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Die Zarin (German Edition)

Die Zarin (German Edition)

Titel: Die Zarin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Alpsten
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klatschte mit erhobenen Händen und strahlendem Gesicht im Takt mit: »Die trunkene Synode! Die trunkene Synode! Herr, wir bitten dich! Die trunkene Synode! Sumasbrodneischi, wseschuteischi, wsepjaneischi sobor !« stimmte er an, und die Menge fiel in seine Bitten ein.
    Meine Augen trafen die des Prinzen Alexej. Seine Lippen waren mißbilligend zusammengekniffen. Ich beobachtete, wie Menschikow zu ihm trat und ihn grob anstieß. Da hob auch der Prinz die Hände und klatschte den Takt mit, den sein Vater vorgab. Darja winkte Menschikow zu, und dieser verneigte sich scherzhaft vor ihr.
    »Willst du Alexander Danilowitsch heiraten?« fragte ich sie leise.
    Sie zuckte ob der Frage zusammen und sah mich scharf an. »Ja, natürlich. Ich liebe ihn doch. Schon lange, seit fast vier Jahren. Und wenn ich könnte, dann wollte ich im terem leben und nichts tun, als unsere Kinder großzuziehen. So aber muß ich in seiner Welt leben und nach seinen Regeln spielen. Es war sein Wunsch, daß ich auch dem Zaren zu Willen war. Sie teilen alles und leiden wie die Hunde, wenn sie voneinander getrennt sind.«
    Sie warf Menschikow einen Kuß über die Köpfe der Menge hin zu. Der Zarewitsch senkte den Kopf und sagte etwas zu Menschikow. Der wischte ihm eine Ohrfeige über den Kopf und ließ ihn allein stehen. Alexej schien den Tränen nahe zu sein und trat nach hinten. Er verschmolz mit dem kalten Schatten der Wand. Ich konnte sein Gesicht nicht mehr erkennen. Bilder und Farben schoben sich wie ein Schleier vor meine Augen. Zu meinem Erstaunen betraten nun Soldaten den Raum und versperrten die Türen hinter sich.
    Peter klatschte wieder in die Hände und rief: »Hier verläßt niemand den Raum, ehe wir nicht ordentlich gefeiert haben! Und: Kein Rheinwein heute abend, sondern nur ungarischer, schwerer Wein! Ich will, daß euch die Köpfe schwirren, und daß ihr nicht mehr wißt, wer ihr seid! Wer nicht gehorcht, den lasse ich zur Strafe doppelt trinken!«
    Die Menge jubelte und schrie wieder nach der trunkenen Synode. Der falsche Prinz-Cäsar erhob beschwichtigend die Hände und gab den Soldaten damit ein Zeichen. Sie öffneten eine der Türen und herein ritt Nikita Sotow: Er saß nackt bis auf einen Lendenschurz und eine Bischofskrone aus Blech, die etwas schief auf seinem Kopf hing, auf einem alten Esel. Sein Gefolge bestand aus allerlei gotteslästerlichem Gesindel: Leichtgekleideten jungen Frauen baumelten die schweren Panagia zwischen den losen Brüsten, und Buben mit Kränzen im Haar spielten Flöte und schwenkten Fahnen, auf denen zwei Tabakspfeifen sich zu einem Kreuz formten.
    Die Menge schrie: »Patriarch Bacchus! Patriarch Bacchus! Komm und gib uns deinen Saft!«
    Das Bild vergnügte mich so, daß ich anfing zu lachen und ebenfalls in die Hände klatschte. Auch ich rief: »Komm und gib uns deinen Saft!« Das geschah den stinkenden russischen Mönchen recht! Wie oft hatte ich ihren gierigen Knoblauchatem viel zu nahe an meinem Gesicht gerochen, wie oft hatte ich ihre zwickenden, knochigen Finger an meinem Hinterteil und meiner Brust gespürt, wenn ich in der Küche des Klosters in meinem mir arbeitete?
    Nikita Sotow drehte auf seinem Esel eine Runde und sprengte Wodka wie Weihwasser in die Menge. Sein Esel wurde wild und bockte, als einige junge Prinzen ihm die Hinterbacken küssen wollten. Daraufhin packten sie ihn am Schweif und zogen so fest daran, daß das arme Vieh aufschrie. Da sah ich, wie die Arsenjewas sich um Menschikow niederließen. Gerade, als ich mich dazugesellen wollte, legte sich ein Arm fest um meinen Leib. Ich wollte mich von dem Griff freimachen, als mein Blick auf die erstaunlich kleine Hand fiel, die vergnügt mit den Bändern an meinem Kleid spielte. Der Mann hinter mir drückte mich an sich, und Peters Stimme flüsterte mir ins Ohr: »Gefällt dir mein Fest, matka ?«
    Der Zar nannte mich wieder wie schon in der ersten Nacht »altes Mädchen«. Ich drehte den Kopf. Sein Gesicht war vom Wein, der Hitze in dem Saal und der Heiterkeit gerötet, und er ragte schwankend über mir auf. Nikita Sotow kam an uns vorbei und sprengte Wodka auf uns: »Martha! Ein besonderer Segen für dich!« rief er, und ich spürte den Wodka klebrig über meine Stirn rinnen. Der Esel stand vor uns und, angesteckt von dem Übermut und der Freizügigkeit meiner Umgebung, sagte ich zu Peter: »Halt’ dem Esel den Kopf!«
    Er sah mich erstaunt an, gehorchte meinem Befehl aber. Der Esel begann, kräftig zu bocken und schlug aus. Der

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