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Die Zeit: auf Gegenkurs

Die Zeit: auf Gegenkurs

Titel: Die Zeit: auf Gegenkurs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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»Aber was ist mit dem Anarchen?« fragte sie erneut.
    »Ich kann ihm nicht helfen«, sagte Sebastian heiser. »Ich kann keine Wunder vollbringen. Ich bin heilfroh, daß ich dich und mich retten kann. Wirst du jetzt also still sein?«
    Hinter ihm nickte Lotta in stummem Gehorsam.
    Er ließ den Motor des Wagens an, und einen Moment später waren sie in der Luft und fädelten sich in den vormittaglichen Berufsverkehr ein.

    Sebastian Hermes landete kurz auf dem Dach eines innerstädtischen Verwaltungsgebäudes und ließ Ann Fisher aussteigen – nachdem er ihr das Kragenmikrofon abgenommen hatte. Dann stieg er wieder in die Höhe; er und Lotta waren eine Weile still, bis Lotta schließlich sagte: »Danke, daß du gekommen bist, um mich zu holen.«
    »Ich hatte Glück«, erwiderte er kurzangebunden. Er erzählte ihr nicht, daß er aufgegeben und nur noch vorgehabt hatte, Ann Fisher zu töten. Daß es ihm gelungen war, seine Frau zu retten, war purer Zufall gewesen. Allerdings ein willkommener Zufall; er war glücklich darüber. »Im Fernsehen wurde über Joe Tinbane berichtet«, erklärte er. »Deshalb wußten wir Bescheid. Und im Fernsehen hieß es auch, daß er in Begleitung einer Frau war, die nach dem Mord verschwand.«
    »Ich werde nie über seinen Tod hinwegkommen«, sagte Lotta matt.
    »Das erwarte ich auch nicht. Oder erst nach langer Zeit.«
    »Sie haben ihn direkt vor meinen Augen umgebracht«, sagte Lotta. »Ich habe alles mitansehen müssen. Die Kinder von der Bibliothek … Es war grotesk, wie ein Traum. Er hat auf sie geschossen, aber er war gewöhnt, höher zu zielen, auf Erwachsene; seine Schüsse gingen über sie hinweg.« Sie versank wieder in Schweigen.
    Bemüht, sie aufzumuntern, sagte er rauh: »Jedenfalls bist du aus der Bibliothek entkommen. Diesmal für immer.«
    »Werden die Uditen nicht wütend auf dich sein?« fragte sie. »Weil du den Anarchen nicht befreit hast? Es ist wirklich unfair … Er ist ein so wichtiger Mensch, und ich nicht; es kommt mir so ungerecht vor.«
    »Du bist mir wichtiger«, erklärte Sebastian.
    »Wo hast du all die Sachen her, die du eingesetzt hast? Diesen Zeitbeschleuniger und diese LSD-Rauchbombe; ich habe gehört, wie sie darüber gesprochen haben; sie waren völlig überrumpelt. Du hast doch sonst kein LSD und …«
    »Ich habe alles von den Uditen bekommen«, unterbrach er barsch. »Sie haben mich ausgerüstet. Und dafür gesorgt, daß ich unter einem Vorwand die Abteilung B betreten konnte.«
    »Dann werden sie wütend sein«, sagte sie ahnungsvoll. »Sie haben erwartet, daß du den Anarchen herausholst, nicht wahr?«
    Er gab keine Antwort; er konzentrierte sich auf die Steuerung des Wagens und achtete darauf, ob sie verfolgt wurden.
    »Du brauchst es mir nicht zu sagen«, erklärte Lotta. »Ich weiß es auch so. Haben die Uditen nicht diese Jünger der Macht, diese Mordkommandos? Ich habe einiges über sie gelesen … gibt es sie wirklich?«
    »Es gibt sie«, bestätigte er. »In einem bestimmten Rahmen, nehme ich an.«
    »Vielleicht wird Mr. Roberts sie auf die Bibliothek ansetzen statt auf dich«, sagte sie nachdenklich. »Das hätte er von Anfang an tun sollen; es ist nicht deine Aufgabe, den Anarchen zu befreien. Du bist kein Kommando.«
    »Ich wollte es«, erklärte er.
    »Wegen mir?« Sie musterte ihn; er konnte die Intensität ihres prüfenden Blickes spüren. »Weil du mich nicht beim ersten Mal herausgeholt hast? Jetzt hast du es wieder gutgemacht, nicht wahr?«
    »Ich habe es versucht«, sagte Sebastian. Das war seine Absicht gewesen.
    »Liebst du mich?« fragte Lotta.
    »Ja.« Sehr. Mehr als je zuvor; er erkannte es jetzt, wo er neben ihr im Schwebewagen saß. Allein mit ihr.
    »Bist du … böse? Weil ich Joe Tinbane besucht habe?«
    »Wegen dem Hotel?« fragte er. »Nein.« Es war schließlich seine eigene Schuld gewesen. Und außerdem war da noch sein Abenteuer mit Ann Fisher. »Es tut mir leid, daß Joe getötet wurde«, fügte er hinzu.
    »Ich werde nie darüber hinwegkommen«, sagte Lotta. Es klang wie ein Versprechen.
    »Was haben sie mit dir in der Bibliothek gemacht?« erkundigte er sich, auf alles vorbereitet.
    »Nichts. Man wollte mich zu einem ihrer Psychiater bringen; er hätte irgend etwas mit meinem Gehirn gemacht. Und diese Frau, diese Miss oder Mrs. Fisher – sie tauchte kurz auf und sprach mit mir.«
    »Worüber?«
    »Über dich.« Mit ihrer charakteristisch leisen Stimme fuhr Lotta fort: »Sie behauptete, ihr beide wärt

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