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Die Zarin (German Edition)

Die Zarin (German Edition)

Titel: Die Zarin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Alpsten
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einen Gefallen schuldete. Ich bin jetzt ihre Kammerfrau.«
    In unserem Gespräch entstand eine kleine Pause. Ich musterte sie. Ihr Gemüt schien von einer Wand aus Trauer umgeben, und über ihrer frischen Schönheit lag ein Schleier von Schwermut.
    »Was du nicht sagst! Bei Marie Hamilton! Ich hoffe, du hast es gut dort. Hast du gerade eine Besorgung für sie erledigt?« fragte ich sie freundlich.
    Anna nickte und faßte den Beutel höher. »Ich habe Geld für sie bei dem Goldhändler Blumenthal abgeholt … Sie hat Juwelen bei ihm eingelöst«, antwortete sie zögerlich. Es schien, als wüßte sie nicht genau, wieviel sie über die Angelegenheiten ihrer Herrin sagen durfte. Geldnöte waren jedoch fürwahr nichts Neues am Hof von Sankt Petersburg, wo Peters Zwang zu immerwährenden Festen und Vergnügungen für hohe Ausgaben sorgte. Es war keine Seltenheit, daß eine der damy auch mal den Familienschmuck versetzte, um dafür aufzukommen.
    »Wie geht es Marie Hamilton? Ich höre, sie ist wieder in gesegneten Umständen?« fragte ich statt dessen. Nun wurde Anna Kramer zu meinem Erstaunen blaß wie ein Leintuch. »Davon weiß ich nichts, so wahr Gott mir helfe«, flü sterte sie.
    Sie raffte ihren Mantel um sich und faßte den Beutel mit dem Geld unter ihrem Arm. »Ich muß eilen, meine Zariza, meiner Herrin ist unwohl, und sie ist eine strenge Frau.« Mit diesen Worten knickste sie abermals tief und lief weiter.
    Ich sah ihren wirbelnden Röcken noch einen Augenblick lang nach und überlegte kurz. Marie Hamilton war damals, im Schlafgemach des Zarewitsch, guter Hoffnung gewesen. Was mit jenem Kind geschehen war, wußte ich nicht. Vielleicht hatte sie es in ein Waisenhaus oder zu einer Familie auf dem Land gegeben. Nun war ich mir sicher, daß sie wieder Leben unter dem Herzen trug. Weshalb die Geheimnistuerei? Bei ihrem Lebenswandel war dies doch kein Wunder!
    Müßige Gedanken: Ich zuckte die Schultern und gab Ulrike Villebois ein Zeichen. Sie beugte sich geschickt, griff meine kurze Schleppe auf, und wir gingen weiter.
     
    Peter und ich saßen am Kamin in seinem großen Studierzimmer, und hinter uns schafften zwei Kammerjunker auf den Schreibtischen Peters und seiner Kabinettsschreiber Ordnung.
    »Ich will dir den Palast zeigen, den ich uns für den Sommer bauen lassen werde!« sagte Peter und streichelte Lisenka über den Kopf. Die Hündin schnatterte vor Genuß mit den Zähnen. Peter gab ihr einen alten Lederhandschuh zum Kauen, und sie ließ sich schwerfällig auf den abgestoßenen Spitzen seiner alten, ausgetretenen Stiefel nieder. Sie war, wo sie sein wollte, und wärmte sich genüßlich das Fell.
    »Noch einen Palast? Noch größer, noch prachtvoller als der Winterpalast? Können wir nicht einfach immer im Sommerpalast leben? Nur du und ich und unsere Kinder? Können wir die Kunstkamera nicht woanders unterbringen?« fragte ich neckend und ließ mir von dem bitteren tschai , der in einem mit Edelsteinen besetzten Samowar brodelte, nachschenken. Ich hielt den Becher noch für einen kräftigen Schuß Wodka hin, führte den Trank an die Lippen und nahm einige wohltuende Schlucke. Der tschai rann heiß durch meine Kehle. Mir war kalt in jenem Herbst: Es war, als hätte meine letzte Schwangerschaft viel von meiner Kraft gefordert. So griff ich auch nach den mit Käse und Pilzen gefüllten und in Fett ausgebackenen kleinen Teigrollen und kaute sie genüßlich.
    Peter schüttelte den Kopf. »Ich wäre der erste, der dies wollte! Aber nun geht es mehr darum, Europa zu zeigen, daß ich mit seinen Herrschern auf einer Stufe stehe! Der Winterpalast ist nach ihrem Verständnis nicht prachtvoll. Aber er kann mein Louvre sein – nun brauche ich noch ein Versailles! Peterhof wird mein Versailles sein …«
    Ich mußte ihn verwirrt angesehen haben, denn er strich mir eine widerspenstige Locke hinter mein Ohr. »Das verstehst du nicht. Wer nie Paris und den Hof des großen Louis gesehen hat, kann das nicht verstehen. Aber was der König von Frankreich kann, kann der Zar aller Russen schon lange! Und außerdem baut sich Alekascha sein Oranienbaum. Es langt schon, daß sein Palast an der Strelka der schönste der Stadt ist!« sagte er, ehe er aufsprang. »Warte, ich zeige dir die Pläne für Peterhof. Ich arbeite seit fast zwei Jahren daran, wann immer ich gerade Zeit habe! Das Schloß soll nahe unserem Haus bei Kronstadt gebaut werden …« Er ging zu seinem Schreibtisch, suchte kurz nach etwas und verjagte dann die zwei

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