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Die Zarin (German Edition)

Die Zarin (German Edition)

Titel: Die Zarin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Alpsten
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nicht mitkommen. Nicht jetzt, zumindest. Laß mir Zeit, mir mein Leben in Pernau aufzubauen, dann komme ich dich holen!«
    In meinem Mund verbreitete sich ein bitterer Geschmack. Ich schüttelte stumm den Kopf.
    »Ich kann nicht anders!« beharrte er und küßte mich. »Aber ich kann nicht ohne Abschied gehen! Du sollst nicht denken, daß ich dich nicht liebe! Aber wir haben Krieg – die Schweden überwachen alle Straßen! Da kann ich nicht mit einem jungen Mädchen reisen! Du bist am sichersten hier, bei meinen Eltern!«
    »Johannes – sie wollen mich verheiraten! Ein schwedischer Dragoner hat um meine Hand angehalten! Ich soll heiraten! Aber ich liebe doch dich!« Ich hörte selber die blanke Verzweiflung in meiner Stimme. Das war nicht gut. Männer riechen die Verzweiflung einer Frau wie Jagdhunde das Blut.
    »Martha …« Seine Stimme klang aufgebracht. »Du begreifst nicht, es ist Krieg! Karl ist vor einem Monat in Pernau gelandet – und er wird nicht eher haltmachen, ehe er nicht die Russen besiegt hat und August vom polnischen Thron gestoßen hat! Er haßt den Kurfürsten von Sachsen!«
    »Aber – der Krieg wird doch nun vorbei sein!« wagte ich ihn zu unterbrechen. Die kalte Luft schnitt mir in die Kehle.
    »Weshalb denn?« Seine Stimme klang ehrlich überrascht.
    »Es gibt doch nach Narwa keinen Grund mehr zu kämpfen, das sagt selbst dein Vater! Die Schweden haben doch bewiesen, daß sie die besseren Soldaten sind! Sie haben doch die Russen vernichtend geschlagen …; sagt dein Vater.« Meine Stimme klang unsicher, und das ärgerte mich.
    »Mein Vater! Dann täuscht er sich eben! Was bedeutet für Karl schon Narwa außer einer weiteren Feder an seinem Hut – dieser Mann ist vom Kampf besessen! Und den Engländern und den Franzosen paßt es doch, daß Karl hier zugange ist, denn so mischt er sich wenigstens nicht in ihre Angelegenheiten! Nein, er wird erst haltmachen, wenn er Moskau eingenommen hat.«
    Was sollte ich darauf sagen? Alles, was ich begriff, war, daß er mich hier alleine lassen wollte. Alleine, verheiratet mit einem Sieger von Narwa. Ich begann zu weinen und klammerte mich an seinen Hals. »Laß mich nicht alleine hier! Sie wollen mich doch verheiraten! Das geht doch nicht, nach allem, was passiert ist zwischen dir und mir, nachdem …«
    Er rückte etwas von mir ab und löste meine Arme von seinem Nacken. »Sieh mal, wie müssen abwarten. Und vielleicht – vielleicht ist das gar nicht die schlechteste Lösung – schließlich war ich ja auch nicht der erste, der … Na ja, du weißt schon, … mit dem du …«
    Er beendete den Satz nicht, doch allein diese Worte schnitten mir ins Herz.
    »Wie meinst du das?« flüsterte ich erstaunt.
    Er zuckte die Schultern. »Nun, so können wir uns leicht sehen, wenn ich nach Hause komme. Du bist dann ehrenwert verheiratet, und wir haben dennoch unsere Freude …«
    Ehe ich etwas sagen konnte, küßte er mich, und zu meinem Ärger spürte ich, wie mir die Schenkel heiß wurden. Nein! Ich stieß ihn von mir und schlug mit der Faust gegen seine Schulter.
    »Du Mistkerl! Du verfluchter Lügner!« rief ich. Dann jedoch begann ich wieder zu weinen und zu flehen: »Nimm mich doch mit, Johannes!«
    Etwas in seinem Gesicht veränderte sich. Ungeduld und auch Erleichterung glitt über seine Züge. Von der Tür des Pfarrhauses her kam ein Geräusch. Er sah sich hastig um. »Ich muß gehen, Martha! Ich sollte schon längst weg sein! Halte aus! Wir sehen uns wieder.«
    Mit diesen Worten sprengte er davon, durch die Gassen Marienburgs, über die Weiten unseres Landes bis nach Pernau, dort, am großen Wasser. Fort aus meinem Leben. Und ich hatte ihm nicht einmal sagen können, wie sehr ich ihn liebte, trotz des Schmerzes und der Scham, die mich nach seiner Beleidigung zerrissen.
    Im selben Augenblick öffnete sich die Tür des Pfarrhauses knarrend, und die dicke Köchin der Glücks trat hinaus in den Schnee. Sie hielt eine Laterne mit dem Nachtlicht hoch über ihren Kopf und rief in die Dunkelheit: »Wer da?« Ich zog schnell den Kopf in meine Stube zurück. Kein Zweifel, wir hatten Krieg. In meiner Stube sank ich auf den kalten Steinfußboden und begann sinnlos zu weinen. Meine Hände krallten sich in das Stroh, und ich wand mich wie ein Wurm auf den Platten. Erst Stunden später stand ich auf, da ich nun trotz meines warmen Hemdes aus filziger Wolle vor Kälte zitterte. Das Fenster zur Straße stand noch immer offen. Ich faltete die paar Kleider, die ich von

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