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Die Zarin (German Edition)

Die Zarin (German Edition)

Titel: Die Zarin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Alpsten
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kann er sich mit Alexander Danilowitsch in Sibirien ein Haus teilen!«
    Sie streckte ihren kleinen Fuß aus und bohrte die Spitze Menschikow herausfordernd in den Schenkel. Ich wandte den Kopf ab. Peter hatte Ostermann für einen der besten Köpfe seines Reiches gehalten. Der Pastorensohn aus Bochum war unter meinem Mann zum Grafen und Vizekanzler von Rußland aufgestiegen. Er hatte den Vertrag von Nystad aufgesetzt, der dem großen Nordischen Krieg ein Ende setzte. Gott bewahre Rußland vor Elisabeth nach meinem Tod, dachte ich.
    Menschikow und ich schwiegen im Einvernehmen. Elisabeth zuckte die nackten Schultern und begann ein kleines Lied zu summen. Nach einer Weile wurde auch dies ihr zu dumm, und sie sah nur noch stumm und mit ausdruckslosem Gesicht in die Flammen.
    Die erste bleiche Dämmerung glitt fast unbemerkt durch die Vorhänge. Die Nacht sperrte sich noch schwarz wie Tinte gegen den blauen Tag. Es sollte noch gut drei Stunden dauern, bis der Himmel blaß wurde und der Tag sich schimmernd in seine sparsam bemessenen Stunden des grauen Lichts fügte. Die Stadt leuchtete in der Dunkelheit in ihrem Mantel aus Schnee. Eiskristalle lagen auf den Fensterscheiben der Paläste und der Häuser um den Winterpalast, und kleine Zapfen hingen glitzernd von den Gesimsen. Ich sah die Hände der Diener zu spitzen Schabern aus Holz greifen, um sie zu entfernen. Früher, als Kinder, hatten wir uns die Zapfen in den Mund geschoben und gierig daran gesaugt: Es hatte nach Staub geschmeckt, wie seltsam.
    Hinter mir hörte ich nun wieder Elisabeths leise Stimme:
    »Hast du meinen Vater geliebt?«
    Und ich wußte darauf einfach keine Antwort.
     
     
    4. Kapitel
     
     
    Die erste Reise nach Moskau vom Ladogasee über die Weiten Rußlands, mitten hinein in das Herz des riesigen Reiches, schien mir nicht enden zu wollen. Jener Winter war einer der strengsten, an die man sich in den Poststationen erinnern konnte, und unsere Schlitten steckten mitten darin fest. Reisende konnten in Stürmen aus Eis und Schnee erfrieren, und die Wölfe kamen hung rig und ohne Scheu bis an die Wege und die Häuser. Es war schon ein Glück, wenn wir Moskau heil und unbeschadet noch vor dem Julfest erreichen sollten! Auch Darja Arsenjewa schien die Angst oder die schiere Ungeduld im Nacken zu sitzen: Sie ließ die robusten, gescheckten Pferde, die vor unser Gefährt gespannt waren, unbarmherzig peitschen. Am Abend stand ihnen der Schaum um das Maul, und sie hatten blutige Striemen am Fell. An jeder der vierundzwanzig Poststationen, an der wir haltmachten, mußten die Tiere gewechselt werden. Unser Kutscher oder Menschikows Haushofmeister suchte als Gesandter des Zaren die Pferde nach seinem Belieben aus, ohne die rechtmäßigen Herren für den Verlust zu entlohnen. Noch immer war das Eigentum eines jeden Russen zuerst auch das Eigentum des Zaren. Je näher wir Moskau kamen, um so ansehnlicher jedoch wurden die Gasthäuser: Schweine und Hühner waren nicht mehr wie im Westen des Reiches mitten unter uns in der Gaststube untergebracht, sondern hatten ihre eigenen Ställe. Meist bildete ein schwerer Kamin mit einer Umrandung aus Stein oder ein gekachelter Ofen das Herz der Wirtsstube. Aus der Küche kamen Schalen mit dickem Kohleintopf oder auch Hühnersuppe mit Kartoffeln und Kraut. Dazu gab es blintschiki , kleine Pfannkuchen aus Buchweizen, die um geschmolzenen Käse oder Rauchfleisch gewickelt waren. Wenn wir den Raum aus der Kälte der Winternacht betraten, begannen unsere feuchten Pelze zu dampfen, und die Hitze und der Gestank, die durch die vielen Gäste erzeugt wurden, trafen mich nach der Frische des langen Tages wie ein Schlag auf meine müden Sinne. Dieser Eindruck verging meist nach den ersten Gläsern klaren Wodkas, aber dennoch war ich froh, wenn es einmal eine Stube für uns gab und wir uns nicht auf die Bänke neben die anderen Reisenden drängen mußten.
    Als ich in der Schlüsselburg von unserer bevorstehenden Reise gehört hatte, hatte ich mir dabei einige bescheidene Schlitten vorgestellt, die sich ihren Weg durch den Schnee und die Dunkelheit nach Moskau bahnen sollten. Menschikow aber hatte mit unserem Troß all jene mitgeschickt, die er zu seiner Bequemlichkeit und seinem alltäglichen Leben später zum Julfest in Moskau brauchen konnte: Den bequemen Reiseschlitten folgte eine ganze Anzahl von Gefährten mit kräftigen, breiten Kufen für Gepäck, Vorräte und Reiseausrü stung. Mit uns reisten einige seiner militärischen und

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