Die Widmung: Roman (German Edition)
sagte er.
»Du bist wirklich in einer üblen Lage, oder?« Sie fragte sich, weshalb er bloß eine solche Erinnerung haben wollte.
»Lass es mich so ausdrücken«, sagte Melville. »Es ist wahrscheinlich gut, dass ich dich heute Abend getroffen habe.«
Ann blieb fast bis Mitternacht. Als er sie zu ihrem Auto brachte, wandte sie sich zu ihm um. »Weißt du, was ich immer mache, wenn mit jemandem Schluss ist?«
»Ich muss leider zugeben, dass ich keine Ahnung habe.«
»Ich mache alles, was ich nicht machen konnte, als wir zusammen waren. Das hört sich jetzt vielleicht nicht nach viel an, aber es hilft, dich zu erinnern, wer du warst.«
Er umarmte sie, und sie stieg ins Auto.
»Hattest du nicht mal ein Boot?«, fragte sie.
»Ich habe es immer noch. Es steht seit sechs Jahren bei Finch in der Zufahrt.«
»Vielleicht ist es Zeit, es wieder ins Wasser zu setzen«, schlug sie vor und drückte ihn zum Abschied am Arm.
Eine gute Idee, dachte Melville, als er zurück zum Haus ging. Morgen würde er in der Werft anrufen und es abholen lassen. Wahrscheinlich musste viel daran repariert werden, aber das meiste konnte er selbst. Er wusste nicht, wie lange es dauern würde, das Boot wiederherzurichten, doch zumindest hatte er etwas zu tun. Und sie hatte recht, es würde ihn daran erinnern, wer er früher gewesen war.
30
Nachdem sie sich zum zweiten Mal in dieser Nacht geliebt hatten, lud Hawk Zee ein, mit ihm auszugehen.
»Warum?«, fragte sie.
»Warum?« Die Frage amüsierte ihn. »Du willst dich über mich lustig machen, oder? Weißt du, in manchen Kulturen ist es üblich, dass man ein- oder zweimal miteinander ausgeht, bevor man Sex hat.«
»Nicht in unserer«, sagte Zee. »Nicht heutzutage.«
»Soll das ein Nein sein?«
»Ich komme hier nur schwer raus«, sagte sie. »Wegen Finch. Jessina kann abends nicht oft lange bleiben.«
»Dann machen wir es doch an einem Abend, an dem sie kann.«
Zee gab keine Antwort.
»Das nervt«, sagte er. »Vielleicht klettere ich ab jetzt einfach bei einer Frau ins Fenster, die mit mir gesehen werden will.«
Sie lachte. »Das ist es nicht. Aber mit Michael war doch gerade erst Schluss, und …«
»Und du willst nicht mit mir gesehen werden.« Er grinste sie an.
Sie musste wieder lachen. »Ich will nicht zufällig auf Mickey stoßen«, sagte sie. »Ich habe es ihm noch nicht gesagt.«
»Und wenn ich dich außerhalb der Stadt zum Essen einlade?«
»Okay«, sagte sie.
»Okay wann?«
»Okay, sobald ich es mit Jessina einrichten kann.«
Finchs Alarm ging los. Zee stand auf und zog sich den Bademantel an. »Bleib, wo du bist«, sagte sie.
Er legte die Hände hinter den Kopf und schaute durch das Dachfenster in den Sternenhimmel. Er seufzte. »Wo sollte ich wohl hingehen?«, murmelte er. Aber er lächelte dabei.
31
Melville und Zee trafen sich auf einen Kaffee bei Jaho. Er erzählte ihr, dass er das Boot abholen lassen und versuchen wollte, es wieder ins Wasser zu setzen.
»Das ist eine sehr gute Idee«, sagte Zee.
»Immerhin etwas«, meinte er. »Vielleicht können wir mal zusammen rausfahren.«
»Gerne.«
Er hielt einen Moment inne, dann stellte er ihr die Frage, die er immer stellte: »Wie geht es Finch?«
Zee hätte ihm lieber eine positivere Antwort gegeben. »Ungefähr gleich«, sagte sie.
»Du siehst ein bisschen müde aus.«
»Mir geht es gut.«
»Ich glaube, du brauchst mehr Hilfe.«
»Ich schaffe das.«
»Da ist aber eine Menge zu schaffen.«
»Heute Morgen hat er mich für Maureen gehalten«, sagte sie. »Das denkt er oft.«
Melville überlegte. »Diesen Fehler kann man ihm verzeihen«, meinte er. »Du siehst aus wie deine Mutter.«
»Nicht so sehr, finde ich.«
»Und was machst du für dich selbst?«
Sie wollte ihm von Hawk erzählen, überlegte es sich aber anders. Sie wusste, was er sagen würde. Es war zu früh.
»Genug«, sagte sie.
»Sag mir nur eins.«
»Ich spiele Skeeball.« Sie lächelte.
Er lachte. »Gott, das bringt Erinnerungen zurück.«
In den ersten Sommern, nachdem Melville bei ihnen eingezogen war, verschwand Zee immer wieder. Melville entdeckte sie oft im Willows-Park beim Skeeball. Wenn es nicht zu spät war und sich Finch keine Sorgen um sie machte, spielte Melville mit.
»Ich habe den perfekten Schuss über die Bande raus«, sagte sie.
Er sah sie an.
»Es ist wirklich alles in Ordnung mit mir«, wiederholte sie. »Ja, mir geht’s sogar gut.«
Melville wollte sich nicht einmischen, aber er machte sich Sorgen um Zee. Er
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