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Die Zeit-Odyssee

Die Zeit-Odyssee

Titel: Die Zeit-Odyssee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke , Stephen Baxter
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Vorsichtsmaßnahmen gegen einen möglichen
Paschtunenüberfall, ungeachtet des Umstandes, dass an diesem
Tag noch kein einziger Paschtune gesichtet worden war. Nach dem
langen Fußmarsch bedeutete das Schwerarbeit, doch eine
Stunde später war alles erledigt. Bisesa meldete sich
freiwillig als Wachposten, was Batson höflich, aber
entschieden ablehnte.
    Sie ließen sich zum Essen nieder. Es gab nur gekochtes
Fleisch und Reis, aber nach dem langen, harten Tag schmeckte es
allen ausgezeichnet.
    Josh legte Wert darauf, stets in Bisesas Nähe zu sein.
Sie fügte ihrem Essen kleine Tabletten hinzu und tat
»Puritabs« in ihr Wasser, was sie, wie sie
erklärte, vor Infektionen schützen sollte, die
über Nahrungsmittel und Wasser übertragen werden.
Dieser Vorrat an Wundermitteln des einundzwanzigsten Jahrhunderts
würde nicht ewig reichen, aber lange genug, um ihrem
Körper die Möglichkeit zu geben, sich den neuen
Verhältnissen anzupassen. Hoffte sie.
    Zugedeckt mit ihrem leichten Poncho rollte sie sich in ihrer
Schlafmulde ein, den Gurt mit allem Zubehör als Kissen unter
den Kopf geschoben. Dann holte sie ein kleines hellblaues
Kästchen hervor, das sie »Telefon« nannte, und
legte es vor sich auf den Boden. Irgendwie überraschte es
Josh nicht übermäßig, als das kleine Ding zu ihr sprach: »Musik, Bisesa?«
    »Etwas Entspannendes.«
    Eine Melodie drang aus dem kleinen Apparat, laut und
klangvoll. Die Rekruten starrten erschrocken herüber, und
Batson schnauzte Bisesa an: »Um Himmels willen, stellen Sie
das ein!«
    Bisesa gehorchte, ließ die Musik aber leise
weiterspielen.
    Ruddy hatte theatralisch die Hände auf die Ohren
gepresst. »Du lieber Himmel! Welch ein unzivilisiertes
Getön!«
    Bisesa lachte. »Na hören Sie, Ruddy! Das ist eine
orchestrale Überarbeitung verschiedener klassischer
Gangsta-Rap-Hymnen. Jahrzehntealt!
Großmuttermusik!«
    Ruddy räusperte sich missbilligend wie ein
Fünfzigjähriger. »Ich fühle mich außer
Stande zu glauben, dass Europäer sich je von derartigen
Rhythmen betören ließen!« Demonstrativ packte er
seine Decke zusammen und verzog sich ans andere Ende des
Lagers.
    Josh war allein mit Bisesa. »Sie wissen
selbstverständlich, dass er Sie mag.«
    »Ruddy?«
    »Es geschieht nicht zum ersten Mal – er fühlt
sich hingezogen zu starken Frauen, die älter sind als er.
Das entspricht seinem Charakter. Vielleicht erwählt er Sie
zu einer seiner Musen, wie er es nennt. Und vielleicht wird eine
so erstaunliche Erfahrung wie diese in einem so phantasievollen
Mann – auch wenn seine Geschicke jetzt bereits im Fluss
sind – ganz neues kreatives Potenzial wecken.«
    »Ich glaube, er hat einiges an futuristischer Literatur
geschaffen – in seinem historischen Leben.«
    »Mag sein, dass dann mehr gewonnen als verloren
ist…«
    Sie spielte mit ihrem Telefon herum, lauschte ihrer
sonderbaren Musik und hatte einen Ausdruck im Gesicht, den Josh
als eine Art umgekehrte Nostalgie interpretierte – eine
wehmütige Erinnerung an die Zukunft. »Liebt Ihre
Tochter diese Musik?«, machte er einen Vorstoß.
    »Als sie klein war, hörte sie sie gern«,
antwortete Bisesa. »Wir tanzten zusammen dazu. Aber jetzt
ist sie schon zu groß dafür, denke ich, sie ist
inzwischen acht… Sie mag die neuen Synth-Stars,
gänzlich computergenerierte… äh, von Maschinen
geschaffene Interpreten. Kleine Mädchen mögen es, wenn
ihre Idole unantastbar sind, wissen Sie, und was ist
unantastbarer als eine Simulation?«
    Josh verstand nur wenig von dem, was sie sagte, aber er war
fasziniert von diesem neuen kurzen Einblick in eine Kultur, die
er kaum ahnte. Behutsam sagte er: »Es muss doch noch
jemanden geben, den Sie vermissen – drüben, auf der
anderen Seite.«
    Sie sah ihm unvermittelt ins Gesicht, die Augen im Halbdunkel,
und zu seinem großen Verdruss musste er erkennen, dass sie
durchschaute, wonach er fahndete. »Ich bin schon eine Weile
allein, Josh. Myras Vater ist tot, und danach kam keiner
mehr.« Sie stützte das Kinn auf den Arm. »Wissen
Sie, abgesehen von Myra sind es nicht Menschen, die mir fehlen,
sondern die ganzen Strukturen der Welt, die mich umgab. Dieses
kleine Telefon etwa sollte mich mit ebenjener ganzen Welt
verbinden können, mit fast jedem Menschen auf dem Planeten.
Und an jedem Plätzchen der Erde gab es Leben –
Werbung, Nachrichten, Musik, Farbe, vierundzwanzig Stunden am
Tag. Ein ununterbrochener Fluss von

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