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Die Würde der Toten (German Edition)

Die Würde der Toten (German Edition)

Titel: Die Würde der Toten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Pons
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Bestattungsunternehmens gefeiert haben, als seine Eltern nicht da waren. Wir haben’s echt überzogen, alles war restlos verwüstet, ein ziemlicher finanzieller Schaden. Jürgen und ich haben in einem Sarg … na egal, jedenfalls hat Moosi uns da drin morgens gefunden. War ein Riesentheater. Auch meine Mom was not amused. Und mein Vater bestand darauf, dass ich den Schaden wiedergutmache. Das war das einzige Mal, an das ich mich erinnere, dass sie richtig sauer waren und Strafmaßnahmen verhängt haben. Am Ende hab ich es abgearbeitet. Zuerst durfte ich nur Besorgungen machen, aufräumen, Kaffee kochen. Aber an einem Nachmittag ging es Anneliese total schlecht. Rheumaanfall. Und da lag ein Toter, der unbedingt versorgt werden musste. Da hab ich’s gemacht. Hatte ihr ein paar Mal über die Schulter geschaut, und jetzt sah sie mir zu. Das war es dann. Naturtalent, hat sie gesagt. Und ich war hin und weg, hab im Sommer die Schule geschmissen und bei ihr angefangen.«
    »Und deine Eltern? Was haben die dazu gesagt?«
    Henry lachte und bohrte in einem kleinen Loch in ihrer Jeans, bis sie die Fingerkuppe komplett durchschieben konnte. »Das war ein echter Volltreffer! Ich habe sie sprachlos gemacht, und das ist mir echt nicht oft gelungen. Weißt du, wie schwer es ist, sich in der Pubertät von jemandem abzugrenzen, der immer für alles Verständnis hat und mit Toleranz nur so um sich schmeißt? Sie sind beide Pädagogen, Gymnasiallehrer. Die wollten natürlich, dass ich Abitur mache. Aber sie haben das nie so gesagt. Klare Worte sind nicht ihre Stärke. Das war so eine pseudo-antiautoritäre Wischi-Waschi-Erziehung. Sie haben jeden Furz mit mir ausdiskutiert. Aber ich glaube, nicht aus Überzeugung, sondern weil es bequemer ist, als Grenzen zu setzen und Stellung zu beziehen. Darum habe ich fast immer durchgesetzt, was ich wollte. Na ja, manchmal habe ich auch Sachen durchgesetzt, die ich nicht wollte , einfach nur um zu testen, wie weit ich gehen kann. War nicht immer eine wirklich geniale Idee. Inzwischen foltern wir uns alle zwei Wochen telefonisch und sehen uns maximal zweimal im Jahr. Sie haben mit achtundfünfzig die Biege gemacht und sind ab in die …«
    »… Toskana?«, ergänzte Adrian.
    »Südfrankreich, Provence – nicht weniger klischeebeladen, oder?« Sie richtete sich langsam wieder auf und fischte ihren Rucksack aus dem Fußraum. »Wir sind fast da. Du kannst einfach hier irgendwo in der zweiten Reihe anhalten, dann springe ich raus. Einen Parkplatz findest du hier sowieso nicht.«
    »Also dann …« Adrian bremste und schaltete den Warnblinker ein.
    »Also dann – schönes Wochenende und danke für’s Taxi!«, rief Henry, schon halb auf der Straße, winkte und knallte die Tür zu.
    Adrian zuckte zusammen. Erschreckt durch das Geräusch – und die Erkenntnis, dass er sie zwei Tage nicht sehen würde. Und noch mehr darüber, wie sehr ihn dieser Gedanke störte.

Tag 6 – Samstag
    Der Tag hatte harmonisch begonnen und nun, zu Mittag, schien sogar die Sonne. Adrian saß mit Katja im Wintergarten eines angesagten Restaurants in der Frankfurter City. Katja schwärmte für Vittorios italienische Küche jenseits der Pizza. Vittorio hobelte den Parmesan mit Inbrunst vom großen Laib, und kurbelte aus einer überdimensionierten Mühle schwarzen Pfeffer direkt auf die Teller der Gäste. Eine angenehme Schärfe stieg Adrian in die Nase, die er genoss, obwohl ihm dieses Ritual eher lächerlich vorkam. Er selbst roch immer noch ziemlich streng nach Knoblauch, Zwiebeln und dem Döner des gestrigen Abends, was Katja ihm naserümpfend vorgehalten hatte.
    Vor ihm dampfte eine üppige Portion Pasta. Völlerei, schon wieder. Er lächelte unwillkürlich bei dem Gedanken. Vittorio zog mit der Pfeffermühle im Arm zum nächsten Tisch und Katja nahm das unterbrochene Gespräch wieder auf. Ihre Nasenflügel bebten vor unterdrücktem Ärger.
    »An deiner Stelle hätte ich sie einäschern lassen. Mit der Urnen b eisetzung in einer Wand hättest du eine einfache, saubere Lösung gehabt.«
    Energisch stieß Katja die Gabel in einen Shrimp und schaute ihn abwartend an. Adrian schwieg. Vielleicht wäre es besser gewesen, nicht von Henry zu reden, überlegte er. Oder von Viktor. Schon gar nicht von Elisabeth. Aber jetzt war es zu spät.
    Die Gabel durchbohrte drei weitere Krustentiere. »Jetzt musst du dich auch noch um das Grab kümmern oder jemanden beauftragen, das zu tun, wenn du nicht in Frankfurt bist.«
    Das stimmte

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