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Die Zeit-Odyssee

Die Zeit-Odyssee

Titel: Die Zeit-Odyssee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke , Stephen Baxter
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durchzuziehen.«
    »Und aus diesem Grund«, sagte Bisesa
sanftmütig, »müssen Sie eine indische Elite
heranbilden! Das hier ist nicht Amerika oder Australien! Keine
Chance, dass britische Kolonisten oder ihre Nachfahren die Inder
je zahlenmäßig übertreffen!«
    Ruddy schüttelte den Kopf. »Sie beziehen sich auf
unsere immer größer werdenden Gesellschaft von Babus – was keine Beleidigung Ihrer Person sein
soll! Eine solche Einstellung mag in London hingehen, aber nicht
hier. Sie müssen doch schon von Lucknow gehört haben,
wo die Weißen summarisch abgeschlachtet wurden! Das ist das Pulverfass, auf dem wir sitzen! Mag sein, dass wir ihnen
die besten Waffen vorenthalten, aber wenn man einem Babu den Kopf voll stopft mit Visionen von Freiheit und
Selbstbestimmung, dann händigt man ihm die
gefährlichste Waffe von allen aus – eine Waffe,
für deren Benutzung er noch nicht reif genug ist!«
    Solch eine beiläufige Überheblichkeit ging Bisesa
durch Mark und Bein. Aber sie war sich bewusst, dass sie in Ruddy
einen typischen Vertreter seiner Klasse vor sich hatte –
wenngleich einen eloquenteren als die meisten anderen. Und es
bedeutete ihr eine wahre Genugtuung zu wissen, dass er sich, was
die Zukunft betraf, gehörig täuschte – selbst in
dem, was sich noch im Laufe seines eigenen Lebens ereignen
sollte. Das von London so lange gefürchtete
Aufeinanderprallen von Kosaken und Sowars in Zentralasien
würde nie erfolgen. Ganz im Gegenteil, Russland und England
sollten angesichts eines neuen beiderseitigen Feindes in der
Person des deutschen Kaisers zu Verbündeten werden. Das
britische Weltreich war zwar immer schon auf Erwerb und Profit
aus gewesen, aber das Vermächtnis der Briten in dieser
Region war kein allzu übles.
    Immerhin hinterließen sie in Indien ein funktionierendes
Staatswesen, und bis herauf in Bisesas Zeit blieb Indien nach
Europa die zweitgrößte Demokratie der Welt. Doch die
gut gemeinte Teilung des Reiches in Indien und Pakistan
verursachte von Anfang an Spannungen – Spannungen, die mit
der entsetzlichen Zerstörung Lahores endeten.
    Aber das war die alte, die frühere Geschichte, mahnte
Bisesa sich. Und bereits nach den wenigen Tagen, die sie hier
war, glaubte sie, im Verhalten der Sepoys eine kleine
Veränderung festgestellt zu haben. Sie waren nicht mehr ganz
so respektvoll den Weißen gegenüber, so als
wüssten sie jetzt etwas über die Zukunft – etwa,
dass Babus wie Gandhi, oder wie Bisesa selbst, früher
oder später gewinnen würden. Und selbst wenn sich die
Zeit irgendwann einmal so zusammenflicken sollte, wie sie zuvor
gewesen war, konnte Bisesa nicht glauben, dass dieses
Stückchen Geschichte – »verunreinigt«
durch ihre eigene Anwesenheit – jemals wieder genauso sein
könnte wie vorher.
    Bald befand sich der Erkundungstrupp zwischen steilen
Hügeln, und als der Nordwind sich durch enge Täler und
Schluchten hindurchpresste, wurde das Vorwärtskommen noch
mühsamer. Und das waren erst die Vorberge!
    Schließlich ließen sie ein letztes
geröllbedecktes Tal hinter sich, und als sie halbwegs
flaches Land betraten, hatten sie zum ersten Mal freie Sicht auf
das Hochgebirge. Die Gipfel waren schneebedeckt, und
grauweiße Gletscher wälzten sich an den Hängen
herab bis ins Tal. Selbst von hier, aus einer Entfernung von
einigen Kilometern, konnte Bisesa das Stöhnen und
Ächzen der Eisflüsse hören, die sich durch die
ausgehöhlten Flanken der Berge herabzwängten.
    Alle blieben stehen wie angewurzelt, hingerissen von dem
Anblick.
    »Lieber Himmel«, rief Ruddy, »die Sepoys sagen, vorher war das alles ganz anders!«
    Bisesa kramte ihr Nachtsichtgerät hervor, wählte die
Binokular-Einstellung und suchte den Fuß des Gebirges ab.
Dann bemerkte sie, dass sich hinter den Gipfeln das Eis der
Gletscher fortsetzte: Was sie hier sahen, war der
äußerste Rand einer durchgehenden Eisdecke! »Ich
glaube«, sagte sie, »das dort ist ein Stück
Eiszeit.«
    Heftig zitternd schlang sich Ruddy die Arme um die Brust. »Eiszeit … Ja…, den Ausdruck habe ich
schon gehört. Ein Professor Agassiz, meine ich…
umstrittene Theorie… Nun wohl nicht mehr umstritten,
wie?«
    »Wieder eine Zeitversetzung?«, fragte Josh.
    »Seht dort hin!« Bisesa zeigte auf den Fuß
des Gebirges, wo die Gletscher abrupt in einer Klippe aus Eis
endeten. Doch die Eismasse wälzte sich weiterhin langsam und
unerbittlich von den Bergen, und

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