weiteren Knoten knüpfte. »Stein gegen Kamerad, kein Stein, Kamerad tot – so war es, oder? Einer von uns muss doch rüber. Du kannst es nicht. Ich bin ein Custor, Lennart. Daher verfüge ich, wie du weißt, über eine extrem gute Körperbeherrschung. Wenn es einer von uns schaffen kann, dann nur ich. Und ich geh da jetzt rüber, ob dir das nun passt oder nicht.«
»Das werde ich niemals zulassen.«
Adrian erhob sich und winkte ab. »Reg dich ab, das musst du auch nicht. Wenn es um unsere Liga geht, bist du mein Trainer und kannst mir Befehle oder Verbote erteilen. Hier und heute bist du lediglich mein guter Kumpel Lennart - knappe zwei Jahre älter als ich. Ich bin verdammt kein kleines Kind mehr und ich treffe meine Entscheidung allein.«
Die beiden starrten sich eine Weile an, dann nickte Lennart.
»Du bist wirklich gut. Ich wollte dir auch nicht als dein Trainer etwas verbieten ... oder eigentlich doch ... ich wünschte jedenfalls, ich könnte das ... Ich ... Tu’s nicht! ... Bitte! ... Ich will hier keinen Freund verlieren. ... Verdammt noch mal!«
Adrian ging auf ihn zu und legte ihm eine Hand auf die Schulter.
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