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Die Zeit-Odyssee

Die Zeit-Odyssee

Titel: Die Zeit-Odyssee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke , Stephen Baxter
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Bisesa konnte erkennen, wie die
Klippe unter dem Druck auseinander brach und der Gletscher kalbte
– riesige Brocken, groß wie Eisberge. Die Spalten
dahinter erschienen in einem stechend hellen Blau. Am Fuß
der Klippe sah man das Eis bereits schmelzen, und breite
träge Rinnsale sickerten herab in tiefer liegendes
Gelände. »Ich halte das für eine weitere
Schnittstelle. Wie die Stufe unten in der Ebene. Die hier
könnte einen Sprung von zehntausend bis zwei Millionen
Jahren darstellen.«
    »Ja«, flüsterte Josh, und sein Atem bildete
weiße Dampfwölkchen in der Luft, »ich verstehe!
Eine neuerliche Grenzlinie zwischen zwei Welten, wie,
Ruddy?«
    Doch der arme kurzsichtige Kipling konnte durch seine
beschlagene Brille kaum etwas erkennen.
    »Wir sollten kehrtmachen«, sagte Batson mit
klappernden Zähnen. »Wir haben gesehen, was wir sehen
wollten, und können nicht weiter vorstoßen.«
Seine Männer pflichteten ihm bei.
    Bisesas Funkgerät piepste. Sie holte die Kopfhörer
aus der Tasche und setzte sie auf. Es war eine
Kurzwellenbotschaft von Casey. Einer von Groves Expeditionstrupps
hatte im Tal des Indus etwas entdeckt, das wie eine Armee aussah
– eine gewaltige Armee. Und Casey hatte über seine
Empfangsstation ein Signal empfangen, meldete er. Ein Signal aus
dem Weltraum. Bisesas Herz schlug schneller.
    Höchste Zeit umzukehren.
    Bevor sie sich endgültig abwandte, ließ Bisesa
mithilfe des Fernglases den Blick ein letztes Mal an dieser
berstenden Eiswand am Fuß der Berge entlanggleiten. Kein
Wunder, dass das Wetter verrückt spielt, dachte sie, einen
solchen Riesenklumpen Eis sollte es hier gar nicht geben! Die
kalten Winde, die darüberstrichen, mussten das Klima der
gesamten Region durcheinander bringen, und wenn es schmolz,
würden die angeschwollenen Flüsse das Land
überfluten. Das galt natürlich nur für den Fall,
dass die Dinge stabil blieben und nicht noch weitere
Zeitbrüche bevorstanden…
    Dort, am Rand des Eises, hatte sich gerade etwas bewegt.
Bisesa schwenkte das Fernglas zurück und verstärkte die
Vergrößerung. Zwei, drei, vier Gestalten wanderten
durch den eisblauen Schatten der Gletscher. Sie gingen aufrecht
und trugen etwas Dunkles, Schweres auf dem Leib – Felle
vielleicht. In den Händen hielten sie Stöcke oder
Speere. Es waren plumpe, massige Gestalten mit breiten Schultern
und gewaltigen Muskeln. Sie sehen aus wie amerikanische
Footballstars, dachte Bisesa; Casey, da frisst dich der
Neid… Über den Gestalten schwebten, in einiger
Entfernung zueinander, winzige Lichtpunkte – eine Reihe
»Augen«.
    Eine der Gestalten blieb stehen und drehte sich in Bisesas
Richtung. Hatte das ein Lichtreflex auf den Linsen ihres
Fernglases bewirkt? Sie drückte auf die Taste, bis die
Vergrößerung am Limit war. Das Bild verschwamm zwar
und wurde unruhig, aber Bisesa konnte ein Gesicht ausmachen. Es
war breit und fast kinnlos, hatte jedoch kräftige
Backenknochen; die fliehende Stirn ging von dicken Wülsten
über den Brauen in eine Masse schwarzen Haares über.
Aus der großen, vorspringenden Nase kamen wie aus einer
verborgenen Maschine regelmäßig und stoßweise
helle Dampfwolken. Kein Mensch – noch kein Mensch
– und dennoch, eine atavistische Seite in Bisesa
verspürte zutiefst erschüttert den Schock eines
gewissen Wiedererkennens. Und dann zerfloss das Bild in
weiße und bläuliche Farbfetzen.

 
{ 13 }
LICHTER AM HIMMEL
     
     
    Die Dinge wurden nicht leichter. Die Tage, an denen der Himmel
nicht voll dräuender Wolken hing, waren jetzt
äußerst selten. Jamrud wurde von Wolkenbrüchen
heimgesucht, die von nirgendwo kamen und über das Fort
hinwegbrausten. Gelegentlich fiel Hagel. Die Sepoys sagten, ein solches Wetter hätten sie noch nie zuvor
erlebt.
    Den britischen Offizieren jedoch ging mehr durch den Kopf als
nur das Wetter. Mit wachsender Beunruhigung hörten sie die
dürftigen Berichte ihrer Kundschafter, die von irgendeiner
Art Heerzug im Südwesten sprachen, und nutzten hektisch alle
ihre Möglichkeiten, um zu vollständigeren Informationen
zu kommen.
    Die drei in Jamrud Gestrandeten hingegen erfuhren – all
ihren sonstigen Sorgen zum Trotz – sehr rasch sehr viel
über ihre neue Welt, denn während die Besatzung der
Sojus ihre einsamen Kreise um den Planeten zog, transferierte sie
Bilder und andere Daten in Caseys improvisierte Empfangsstation;
Casey benutzte, was von der Elektronik des Vogels

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