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Die Zeit-Odyssee

Die Zeit-Odyssee

Titel: Die Zeit-Odyssee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke , Stephen Baxter
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Mutter lebt noch. Lebte noch. Ich wünschte, ich könnte ihr sagen, dass ich
gesund bin.«
    »Vielleicht weiß sie es trotzdem,
irgendwie.«
    »Bisesa, ich weiß, mit wem Sie zusammen
wären, wenn…«
    »Mit meiner kleinen Tochter«, unterbrach sie
ihn.
    »Sie haben mir noch nie von ihrem Vater
erzählt.«
    Bisesa zog die Schultern hoch. »Ein gutaussehender
Herumtreiber aus meinem Regiment – stellen Sie sich Casey
vor, aber ohne seinen Charme und ohne seinen Sinn für
Sauberkeit. Wir hatten was miteinander, und ich habe nicht
aufgepasst. Stinkbesoffen, und dagegen gibt es keine Vorbeugung.
Als Myra geboren wurde, war Mike… durcheinander. Er war
kein schlechter Kerl, aber zu dem Zeitpunkt war mir das schon
egal; ich wollte sie, nicht ihn. Und dann hat es ihn ohnehin
erwischt.« Sie spürte das Prickeln in den Augen und
presste die Handballen gegen die Lider. »Ich war oft
monatelang von zu Hause weg, wusste, dass ich nicht genug Zeit
mit Myra verbrachte. Immer nahm ich mir ganz fest vor,
demnächst alles besser zu machen, aber ich konnte mein Leben
nie in den Griff bekommen. Und jetzt stecke ich hier fest und
muss mich mit einem gottverdammten Dschingis Khan herumschlagen,
wenn ich doch nichts anderes will als nach Hause!«
    Josh umschloss ihr Gesicht mit den Händen. »Keiner
von uns beiden will all das hier«, sagte er. »Aber
wenigstens haben wir einander. Und wenn ich morgen sterbe –
Bisesa, glauben Sie, dass wir zurückkommen? Dass wir
wiederum unter den Lebenden sind, wenn die Zeit das nächste
Mal zerhackt wird?«
    »Nein. O ja, es könnte vielleicht eine zweite
Bisesa Dutt geben, aber das werde nicht ich sein.«
    »Dann ist dieser Moment alles, was wir haben«,
flüsterte er.
    Danach schien es unvermeidlich. Ihre Lippen trafen
aufeinander, die Zähne berührten sich, und Bisesa zog
ihn unter die Decke, während sie an seinen Kleidern zerrte.
Er war sanft und zurückhaltend – und ein wenig
ungeschickt, fast völlig unerfahren –, aber er kam mit
einem verzweifelten, leidenschaftlichen Verlangen zu ihr, das
seinen Widerhall in ihr fand.
    Und sie überließ sich der zeitlosen feuchten
Wärme des Augenblicks.
    Aber als es vorbei war, dachte sie an Myra und betastete ihr
Schuldgefühl wie einen schlimmen Zahn. Sie fand nur Leere in
ihrem Innern, einen Raum, den Myra einst eingenommen hatte und
aus dem sie nun für immer verschwunden war.
    Und ständig war sie sich der Gegenwart des Auges bewusst,
das unheilvoll über ihnen schwebte, und der Spiegelbilder
von Josh und ihr, die wie Insekten an der glänzenden Haut
des Auges zu kleben schienen.
     
    Am Ende des Tages, nachdem er seine Opferrituale vor der
Schlacht beendet hatte, gab Alexander den Befehl, die Armee zu
sammeln. Und so traten zehntausende seiner Soldaten in ihren
Schwadronen vor den Mauern Babylons an; ihre Tuniken leuchteten,
die Schilde glänzten, die Pferde wieherten und stiegen hoch.
Und auch Grove ließ die wenigen hundert in Khaki oder Rot
uniformierten Briten mit präsentierten Gewehren in
Defilierordnung aufmarschieren.
    Alexander bestieg sein Pferd und ritt vor seine Armee, um eine
flammende Rede zu halten; seine kraftvolle, klare Stimme hallte
von den Mauern Babylons wider. Wenn sie ihn so ansah, hätte
Bisesa nie vermutet, welch furchtbare Wunden seinen Körper
quälten; sie konnte seinen Worten nicht folgen, aber es gab
keinen Zweifel, was die Reaktion darauf betraf: Zehntausende
Schwerter ratterten gegen die Schilde, und es ertönte der
Schlachtruf der Mazedonier: »Alalalalai! Al-e-han-dreh!
Al-e-han-dreh…!«
    Dann ritt Alexander hinüber zu der kleinen Abteilung
Briten. Während er sein Pferd mit der Hand in der Mähne
zum Stillhalten brachte, sprach er erneut – doch diesmal
auf Englisch, mit starkem Akzent zwar, aber seine Worte waren
durchaus zu verstehen. Er sprach von Ahmed Chel und Maiwand,
Schlachten des zweiten afghanischen Krieges des britischen
Empires, die in der Kasernenhofmythologie – und sogar in
der Erinnerung – dieser Soldaten einen hohen Stellenwert
hatten. Alexander sagte: »Und nie, von heute bis zum
Schluss der Welt, dass man nicht uns dabei erwähnen
sollte – uns wen’ge, uns beglücktes
Häuflein Brüder: Denn welcher heut sein Blut mit mir
vergießt, der wird mein Bruder…«
    Europäer wie Sepoys brachen in Hochrufe aus, nicht
anders als die Mazedonier. Und Casey Othic brüllte:
»Klar, Mann! Genau! Verstanden!«
    Als die

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