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Die Zarin (German Edition)

Die Zarin (German Edition)

Titel: Die Zarin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Alpsten
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Der gesamte Hof folgte unserer Spur im frischen Schnee auf dem blauen Eis. Nun erst durften die Anwohner von Sankt Petersburg den Fluß zu Fuß überqueren! Am anderen Ufer hielt Peter seinen Schlitten mit einem Mal an. Er sah staunend auf das unwirklich glitzernde Gebäude vor seinen Augen. Er wandte sich zu mir: »Hast du das getan?« fragte er erstaunt.
    Ich nickte stolz und streckte den Arm aus: »Ein Eispalast für den König des Schnees, Euer Majestät! Von Eurer treuesten Dienerin!«
    Über Nacht hatte ich einen Pavillon aus Eis für ihn schneiden lassen: Die Kuppeln schimmerten wie Glas in der Sonne, und rechts und links des Einganges standen Peters Mohren. Die schwarze Haut ihrer nackten Brust nahm sich prachtvoll gegen das helle Eis aus, und die Mäntel und Stiefel aus blauem und rotem Leder machten das Bild vollkommen. Im Inneren hatte ich zwei Throne aus Eis mit Leopardenfellen bedecken lassen. Sie standen zwischen Säulen aus Eis, zwischen denen eine schwere rote Samtfahne hing. Hinter den Säulen brannte ein Feuer, so daß wir es mollig warm im Rücken hatten. Meinen Hofdamen und dem Rest der Gäste jedoch fror auf ihren Sitzblöcken der Hintern fest. Wer jedoch ohne Erlaubnis aufzustehen versuchte, den ließ ich sofort zur Strafe eine Adlertasse Branntwein trinken. Den Musikanten froren die Finger auf den Instrumenten fest, aber Peter ließ sie dennoch zu einem Menuett aufspielen. Unsere Zwerge begannen zu tanzen: Sie schlitterten dabei trunken auf dem Eis hin und her und purzelten übereinander. Ich lachte darüber so sehr, daß mir das Essen im Magen sauer wurde und ich mit einer Kolik zu Bett gebracht werden mußte.
     
    Aber die Freuden der Julzeit konnten niemanden darüber hinwegtäuschen, daß die schwere Zeit für Rußland noch nicht vorbei war. Als ich Apraxin in seinem neuen Haus in Sankt Petersburg besuchte, hielt er sich mit seiner Furcht mir gegenüber nicht zurück.
    » Kum , fürs neue Jahr Gesundheit und alles Glück, das du dir wünschen kannst!« sagte ich zur Begrüßung, als mir sein Diener aus dem Schlitten half, und wollte ihm die Hand küssen. Er zog sie mir weg und sagte: »Du solltest das nicht mehr tun. Ich möchte nicht dabei gesehen werden, daß du meine Hand küßt!«
    Wir ließen uns wie in alten Zeiten bequem vor seinem Kamin nieder. In dem Raum standen damals nur wenige, aber ausgesucht schöne Möbel, und die Wände waren noch kahl bis auf ein Bild des Zaren, das über dem Kamin hing. Ich fror und hüllte mich tiefer in meinen Mantel aus dunkelrotem Samt, der mit Goldfäden in persischen Mustern bestickt war. Der Kragen aus einem golden schimmernden Nerzfell schmeichelte meiner matten Haut. Ein stummer schwarzer Diener servierte uns den warmen Wein, klaren Schnaps und warme blintschiki , die sorgsam mit fettem Lachs und saurem Rahm gefüllt waren.
    »Hm, die sind gut!« sagte ich bewundernd und griff mir noch ein knuspriges Röllchen. »Besser als sonst. Hast du dir etwa eine neue Köchin geleistet, kum ?«
    Er schüttelte den Kopf und, täuschte ich mich, oder war da ein Anflug von Röte, der über sein von der Witterung gegerbtes Gesicht glitt? Ich war überrascht und wartete seine Antwort ab.
    »Nun ja, so ungefähr …«, murmelte er. Ich sprach rasch von etwas anderem, um ihm eine Peinlichkeit zu ersparen.
    »Wie lange wirst du noch in der Stadt bleiben? Ist der neue Marschbefehl schon ausgegeben?« fragte ich ihn statt dessen. Ich hatte Peter schon einige Nächte lang nicht mehr gesehen, denn er hielt mit seinen Männern einen Rat nach dem anderen. Wenn sie eine Antwort auf die dringlichsten Fragen gefunden hatten, so mußten die Männer noch mit dem Zaren trinken und feiern, um ihn seine Sorgen vergessen zu lassen. Danach ließ er sich von zwei Kammerjunkern auf seine im Wasser festgefrorene Fregatte tragen und schlief dort allein, unter Pelzen in seiner engen Koje zusammengekrümmt.
    Apraxin wiegte bedächtig den Kopf hin und her. »Wir glauben, daß wir die Schweden nicht länger hinhalten können. Die letzte offene Schlacht ist schon einige Jahre her, und Karl jucken die Finger. In diesem Winter noch wird es zu einer Schlacht kommen – weißt du, Karl steht nur zwölfhundert Werst von Moskau entfernt! Ich kann mich nicht an das letzte Mal erinnern, daß ein Feind uns so nahe gekommen ist! Wir können nicht bis zum Frühjahr warten, die Gefahr ist zu groß.« Er sah in die Flammen und wirkte mit einem Mal sehr müde. »Im Frühjahr sind wir dann vielleicht

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