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Die Zeit-Odyssee

Die Zeit-Odyssee

Titel: Die Zeit-Odyssee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke , Stephen Baxter
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Tempelkomplex davonmachten,
ließen sie ihn zurück. Und er hatte zu viel Angst, um
das Heiligtum zu verlassen. Seit sechs Tagen und Nächten ist
er nun hier gewesen… er hatte nichts zu essen… kein
Wasser, nur das, was er im heiligen Born der Göttin
vorfand…«
    Eumenes schnalzte ungeduldig mit den Fingern. »Gebt ihm
zu essen und zu trinken. Und bringt ihn dazu, uns zu berichten,
was hier vorgefallen ist.«
    Und so erzählte der Priester stückweise, zwischen
heißhungrigen Bissen, seine Geschichte. Sie hatte –
natürlich – mit der Diskontinuität ihren Anfang
genommen.
    Eines Nachts hatte ein grässliches Aufheulen die Priester
und andere Tempeldiener geweckt; es war dunkel – aber
die Sterne standen am falschen Platz! Der Schrei stammte von
einem Tempelastronomen, der wie jede Nacht, seitdem er ein
kleiner Junge gewesen war, die »Planeten«, die
Wandelsterne, beobachtet hatte. Doch plötzlich war sein
Planet verschwunden, und die ganze Konstellation hatte sich
über das Firmament gedreht. Und so war es der entsetzte
Aufschrei des Astronomen gewesen, der zuerst den Tempel und dann
den Rest der Stadt aufgescheucht hatte.
    »Verständlich«, murmelte Abdikadir,
»die Babylonier führten schließlich über
Jahrtausende hinweg genaue Aufzeichnungen über die Gestirne,
und selbst Philosophie und Religion basierten auf den
großen Himmelszyklen. Es ist ein sonderbarer Gedanke, dass
ein weniger hoch entwickeltes Volk wahrscheinlich weniger Angst
verspürt hätte…«
    Doch dieser erste astronomische Schock, von dem im Grunde
genommen nur eine religiöse Elite heimgesucht worden war,
bedeutete erst einen Vorboten dessen, was noch kommen sollte.
Denn am Ende dieser Nacht verspätete sich das Aufgehen der
Sonne um mehr als sechs Stunden. Und als sie sich endlich vom
Horizont hob, strich ein heißer Wind über die Stadt,
und dazu fiel Regen – warmer, salziger Regen, wie ihn noch
nie jemand erlebt hatte.
    Die Einwohner der Stadt, zumeist noch in den
Nachtgewändern, flüchteten sich in den religiösen
Distrikt. Manche rannten in die Tempel und verlangten einen
Beweis, dass die Götter sie an diesem, dem
beängstigendsten Sonnenaufgang in Babylons Geschichte, nicht
verlassen hatten. Andere erklommen den Zikkurat, um von dort aus
zu sehen, welch andere Veränderungen die Nacht noch gebracht
hatte. Der König befand sich auf Reisen – es war
Bisesa nicht klar, ob der Priester Nebukadnezar selbst oder einen
seiner Nachfolger meinte –, und es gab niemanden, der die
Autorität gehabt hätte, Ordnung zu schaffen.
    Und dann kamen die ersten bestürzenden Berichte von der
Zerstörung der westlichen Stadtteile. Dort hatte ein
Großteil der Bevölkerung gelebt, und das Entsetzen bei
den Priestern, Ministern, Höflingen und anderen
Würdenträgern, die sich auf der Ostseite befanden, war
groß.
    Die letzten Reste von Ordnung lösten sich auf, und ein
Mob erstürmte den Tempel des Marduk; wer sich Einlass
erzwingen konnte, drängte sich ins Innerste des Heiligtums,
und als die Menschen sahen, was aus Marduk selbst, dem König
der uralten babylonischen Götter, geworden war…
    Der Priester war unfähig, den Satz zu Ende zu
bringen.
    Nach diesem letzten Schock machte ein Gerücht die Runde,
dass die östliche Hälfte der Stadt demnächst
ebenso zu Staub zerfallen werde wie die westliche. Die Menschen
rissen die Tore auf und rannten schreiend aus der Stadt und
hinaus ins Umland. Selbst die Minister des Königs sowie alle
Armeekommandanten und Priester waren davongestürmt und
hatten nur diesen armen Tropf, verkrochen in seinem
geschändeten Heiligtum, zurückgelassen.
    Mit vollgestopftem Mund beschrieb der Mann die Nächte
danach, als er die Geräusche von Plünderern vernommen
hatte, von prasselndem Feuer, trunkenem Gelächter und
Geschrei. Doch jedes Mal, wenn er wagte, bei Tage seinen Kopf aus
dem Tempeltor zu stecken, war niemand zu sehen.
    Es war klar, dass die Bevölkerung zum größten
Teil in dem ausgedörrten Land jenseits der kultivierten
Reste der Umgebung verschwunden war, um dort zu verhungern und zu
verdursten.
    Eumenes trug seinen Männern auf, den Priester zu
säubern und vor den König zu bringen. »Dieser
Priester sagt«, erklärte er sodann, »der alte
Name der Stadt wäre ›das Tor der Götter‹.
Wie passend, denn nun hat sich dieses Tor geöffnet…
Kommt.« Und er setzte sich in Bewegung.
    Die anderen eilten ihm nach. »Und wohin

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