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Die Zeugin: Thriller (German Edition)

Die Zeugin: Thriller (German Edition)

Titel: Die Zeugin: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meg Gardiner
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Nationalforst.«
    Er lachte, aber es klang nicht lustig. »Das ist der Horizont. Eine Grenze. Du musst immer daran denken, was auf der anderen Seite liegt.«
    Sie nickte. Doch sie hatte keine Ahnung, wovon er redete.
    »Dein Dad sagt, das wird mal dein Auto sein. Damit meint er, es ist hier, und wenn du bleibst, kriegst du es. So was nennt man Bestechung.«
    Sie zuckte die Achseln. Sie kapierte kein Wort.
    »Ein Köder«, setzte Lee hinzu. »Du kriechst in die Falle, um ihn zu kriegen, und dann knallt die Falle hinter dir zu. Bumm.«
    Sie umklammerte das Lenkrad und wartete darauf, dass er etwas sagte, das sie verstand, das sie … nicht verlegen machte.
    »Dort draußen wartet die Welt. Das einzig Wahre. Die Show. Ramson River, das ist nur eine Tretmühle, weißt du.«
    Erneut nickte sie, obwohl sie nichts begriff.
    Lee lachte. »Lektion Nummer eins, Aurora. Was dir die Leute geben, wird zu Schulden. Was du dir nimmst, gehört dir. Du musst es nur verlangen.« Er blickte in den Rückspiegel.
    Er war zu hoch oben für Rory, also drehte sie sich um und schaute durch das hintere Fenster. Hinter ihnen war Will Mackenzie zum Ende der Kieseinfahrt gegangen. Mit den Händen in den Hüften stand er auf der Straße und musterte den Elco.
    »Da ist Dad.« Was sie meinte, war: Er wird mich schimpfen.
    Hinter Dad spazierte ihre Cousine Riss aus dem Schuppen. Sie starrte den Wagen an. Der Stoffbär in ihrer Hand fiel in den Staub.
    »Festhalten, jetzt«, mahnte Lee. »Nicht zur Seite lenken.«
    Rory packte das Lenkrad. Er legte den Gang ein und stieg mit dem Fuß aufs Gaspedal.
    Diesmal keuchte Rory tatsächlich. Das Auto beschleunigte wie eine Rakete, und sie steuerte es über die heranschießende Straße.
    »Da draußen ist alles möglich, Prinzessin«, rief Lee. »Ein Zirkus. Lichter, wilde Tiere, Balancieren auf dem Hochseil ohne Netz. Lass nicht zu, dass die Käfigtür hinter dir zufällt. Geh raus und werd zum Star in der Show.«
    Nickend umklammerte sie das Steuer und spürte, wie der Wagen schneller wurde. Lee lachte. Der Wind blies durchs Auto, und das Haar wehte ihr wild ums Gesicht.

16
    Eine Stunde, stellte sich Rory vor. Nur ein wenig Dampf ablassen. Sie schaute auf die Uhr. Viertel vor acht. Um halb zehn musste sie im Gericht sein.
    Sie zog sich für einen Kaltwetterlauf an. Mit den Handschuhen zwischen den Zähnen band sie sich das Haar zu einem Pferdeschwanz und trat hinaus in einen frischen Morgen, der nach Gardenien und Jasmin duftete. Die Pflaumenbäume in der Nähe der Terrasse raschelten im Wind. Ein Schauer lief ihr über den Rücken. Wie ausgestorben lag die Straße da.
    Sie zögerte, aber nur einen Moment. Sie durfte sich nicht von der Angst ins Bockshorn jagen lassen. Mach es.
    Schließlich stieß sie einen Pfiff aus. »Chiba, komm.«
    Er stürzte heraus und tanzte in Kreisen um sie herum. Mit dem Hund an ihrer Seite trabte sie los.
    Laufen heilte fast alles. Es linderte den Schmerz, es beschwingte, es diente als Buße und Bestätigung. Es machte einsamer Wolf zu einem Kompliment. Laufen war objektiv – die Stoppuhr log nicht. Bei Rennen ging es darum, wie schnell und ausdauernd die Teilnehmer laufen konnten, nicht um die Entscheidung eines Trainers, seine Lieblinge in der Startformation zu platzieren. Laufen war rein.
    Das Einzige, was sie damit noch nicht geschafft hatte, war, diese Stadt für immer hinter sich zu lassen.
    Schwer dampfte ihr Atem in der Luft. Wie immer seit dem Unfall schmerzte bei kaltem Wetter ihr rechtes Bein, und ihre Hüfte fühlte sich steif an. Langsam joggte sie aus dem Viertel hinaus und unterdrückte das Bedürfnis zu hinken. Dann nach einem Kilometer wurde sie allmählich warm und beschleunigte ihren Schritt. Chiba hüpfte neben ihr her. Nachdem sie an den Obstgärten vorbei war, nahm sie den Flussweg.
    Der Ransom River strömte aus dem Nationalforst in den Bergen nördlich der Stadt. Der Weg war eine erhöhte Schotterstraße längs des Ufers. Unterhalb von Rory ließen die Weiden ihre schlanken Äste ins Wasser hängen.
    In trockenen Monaten rieselte der Fluss auf dem Talboden dahin. Doch im Herbst hatte es viel geregnet, und jetzt rauschte das Wasser laut über Felsen und Algen. Nach Wolkenbrüchen schwoll der Fluss zu einer reißenden Schlammbrühe an. Um ihn zu zähmen, hatte die Stadt das Bett auf einer Strecke von fünf Kilometern betoniert und abgezäunt. An einer Stelle verlief er sogar in einem unterirdischen Kanal durch ein Wohngebiet. In der Ferne zeichneten

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